Delitzsch

Mörtl angeklagt

Delitzsch (dom). Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden, der die sächsische Antikorruptionseinheit Ines untersteht, hat jetzt Anklage gegen Lutz Mörtl erhoben. Sie wirft dem früheren Geschäftsführer der Technischen Werke Delitzsch Bestechlichkeit, Steuerhinterziehung und unerlaubtes Betreiben von Anlagen vor. Ob die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen wird, entscheidet das Landgericht Leipzig frühestens Anfang nächsten Jahres.

Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung – Titelseite, Seite 1, 12.12.2009


Ex-TWD-Chef Mörtl angeklagt

Nach reichlich vier Jahren schließt sächsische Antikorruptionseinheit Ines ihre Ermittlungen ab

Von Dominic Welters

Delitzsch. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat gegen den ehemaligen Geschäftsführer der Technischen Werke Delitzsch (TWD), Lutz Mörtl, Anklage erhoben. Nach reichlich vier Jahren, in denen die sächsische Antikorruptionseinheit Ines ermittelte, werden dem Pohritzscher Bestechlichkeit, Steuerhinterziehung und unerlaubtes Betreiben von Anlagen vorgeworfen. Noch ist allerdings offen, ob es zum Prozess kommt.

Im September 2005 war Mörtl als Geschäftsführer der TWD und der inzwischen aufgelösten Holding Stadtwerke Delitzsch GmbH gefeuert worden (wir berichteten). Kündigungsgründe gab es viele. Offiziell sprach die damalige Rathausspitze von einer „Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses“. Zum Stadtgespräch indes wurden zwei andere Vorwürfe: eine auf Kosten der damaligen TWD-Beteiligung Sortier- und Vermarktungsgesellschaft (SVG) aus Naundorf (Sachsen-Anhalt) durchgeführte Reise in die Taiga, bei der Mörtl auf Bärenjagd ging, und ein zweiter teurer Dienstwagen, den in erster Linie die Lebensgefährtin des Diplom-Finanzwirtes nutzte. In beiden Fällen habe sich Mörtl auf Kosten kommunaler Betriebe beziehungsweise deren Beteiligungen bereichert, denn der Russland-Trip sei in Wirklichkeit eine Privatreise gewesen und das Auto habe ihm nicht zugestanden, verlautete seinerzeit aus den Stadtfirmen.

Arbeitsrechtlich ist die Geschichte Mörtl längst passé, die an dem Kündigungsstreitfall beteiligten Parteien haben sich inzwischen verglichen. Doch strafrechtlich hat das Ganze möglicherweise doch noch ein Nachspiel. Die Ines nahm den umtriebigen Mörtl in den vergangenen vier Jahren mehrfach unter die Lupe – und wurde offenbar fündig. Laut Oberstaatsanwalt Wolfgang Klein, Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft in Dresden, werden dem Mittfünfziger Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung, jeweils in vier Fällen, vorgeworfen. Des Weiteren wurde in die Anklageschrift aufgenommen, dass Mörtl im Delitzscher Biomassekraftwerk (BMKW) zwischen September 2004 und Juli 2005 Müll statt Altholz mit maximal drei Prozent Störstoffanteil verbrennen ließ.

Das BMKW, dessen Bau der Ex-TWD-Chef maßgeblich initiierte, haben die Technischen Werke und deren Partner mittlerweile verkauft. Nach Informationen dieser Zeitung soll Mörtl für die Hilfe bei der Auftragsvergabe zur Errichtung der Ökostrom-Anlage von einem Verbindungsmann der Firma Alstom, die letztlich auch den Zuschlag erhielt, im Jahr 2002 Leistungen im Wert von rund 76.000 Euro empfangen haben.

Ob es vor dem Landgericht Leipzig zum Prozess kommt, steht allerdings noch in den Sternen. Gerichtssprecher Hans Jagenlauf kündigte an, die zuständige Kammer werde frühestens Anfang 2010 entscheiden, ob ein hinreichender Tatverdacht vorliegt, um das Hauptverfahren eröffnen zu können.

Leipziger Volkszeitung, Nordsachsen und Umgebung – LOKALES, Seite 17, 12.12.2009


Bären, Provisionen, Abschöpfung

Der Fall Mörtl und Details aus der Anklageschrift

Von Dominic Welters

Delitzsch/Dresden/Leipzig. Die Anklageschrift ist Lutz Mörtl dieser Tage zugegangen. Gleich mehrere Vorwürfe stehen im Raum. Laut der Generalstaatsanwaltschaft Dresden soll sich der stadtbekannte frühere Geschäftsführer der Technischen Werke Delitzsch (TWD) der Bestechlichkeit, Steuerhinterziehung und des unerlaubten Betreibens von Anlagen schuldig gemacht haben. Mörtl war am Freitag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Der Oberstaatsanwalt wählte den Begriff „kernig“ und bezog dieses Adjektiv auf die Höhe des Schadens, den Ex-TWD-Chef Mörtl durch das Hinterziehen von Steuern verursacht haben soll. „Wir gehen von 130000 Euro aus“, sagte Wolfgang Klein, der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Dresden, die inzwischen federführend für die sächsische Antikorruptionseinheit Ines ist. Die Spezial-Ermittler hatten sich des Pohritzschers und dessen Geschäfte im Verlauf der zurückliegenden vier Jahre mal mehr, mal weniger angenommen. Zuletzt waren Ines-Fahnder im Frühjahr in Delitzsch und Umgebung unterwegs. Dabei zog es sie nicht nur an Mörtls einstigen Arbeitsplatz in der TWD-Zentrale in der Sachsenstraße, sondern auch in dessen Villa. Laut Klein seien dabei „diverse Unterlagen und Gegenstände im Zusammenhang mit Vermögensabschöpfung“ beschlagnahmt worden.

Die Liste der Vorwürfe, die die Dresdner Ankläger zusammengestellt haben, ist jedenfalls lang. Besonders bemerkenswert sind drei Punkte unter der Rubrik Bestechung, die interessante Details beinhalten:

  1. Für die Hilfe bei der Auftragsvergabe zur Errichtung des Biomassekraftwerks (BMKW) soll Mörtl im Jahr 2002 von einem Verbindungsmann der Firma Alstom – die weltweit operierenden Kraftwerksbauer bekamen dann auch den Zuschlag – Leistungen im Wert von zirka 76.000 Euro erhalten haben.
  2. Als Geschäftsführer der inzwischen aufgelösten Holding Stadtwerke Delitzsch GmbH (SWD) soll Mörtl im Jahr 2004 alle Versicherungen des Konzerns über die Allianz abgeschlossen und von den Provisionen letztlich einen Anteil in Höhe von rund 22.000 Euro erhalten haben. Bei dem spendablen Versicherungsvertreter dürfte es sich um die Lebensgefährtin des Diplom-Finanzwirts gehandelt haben.
  3. Im Zusammenhang mit der Brennstoffbelieferung für das BMKW soll Mörtl einen für die TWD günstigen Vertrag mit der BMG Recycling GmbH – eine frühere Beteiligung der Technischen Werke – einvernehmlich aufgelöst haben, „der den Technischen Werken erhebliche Einflussmöglichkeiten auf das Unternehmen beziehungsweise dessen Tochterfirma SVG gegeben hätte“, wie Hans Jagenlauf, Sprecher des Landgerichts Leipzig, mitteilte. Als Belohnung soll Herr Mörtl vom Firmeninhaber eine Jagdreise in die Russische Föderation verbunden mit der Abschussmöglichkeit für zwei Bären im Wert von zirka 14.000 Euro erhalten haben, so Jagenlauf weiter.

Womit die berühmt-berüchtigte Bärenjagd vom Sommer 2004 wieder im Spiel wäre, die bereits im Kündigungsstreit zwischen dem 2005 gefeuerten Mörtl und den einst von ihm geleiteten Firmen TWD, SWD und SVG eine Rolle spielte (wir berichteten). Ob über sie abermals in einer öffentlichen Verhandlung gesprochen wird, hängt nun vom Landgericht ab. Das hat nun zu prüfen, ob der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint, also eine Verurteilung wahrscheinlich ist. „Verneint eine Kammer einen entsprechenden Tatverdacht, müs- ste die Eröffnung des auptverfahrens abgelehnt werden, was praktisch einer Einstellung des Verfahrens gleichkäme“, erläuterte Gerichtssprecher Jagenlauf.

Sollte es jedoch zum Prozess kommen, könnte es für Mörtl unangenehm werden. Bei Bestechlichkeit sieht der Regelstrafrahmen Gefängnis zwischen sechs Monate und fünf Jahre vor. Jedenfalls keine Geldstrafe, die es für Steuerhinterziehung und das unerlaubte Betreiben von Anlagen geben kann.

Leipziger Volkszeitung, Delitzsch und Umgebung – LOKALES, Seite 19, 12.12.2009


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