Delitzscher „Müllopoly“.

Wie das Geld der Bürger verspielt wird.

Die Einweihung einer weiteren Produktionsanlage für Ersatzbrennstoffe der Kreiswerke Delitzsch GmbH auf dem Gelände von Schwenk-Zement in Bernburg (siehe LVZ.Lokales Delitzsch-Eilenburg vom 13.06.2008 "Kreiswerke starten Anlage in Bernburg") war natürlich ein erneuter Wahlkampfzauber in Verbindung mit Schönfärberei und Marketingbluffs. Damit erwies sich auch diese Einweihung als ein untaugliches Mittel, um von Liquiditätsproblemen der Kreiswerke abzulenken.
Die Verlagerung der vermeintlichen Produktion von Ersatzbrennstoffen (EBS) von Sachsen nach Sachsen-Anhalt dient vor allem dem Zweck, die hervorgerufenen Abfallströme weniger problematisch lenken zu können, weil bislang in Sachsen-Anhalt praktisch kaum Widerstand gegen „Mülltourismus“ zu verzeichnen ist.

Was ist dabei so verwerflich? Für die Abnahme der in der MBA Cröbern jährlich anfallenden 120.000 Tonnen heizwertreiche Fraktion (HWRF) erhalten die Kreiswerke den horrenden Preis von 84,40 Euro pro Tonne. Dabei könnte sich der MBA-Betreiber für weitaus weniger Geld dieses Materials entledigen. Hinzu kommt, dass die extra für die Abnahme durch die Kreiswerke erforderliche Folieneinpackung mit zusätzlichen Kosten in Höhe von 12,00 Euro/t dann entfallen kann.
Die Müllgebührenzahler im Einzugsbereich der vertraglich mit Cröbern gebundenen Landkreise schultern die durch Missmanagement entstandene Last.
Der Abnahmevertrag bezüglich HWRF zwischen ZAW und Landkreis Delitzsch bzw. den Beauftragten Dritten, WEV Cröbern und Kreiswerke Delitzsch, ist trotz seines ca. 216 Mio. Euro schweren Auftragswertes (gerechnet über die 20-jährige Vertragslaufzeit) nicht öffentlich ausgeschrieben worden. Das ist nicht gesetzeskonform! Das ist der eigentliche Skandal. Der Abnahmepreis ist im Jahre 2006 wegen angeblicher Qualitätsmängel der in der MBA Cröbern anfallenden HWRF von den vertraglich vereinbarten 65,00 Euro/t auf 90,00 Euro/t (also um 40 %) nachverhandelt worden. Die Kreiswerke Delitzsch könnten aus diesen vorbehandelten organikreichen Abfällen nur mit einem entsprechenden und nicht bezifferbaren Mehraufwand qualitätsgesicherte EBS in ihren Anlagen produzieren, so die Begründung.

Eindeutig führt der in der Aufsichtsratssitzung der Kreiswerke am 1. April 2008 den Mitgliedern vorgelegte Liquiditätsplan vor Augen, dass sich mit 90,00 Euro für jede abgenommene Tonne HWRF immer noch nicht die gewünschten betriebswirtschaftlichen Effekte zeigen werden. Schlimmer noch: Die ab 1. Oktober 2007 real an die Kreiswerke gezahlten 84,40 Euro/t lassen auch bei mutigster Betrachtung der uns vorliegenden Unterlagen in absehbaren Zeiträumen keine finanzielle Atempause erkennen. Der im Liquiditätsplan erwähnte Vorschlag der KWD-Geschäftsführung an MVV TREA Leuna nur lediglich ca. 50 % der tatsächlich anfallenden Entsorgungskosten für gelieferte HWRF im Jahre 2008 und den „verbleibenden Betrag dann schrittweise im folgenden Geschäftsjahr“ nachzahlen zu wollen, kann bestenfalls als momentane Entlastung für die Kreiswerke, nicht aber als Lösung des Problems angesehen werden.
Hinzu kommt, dass die Kreiswerke seit 1. August 2006 ungefähr 160.000 Tonnen dieser Cröberner HWRF in Zwischenlager verbrachten (Senftenberg, Deponie Spröda, Freiheit III bei Bitterfeld), obwohl sie diese zwingend hätten verwerten müssen. Die Qualität ist notgedrungen durch den langen Lagerungszeitraum schlechter geworden. – Die bei der Lagerung nicht zu stoppenden biochemischen Prozesse verringern natürlich fortschreitend u.a. die energetische Dichte der HWRF. Qualitätsgesicherte Ersatzbrennstoffe dürften sich nach allen Regeln der Kunst daraus nicht mehr produzieren lassen.

Obwohl zwingende Festlegungen diesbezüglicher Genehmigungsbescheide z.T. durch die Kreiswerke ignoriert werden, erzielen sie mit der bislang praktizierten Ablagerung dieser HWRF Effekte, für die der Bürger zahlen muss.
Frau Dr. Palmer vom RP Leipzig bestätigte uns schriftlich, dass sich die Kreiswerke mit der derzeitig durchgeführten Ablagerungspraxis und der nicht sattfindenden kostenintensiven Verwertung der HWRF einen Liquiditätsüberschuss in Millionenhöhe verschaffen. Nun darf der Betrachter gespannt sein, wie die Kreiswerke finanziell die Auslagerung und "Verwertung" der teilweise über Jahre hinweg abgelagerten HWRF stemmen werden. 9 bis 10 Millionen Euro dürfte nach überschlägiger Berechnung dieses Prozedere in Anspruch nehmen.
Hinzu kommen die jährlich weiterhin anfallenden und abzunehmenden 120.000 Tonnen HWRF aus der MBA Cröbern. Der Verwertungsgrad der HWRF zu qualitätsgesicherten Ersatzbrennstoffen zum Einsatz in der Zementindustrie dürfte bei maximal 30 % liegen. D.h. 84.000 Tonnen sogenannte Reststoffe müssten jährlich von den Kreiswerken aus ihren vermeintlichen EBS-Produktionsanlagen in Müllverbrennungsanlagen verbracht werden. Nur ca. 36.000 Tonnen würden zu vorgenannten Ersatzbrennstoffen. Zu allem Überfluss müssen die Kreiswerke noch für ihr fertiges Produkt, den Ersatzbrennstoff "Carbolight ®", 30 bis 34 Euro/t an den Abnehmer zahlen. Würden die Kreiswerke dieses sichtlich defizitäre Geschäftsfeld ordnungsgemäß, d.h. wie sie es in der Öffentlichkeit verkünden, betreiben, würden sie in dieser Form heute nicht mehr existieren. Die Geschichte der KWD-Ersatzbrennstoffproduktion von Anbeginn bis zum heutigen Tag lässt objektiv keine andere Betrachtung zu, als dass sie sich dieses Geschäftsfeldes nur deshalb bedienen, weil dadurch das Fließen großer Abfallströme erst ermöglicht wird und sogleich intransparent gestaltet werden kann.

Vor dem Inkrafttreten der TASi am 1.6.2005 füllten die Reststoffe der vermeintlichen EBS-Produktion der Kreiswerke die Billigdeponien in Lochau, Holzweißig und vor allem Spröda. 80 bis 90 % des jährlich hinzugekommenen Deponievolumens der Deponie Spröda ist seit Inbetriebnahme der EBS-Produktion nicht mehr der Hausmüllentsorgung des Landkreises zuordenbar, sondern diesen primär als Umladestationen fungierenden Ersatzbrennstoff-produktionsanlagen geschuldet.
Seitdem Abfälle ohne Vorbehandlung nicht mehr auf Deponien verbracht werden dürfen und Deponien wie die Deponie Spröda saniert bzw. rekultiviert werden müssen, konnte dieses die Kreiswerke am Leben haltende Hauptgeschäftsfeld durch Zwischenlagerungen der HWRF fortgeführt werden. Die Übergangsphase bis zum Schaffen ausreichender Verbrennungskapazitäten in Bernburg, Bitterfeld und anderen Standorten soll auf diese Weise überbrückt werden. Schließlich ist das Wohl und Wehe der Kreiswerke in direkter Weise mit dem des Landrates Czupalla verknüpft.


Das uns vorliegende Aktenmaterial führte zu dieser Kurzdarstellung und lässt keine Zweifel an deren Glaubwürdigkeit. Weiterführende Abhandlungen finden Sie auf der Homepage unseres Bürgervereins unter www.pro-demokratie.com. Als Leitfaden für das Verstehen der teilweise komplexen Sachverhalte können insbesondere die Startseitenbeiträge

  1. Die Verwertungslüge
  2. Sind Gewinne aus der KWD-Ersatzbrennstoffproduktion ... möglich?
  3. Legalisierte Müllgeschäfte
  4. Die entglittenen Rücklagen
  5. Der Offener Brief unseres Bürgervereins
  6. Privatwirtschaft und der Bürger zahlt
  7. Der Goldene Ring
  8. Die Expertenmeinung
genannt werden. Die Analyse des Geschehenen lässt bereits heute klare Schlüsse auf zukünftige Wirkmechanismen und vermeintliche Strategien zu. Politik, Genehmigungs- und Überwachungsbehörden scheinen dem Würgegriff der sie kräftemäßig überlegenen Abfallwirtschaft nicht entkommen zu wollen. Bevölkerung und Umwelt zahlen dauerhaft die Zeche.

Dietmar Mieth, 03.07.2008
Vorsitzender des Bürgervereins Sauberes Delitzscher Land e.V.

Delitzscher Müllopoly


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