Abfall-Zweckverband droht TschenseEx-Beigeordneter soll Beratervertrag mit Delitzsch offenlegenWegen einer Beratertätigkeit für die Kreiswerke Delitzsch fährt der Zweckverband Abfallwirtschaft Westsachsen (ZAW) schwere Geschütze gegen Holger Tschense auf: Leipzigs ehemaliger Ordnungsbeigeordneter soll seinen Vertrag mit den Kreiswerken offenlegen und vor Gericht versichern, dass er keine Interna des ZAW weitergibt. Tschense weigert sich. Der Zweckverband hatte durch die LVZ davon erfahren, dass Tschense beim Landkreis Delitzsch angeheuert hat, gegen den der ZAW einen Rechtsstreit um rund sieben Millionen Euro führt. Weil Tschense in seiner Zeit als Beigeordneter den Zweckverband geleitet und die Zusammenarbeit mit Delitzsch organisiert hat, fürchtet der ZAW jetzt, dass der Ex-Beigeordnete sein Insiderwissen missbraucht und dem Verband dadurch finanzielle Schäden zufügt. Tschense hatte bei seinem Seitenwechsel unter anderem erklärt, er wolle auch im laufenden Rechtsstreit zwischen Delitzsch und ZAW vermitteln (die LVZ berichtete). Diese Äußerung löst jetzt Reaktionen aus. „Wir haben ihn aufgefordert, uns seinen Beratervertrag zu zeigen“, sagte Landrätin Petra Köpping (SPD), die als stellvertretende Verbandsvorsitzende zum Führungsstab des ZAW gehört. Dadurch könne herausgefunden werden, ob Tschense mit dieser Tätigkeit gegen seine Verschwiegenheitspflicht verstößt. Nach Auffassung der Landrätin wäre dies bei einer Vermittlung im laufenden Rechtsstreit gegeben. „Gleichzeitig haben wir Herrn Tschense über unseren Anwalt mitteilen lassen, welche Folgen ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht haben würde.“ Ohne auf Details einzugehen, sprach die Landrätin von „erheblichen Sanktionen“, die Tschense bei einem Verstoß drohen würden. Der ehemalige Ordnungsbeigeordnete weiß offenbar noch nichts davon, dass er seinen Arbeitsvertrag vorlegen soll. „Ich habe keine Aufforderung erhalten“, erklärte er auf Anfrage. Wenn diese noch eintreffen sollte, werde er ihr nicht nachkommen. „Verträge sind immer eine vertrauliche Angelegenheit“, begründete Tschense dies. „Ich kann aber ausschließen, dass im Vertrag etwas steht, das gegen den ZAW oder dessen Auftragnehmerin Westsächsische Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (WEV) gerichtet ist.“ Gleichzeitig gab Tschense bekannt, dass er nach dem LVZ-Artikel eine Unterlassungserklärung von einem Anwalt des ZAW erhalten hat. „Ich sollte darin erklären, kein Wissen preiszugeben, das ich durch meine Tätigkeit im Verband erhalten habe“, berichtete der Ex-Beigeordnete. Er habe daraufhin seinen Anwalt eingeschaltet, der mittlerweile bei Gericht eine Schutzschrift hinterlegt hat. Sie bestehe im Kern in einer Aufforderung an den ZAW, ihm nicht zu unterstellen, er würde Geheimnisse verraten. „Das habe ich nicht getan, und das werde ich auch nicht tun“, so Tschense. Der Delitzscher Landrat Michael Czupalla (CDU) erklärte, dass Tschenses Beratervertrag wegen notwendiger „Feinabstimmungen“ noch gar nicht existent sei. „Außerdem habe ich Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung einen Brief geschrieben und ihm darin erklärt, was wir uns von Holger Tschenses Beratertätigkeit versprechen. Eine Antwort ist noch nicht eingetroffen.“ Gleichzeitig betonte Czupalla, dass er auf ein gutes Verhältnis mit dem ZAW Wert legt. „Unsere Zusammenarbeit ist vertraglich auf 20 Jahre vereinbart“, hob er hervor. „Das hat für uns absoluten Vorrang. Wenn unser Partner nicht möchte, dass wir mit Holger Tschense zusammenarbeiten, dann lassen wir es eben.“ Der ZAW ist offenbar bereit, nicht mit Nachdruck auf die Überstellung des Beratervertrages zu bestehen. „Wenn er ausgesetzt ist und es zu keiner Tätigkeit kommt, dann werden wir da keinen weiteren Druck machen“, sagte Günter Lohmann, Geschäftsführer der ZAW-Tochtergesellschaft WEV, die im Auftrag des Zweckverbandes mit den Delitzschern zusammenarbeitet. „Aber wenn Herr Tschense als Vermittler aktiv wird, leiten wir sofort rechtliche Schritte ein.“ Lohmann betonte dabei, dass der Ex-Beigeordnete auch Aufsichtsratsmitglied der WEV gewesen ist. „Er kennt dadurch alle Verträge, Bilanzen und Marktanalysen unseres Unternehmens“, skizziert er die Situation. „In den Bestimmungen für Aufsichtsräte ist ausdrücklich geregelt, dass er davon keinen Gebrauch machen darf. Und zwar auf unbegrenzte Zeit.“ Andreas Tappert Leipziger Volkszeitung, LEIPZIG, Seite 15, 27./28.01.2007 |