Asbest in Spröda - Initiative zeigt Kreiswerke anVon DOMINIC WELTERS und FRANK PFÜTZEKreiswerke-Mitarbeiter Steffen Spiegler und die Profilierung von Raster 79 L: In diesem Bereich der Deponie Spröda wird gerade Schutt eingebaut, mit Papierschlamm bedeckt und anschließend verdichtet. Offen liegende asbesthaltige Bruchstücke waren gestern nicht zu entdecken. Foto: Manfred Lüttich Delitzsch. Knatsch zwischen dem Bürgerverein Sauberes Delitzscher Land und den Kreiswerken: Die Initiative um Umweltschützer Dietmar Mieth hat Strafanzeige gegen die Geschäftsführung des Müllentsorgers bei der Staatsanwaltschaft Leipzig gestellt. Begründung des Vereins: „Gefährdung der Umwelt und der Gesundheit der Bevölkerung durch fehlerhaft ausgeführte Ablagerungen asbesthaltiger Baustoffe auf der Deponie Spröda.“ Auf der seit 1. Juni geschlossenen Kippe werde die Freisetzung krebserregender Fasern durch das unvollständige Abdecken von Schutt begünstigt, der in Größenordnung Bruchstücke von Asbestplatten enthält. Die Kreiswerke verwahren sich gegen die Vorwürfe des unsachgemäßen Umgangs mit dem belasteten Material. Im Herbst waren Mieth und Co. anonym Fotos zugegangen, auf denen unzählige zerbrochene Dachplatten aus Asbest zu erkennen waren, die entweder nur teilweise oder gar nicht abgedeckt da lagen. Dies lässt die Umweltwächter von „dilettantischen Vorgehensweisen beim täglichen Deponiebetrieb“ sprechen. Insbesondere an den zahlreichen Bruchkanten der offen liegenden Baustoffe sei das Risiko groß, „dass Fasern durch Windangriffe (Erosion) leicht freigesetzt und weiträumig verteilt werden“. Nur 650 Meter von der Deponie entfernt befinde sich schließlich der Delitzscher Ortsteil Spröda. Fotos und der Text der Strafanzeige wurden auf der Homepage von www.pro-demokratie.com im weltweiten Netz veröffentlicht. „Die Vorwürfe kann ich nicht nachvollziehen. So wie auf den Bildern im Internet sieht es in Spröda doch längst nicht mehr aus“, wehrt sich gestern Kreiswerkechef Heinz Böhmer. Der Deponiekörper werde gerade profiliert, erhalte jetzt nach und nach verschiedene Abdeckungen. „Das Regierungspräsidium Leipzig als Aufsichtsbehörde hat bestätigt, dass asbesthaltige Stoffe bei der Profilierung eingebaut werden dürfen.“ Selbstverständlich seien dabei Auflagen zu beachten. „Unsere Mitarbeiter wissen genau, was zu tun ist, kennen die entsprechenden Betriebsanweisungen.“ Zudem fänden regelmäßige Kontrollen statt. Auch Vize-Landrat Ulrich Fiedler ist sauer. „Die Fotos können doch sonst wann gemacht worden sein. Natürlich liegt das Zeug zunächst erst einmal rum, wenn es gerade abgekippt wurde“, räumte er ein. Das Material werde jedoch immer „zeitnah abgedeckt“. Auf Anfrage der Kreiszeitung erklärten sich Böhmer und Deponie-Mitarbeiter Steffen Spiegler gestern Mittag zu einem Lokaltermin bereit. Auf dem aktuellen Raster 79 L befand sich sichtbar kein asbesthltiger Bauschutt. Ein Großteil der Fläche war mit nasser Papierasche aus dem Stora-Enso-Werk in Eilenburg bedeckt. Die Deponie Spröda im Herbst: HINTERGRUNDDas Hauptproblem bei Asbest ist, dass beim mechansichen Bearbeiten wie Abschleifen oder Abstrahlen feinste atembare Fasern freigesetzt werden können. Diese können tief in die Lunge gelangen. Im Körpergewebe verweilen sie Jahrzehnte, stechen Zellen auf und können so 20 bis 30 Jahre später Krebs auslösen. Schwach gebundene Asbestprodukte setzen schon bei kleinen Beschädigungen große Fasermengen frei. Im Gegensatz zu fest gebundenen wie in Asbestzement, die als weniger gefählich gelten. GUTEN MORGENMüllskandal oder Panikmache? Kreiswerke-Chef Böhmer und Vize-Landrat Fiedler müssen ihr gesamtes Gewicht in den Sessel pressen, um nicht wie die HB-Männchen in die Luft zu gehen. Grund ist die Klage von Umweltschützern, die einen Asbest-Skandal auf der Deponie Spröda entdeckt haben wollen. Auf jeden Fall machen sie ihn im Internet öffentlich. Fotos dokumentieren eine ihrer Meinung nach „Gefährdung der Umwelt und der Gesundheit der Bevölkerung durch fehlerhaft ausgeführte Ablagerungen asbesthaltiger Baustoffe“. Der Umgang mit dem Material sei fahrlässig und sorglos, weil krebserregende Fasern leicht freigesetzt werden könnten. Bei einem spontanen Besuch gestern auf der Deponie fanden Mitarbeiter der Kreiszeitung keine Hinweise darauf. Dennoch lassen die Dokumentationen der Bürgerinitiative einige Fragen offen, die zu klären sind. Das Image der Kreiswerke ist jedenfalls beschädigt. Wenn sich das Unternehmen im Recht sieht, sollte es sich wehren. Vor allem ist jetzt die Justiz gefordert, hier schnell zu reagieren und die Vorwürfe zu prüfen.Ihr Frank Pfütze Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, 21./22. Januar 2006 |