Das ist ein Skandal sondersgleichen

Zweckverband Abfallwirtschaft übt scharfe Kritik am Kreis Delitzsch: Werden Cröbern-Reste verwertet oder nur gelagert?

Mit harschen Worten hat der Zweckverband Abfallwirtschaft Westsachsen (ZAW) das Verhalten des Landkreises Delitzsch kritisiert. Neben der seit dieser Woche eingereichten Klage, mit der der Verband gut sieben Millionen Euro von Delitzsch fordert (die LVZ berichtete), ging es auf der Verbandsssitzung in dieser Woche auch um die Frage, ob der Nachbarkreis die von Cröbern überlassenen heizwertreichen Reste auch tatsächlich verwertet – oder ob er sie nur deponiert.

Der größte Teil der Menge, für die der Verband nach zähen Verhandlungen 90 Euro pro Tonne an die Kreiswerke Delitzsch zahlt, werde nur zwischengelagert, so ZAW-Geschäftsleiter Holger Bauerfeind gegenüber den Verbandsräten aus Leipzig, dem Muldental und dem Leipziger Land. Zudem sei ein Langzeitlager beantragt, für das voraussichtlich im nächsten Jahr eine Genehmigung vorliegt. „Ist denn zu erkennen, dass der Kreis Delitzsch später eine Verwertung vornimmt?“, wollte der Leipziger Vertreter Reiner Engelmann wissen. Er könne die Frage nicht beantworten, so Bauerfeind. Dem Verband liege noch immer kein Verwertungskonzept des Kreises Delitzsch vor. Und mit einem dreiseitigen Papier, das die Tochterfirma Westsächsische Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (WEV) erhalten habe, könne man auch nicht viel anfangen, so Landrätin Petra Köpping, stellvertretende Verbandsvorsitzende.

Dann schaffen unsere Bürger also jedes Jahr nur rund zwölf Millionen Euro Liquidität nach Delitzsch“, stellte Engelmann verbittert fest. „Und dabei könnten wir die heizwertreichen Reste selbst um 20 Euro pro Tonne billiger entsorgen. Das ist ein Skandal sondergleichen – und das Regierungspräsidium macht das alles mit“, schimpfte Engelmann. Wie berichtet, müssen in Leipzig und dem Leipziger Land die Müllgebühren steigen, weil der ZAW die gestiegenen Kosten bei der Entsorgung der heizwertreichen Reste auf seine Verbandsmitglieder umlegt.

Vor vier Wochen habe sie bereits ein Verwertungskonzept von Delitzsch beantragt, so Köpping. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung nannte das Verhalten von Delitzsch „unsäglich“, Landrat Gerhard Geyverantwortungslos“. Delitzsch sei aufgefordert, umgehend das fehlende Konzept zu erstellen, so Jung. „Und wir brauchen dabei die Hilfe der Aufsichtsbehörde.

Der Delitzscher Landrat Michael Czupalla wies gestern die Vorwürfe zurück. Natürlich läge ein Verwertungskonzept für die Cröbern-Reste vor, „der ZAW kann jederzeit eines bekommen“, so Czupalla überraschend. Von der Klage habe er bislang nur über die Medien erfahren, sehe ihr aber gelassen entgegen und wolle es nicht soweit kommen lassen. „Wir müssen an einen Tisch und Klartext reden“, so Czupalla.

Vor einigen Wochen bereits war ein Spitzengespräch zwischen ihm, Köpping und Jung ohne Ergebnis geblieben. Jung: „Es tut mit leid, dass die Entwicklung zwischen öffentlich-rechtlichen Partnern so laufen muss.

Die Verbandsräte nahmen diese Woche ebenfalls einen Bericht mit Maßnahmen zur Kenntnis, mit denen in Cröbern rationeller gearbeitet werden soll. Einsparungen von 1,7 Millionen Euro seien kurzfristig möglich, so Bauerfeind. Das habe ein Gutachter festgestellt. Köpping sagte, die ersten Maßnahmen seien bereits angekurbelt, weitere sollten folgen.

Jörg ter Vehn

Leipziger Volkszeitung, 15.12.2006, Seite 19


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