Bärenjagd und edlen Zweitwagen auf Firmenkosten

Neue Vorwürfe gegen Ex-TWD-Chef Lutz Mörtl

Delitzsch. Die Gerüchteküche brodelt. Was steckt wirklich hinter der Abberufung des Geschäftsführers der Technischen Werke Delitzsch (TWD), Lutz Mörtl? Am Freitag wurden erste Details aus der laufenden Untersuchung der Wirtschaftsprüfer bekannt. Danach soll Mörtl einen Zweitdienstwagen und einen als Dienstreise getarnten Privaturlaub auf Firmenkosten abgerechnet haben.

„Die Überprüfungen haben bestätigt, dass der Geschäftsführer selbst Beschlüsse gefasst hat, ohne dass dafür Genehmigungen der Gesellschafter vorlagen“, sagte Aufsichtsratsvorsitzender Heinz Bieniek auf Anfrage der Kreiszeitung. So habe sich Mörtl einen Zweitwagen „durch Vertragsergänzung in einer Tochtergesellschaft der TWD selbst genehmigt“. Den Audi A 8 (80 000 Euro) habe Mörtl seiner „Lebenspartnerin zur freien Verfügung gestellt“. Der Wagen war über die Holzbeschaffungsfirma BMG/SVG in Zeitz geleast, an der die TWD eine 49-prozentige Beteiligung halten. Mörtl fuhr als TWD-Boss einen Audi A6.

Außerdem hätten die Prüfer herausgefunden, dass der Ex-TWD-Chef ein privates achttägiges Jagdabenteuer als Dienstreise nach Russland zur Holzaquise abgerechnet hatte. Die Braunbärenjagd und selbst die Präparation der Trophäen seien wiederum von der BMG/SVG bezahlt worden. Kosten: 14 000 Euro. Nach Recherchen dieser Zeitung waren die Reisekosten für zwei Personen angefallen. Mörtl hatte die Jagdreise mit TWD-Mitarbeiter Matthias S. angetreten. Dessen Arbeitsvertrag, berichteten Beschäftigte des städtischen Stromversorgers, wurde inzwischen gekündigt. Mörtl soll S. über Jahre eine außertarifliche Gehaltszulage von monatlich 750 Euro ohne Gegenleistung zugestanden haben.

Bereits am Vorabend hatte Bieniek intern den Stadtrat über die ersten Erkenntnisse der Wirtschaftsprüfer des Energiekonzern Eon informiert. Geprüft werden alle Firmen, in denen Mörtl Geschäftsführer war. Das sind neben den TWD noch die Gasversorgung Delitzsch, BMG/SVG sowie die Holzkontor Sachsen GmbH. Aus Parlamentskreisen verlautete, dass Mörtl in diesen Firmen zu seinem TWD-Jahresgehalt von 120 000 Euro weitere 150 000 Euro pro Jahr bekam. Ein Abgeordneter, der nicht namentlich genannt werden wollte, sagte der Kreiszeitung: „Früher wurde uns gesagt, dass Herr Mörtl in diesen Firmen kein Geschäftsführergehalt, sondern nur eine Aufwandsentschädigung erhält.“

Klaus Staeubert

LVZ-Kreiszeitung vom 29./30./31.10.2005


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