Landgericht Leipzig

Fall Mörtl - Verhandlung abgesagt

Delitzsch/Leipzig (dom). Die ursprünglich für den 22. März angesetzte Fortsetzung des Verfahrens um die Kündigungsschutzklage des Ex-Geschäftsführers der Technischen Werke Delitzsch, Lutz Mörtl, ist kurzfristig abgesagt worden. Weil ein beisitzender Handelsrichter verhindert ist, strich der Vorsitzende Richter der 5. Kammer für Handelssachen am Landgericht Leipzig, Hans-Joachim Zügler, die für morgen geplante mündliche Verhandlung. Als neuen Termin nannte Landgerichtssprecher Stephan Oberholz gestern auf Anfrage der Kreiszeitung den 7. Juni.

LVZ, LOKALES Delitzsch-Eilenburg, 21.03.2007, Seite 17


Fall Mörtl - Beklagte klagen, Richter verschiebt

Für morgen geplante Verhandlung auf 7. Juni verlegt

Von Dominic Welters

Delitzsch. Nasskalt und ungemütlich war er, der 21. Dezember 2006. Und lang, sehr lang. Zumindest für die, die sich ab 13 Uhr im Leipziger Amtsgerichtsgebäude aufhielten, um in einem kleinen Saal in der vierten Etage der mündlichen Verhandlung in Sachen Lutz Mörtl Lutz Mörtl gegen die Technischen Werke Delitzsch (TWD) respektive die Stadtwerke Delitzsch (SWD) respektive die Sortierungs- und Vermarktungsgesellschaft (SVG), einer TWD-Beteiligung, beizuwohnen. Es ging gar so lange, dass die beiden Düsseldorfer Anwälte der Beklagten-Seite ihren Flieger gen Rheinland entschweben lassen mussten und kurzfristig ein Nachtlager in Leipzig benötigten. Dieses Szenario hätte Heinz Josef Willemsen und Philipp Ballering von der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer am morgigen Donnerstag ein weiteres Mal gedroht. Bei erneut an die zehn geladenen Zeugen kein Wunder. Doch der Fortsetzungstermin 22. März 2007 im Streit um die Kündigungsschutzklage des am 23. September 2005 geschassten ehemaligen TWD- und SWD-Geschäftsführer Mörtl ist gestrichen. Da ein beisitzender Handelsrichter verhindert ist, hob der Vorsitzende Richter der 5. Kammer für Handelssachen am Landgericht Leipzig den Termin auf und nannte als neuen den 7. Juni 14 Uhr. Dann will Hans-Joachim Zügler die umfangreiche Beweisaufnahme mit voller Schöffen-Mannschaft endlich wieder aufnehmen.

Beim letzten Mal hätte er schon ganz gern noch weitergemacht. Doch drei Tage vor Heiligabend zu vorgerückter Stunde - die Uhr tickte gerade auf 20.35 Uhr zu - entdeckte er offenbar seine barmherzige Seite und entließ die erschöpften Protagonisten auf allen Seiten mit „Frohe Weihnachten“.

Mitleid mit Delitzschs Oberbürgermeister Heinz Bieniek hatte er indes nicht. Erst ließ Zügler das CDU-Stadtoberhaupt, Zeuge und Beklagter in Personalunion, stundenlang auf dem Flur schmoren, dann vergaß er, ihn auf einen der wenigstens ein Dutzend (nachgereichter) Kündigungsgründe anzusprechen (wir berichteten). Weshalb Bieniek ursprünglich morgen erneut aussagen sollte. Extra wegen seines zweiten Auftritts vor Gericht hatte der OBM die 28. Sitzung des Stadtrates auf den 27. März verlegt. Jetzt verschob Zügler. Bieniek und die übrigen Einbestellten haben also weitere zweieinhalb Monate Zeit, sich auf die bohrenden Fragen des akribischen Richters vorzubereiten.

Unter den neuen Zeugen sollen nach Informationen der Kreiszeitung auch hochrangige Vertreter von Firmen des Eon-Konzerns sein. Allen voran der Vorstandsvorsitzende der Eon Thüringer Energie AG, Bernhard Bloemer. Die Aktiengesellschaft mit Sitz in Erfurt ist bekanntlich Mitgesellschafter bei den TWD (25,1 Prozent). Zudem lag Mitarbeitern des Unternehmens Eon Audit Services GmbH, die drei Tage nach der fristlosen Kündigung des Mehrfachgeschäftsführers Mörtl bei den TWD sowie deren damaliger Beteiligung SVG mit einer umfangreichen Innenrevision begonnen hatten, für morgen eine Aufforderung zum Zwiegespräch vor. Und noch etwas anderes sollte morgen laut Landgerichtssprecher Stephan Oberholz zur Sprache kommen: eine Widerklage der Beklagten-Seite auf Schadenersatz. Offenbar legen TWD/SWD bei den Kündigungsgründen noch mal nach, werfen Kläger Mörtl vor, den kommunalen Betrieben durch das eigenmächtige Unterzeichnen von Verträgen noch anderweitig geschadet zu haben.

Unter den vielen Vorhaltungen sind bislang die bekanntesten: Dass Mörtl einen elftägigen Russland-Trip samt privater Bärenjagd im Sommer 2004 als Dienstreise über die Kasse der SVG abrechnete; dass er sich einen zweiten Dienstwagen bewilligte, der vor allem der Mobilmachung seiner russischen Lebensgefährtin diente; dass er 2004 den TWD-Aufsichtsrat nicht über die Konditionen eines Darlehens in Höhe von 2,136 Millionen Euro unterrichtete, mit dem der Bau des dem Biomassekraftwerk (BMKW) vorgeschalteten Holzkontors (HKS) finanziert wurde.

Der auf Wiedereinstellung klagende Mörtl beharrt bislang darauf, dass er zu den Russen jettete, um Altholz fürs BMKW zu beschaffen; dass die Sache mit dem zweiten Dienstwagen für längere Fahrten zu geschäftlichen Treffen mit den Gesellschaftern abgestimmt war; dass das TWD-Kontrollgremium in Sachen HKS-Darlehen ein Jahr zuvor einen Kreditrahmen von 2,225 Millionen Euro absegnete.

TWD-Anwalt Ballering mochte sich gestern auf Anfrage der Kreiszeitung zu der Widerklage nicht äußern. Seine Konzentration kann zunächst einmal anderen Dingen gelten, der 7. Juni ist noch weit weg. Wahrscheinlich aber werden er und sein Kollege Willemsen diesmal von vornherein eine Übernachtung einplanen. Bei den Heerscharen von Zeugen ist mit einer weiteren Marathon-Sitzung zu rechnen.

LVZ, Delitzsch und Umgebung, 21.03.2007, Seite 19


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