Strippenzieher des Herrn Trienekens

VON DAVID SCHRAVEN

Wie der umtriebige Geschäftsmann im Müllgewerbe die Interessen seiner Freunde pflegte.

Klaus-Jürgen Haupt (56) ist ein freundlicher Herr mit weißen Haaren. Ein gepflegter Geschäftsmann, der sich auskennt im Müllgewerbe. Und wenn da nicht sein nervöses Lächeln wäre, wenn man ihn auf seine Verbindungen zu Hellmut Trienekens, dem gefallenen Star der Branche anspricht, könnte man ihn für einen Menschen halten, der nichts zu verbergen hat. Seine ganze Bedeutung im Müllgeschäft, wird erst klar, wenn man sich durch die Ermittlungsakten vorarbeitet, in der seine Spuren niedergelegt sind.

Klaus-Jürgen Haupt gilt nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft als ein bedeutsamer Strippenzieher im Netzwerk des gescheiterten Trienekens-Imperiums. Seine Spuren führen über Aachen, Gummersbach, Iserlohn in die neuen Bundesländer. Er wird als Berater tätig, beteiligt sich an Gesellschaften und pflegt Bekanntschaften zu entscheidenden Politikern und Beamten. Nicht selten in Diensten von Hellmut Trienekens. Zurzeit ermitteln gleich drei Staatsanwaltschaften gegen Haupt wegen des Verdachts der Untreue und Bestechung. Der Verdacht: Haupt habe unter dem Dach des Institutes für Kommunalwirtschaft (IKW) die politische Landschaft in Ost und West gepflegt.

Aber der Reihe nach: 1990 gründet Haupt die IKW zusammen mit Trienekens und der Westdeutschen Landesbank. Offiziell berät das Institut Kommunen in Ost und West in Müllangelegenheiten. Nach außen hin, so stellen die Ermittler fest, erweckt man den Anschein von größtmöglicher Neutralität. Tatsächlich aber soll die Firma vor allem die Geschäfte des Müllbarons und seiner Freunde begleitet haben. So brachte Haupt bei der anstehenden Privatisierung der Müllverbrennungsanlage (MVA) Iserlohn den Aachener Gutachter Max Dohmann ins Spiel, einen alten Trienekens-Bekannten. Bei der Privatisierung der Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB) in Köln und der Bonner Verbrennungsanlage kassierte Haupt Beraterlöhne von Trienekens. Allein im August 2000 stellte er dem Müll-Tycoon für Gutachten seines privaten Rechtsanwaltes Udo Rohrig mit Bezug auf die Teilprivatisierung der AWB Köln 95.000 Euro in Rechnung.

Das Meisterstück lieferte Haupt in den neuen Bundesländern ab. Die IKW beteiligte sich an örtlichen Müllwerken, beriet diese anschließend für viel Geld und soll außerdem von potenziellen Auftragnehmern Honorare erhalten haben, die mit den Abfallbetrieben ins Geschäft kommen wollten. Gleichzeitig soll Haupt Politiker großzügig beschenkt und so manche politische Karriere gefördert haben.

Besonders eindeutig lässt sich dieses Handlungsschema im sächsischen Örtchen Delitzsch bei Leipzig nachzeichnen. Aus einem internen Vermerk der Kölner Kriminalpolizei geht hervor, dass Haupt nicht nur als Teilhaber der Kreiswerke Delitzsch und deren Muttergesellschaft (KWD), sondern auch als deren Berater auftrat. Der entsprechende Beratervertrag wurde am 26. Oktober 1998 unterzeichnet. Auf Grundlage des sehr allgemein gehaltenen Papiers kassierte Haupt von Stund an jährlich 330.000 Euro.

Dafür kümmerte er sich um die Projekte der KWD, unter anderem den geplanten Bau einer MVA.

Damit nicht genug. Aus Unterlagen, die dem Autor vorliegen, geht hervor, dass Haupt Ende der 90er Jahre ebenfalls im Sold des Gummersbachers Anlagenbauers L & C Steinmüller stand, der später in der Babcock Borsig Power (BBP) aufging. Die Firma ist den Ermittlern im Müllgewerbe gut bekannt. Ex-Steinmüller-Manager Sigfried Steinmüller ist einer der Hauptangeklagten im Kölner Schmiergeldprozess um den Bau der Müllverbrennungsanlage und steht dort seit November vor Gericht. Am 1. Oktober 1996 unterzeichneten Michelfelder und Haupt einen allgemein gefassten Beratervertrag, der in den folgenden Jahren von Babcock Borsig bestätigt wurde. Danach sollte sich die IKW in Ostdeutschland für den

Anlagenbauer verwenden. Ausdrücklich wird der Müllofen in Delitzsch in der Projektliste genannt. Anfänglich ist der Beratervertrag mit nur 40.000 Euro im Jahr dotiert. Doch schnell wurden die Summen größer. Allein zwischen März 2000 und Dezember 2001 überweist der Konzern mehr als eine halbe Million Euro an die IKW, wie die Kontounterlagen der Firma belegen. In seinen Rechnungen an Babcock nimmt Haupt ausdrücklich Bezug auf die geplante MVA in Delitzsch. Welche Leistungen Haupt erbracht hat, ist allerdings nicht ersichtlich.

Pikant sind die Zahlungen vor allem deshalb, weil der avisierte Müllofen mit 250.000 Tonnen Jahreskapazität - ähnlich wie im Kölner Fall - zunächst vollkommen überdimensioniert geplant wurde. Von dem Geschäft hätten vor allem die Abfalllieferanten und der Anlagenbauer profitiert. Seine politischen Freunde vergaß Haupt bei den komplizierten Deals offenbar nicht. Besonders wichtig für ihn war der Delitzscher Landrat Michael Czupalla (CDU), der dem Aufsichtsrat der KWD-Muttergesellschaft vorsaß, dem höchsten Kontrollgremium der örtlichen Müllwerke. Nach Angaben von Czupalla finanzierte Haupt einen Teil von Czupallas Landrats-Wahlkampf. Der Strippenzieher bezahlte Plakate und Flugblätter. Außerdem kontrollierte Haupt nach Unterlagen der Staatsanwaltschaft Bochum die Konten einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die Haupts Ehefrau mit der Lebensgefährtin von Czupalla unterhält.

Haupt wollte sich auf Anfrage nicht zu diesem Thema äußern. Czupalla bestreitet, bestochen worden zu sein. Mit den Geschäften seiner Lebensgefährtin habe er nichts zu tun. Die Staatsanwaltschaft Leipzig ermittelt gegen den Politiker wegen des Verdachts der Vorteilsannahme. Zwar wurde die MVA in Delitzsch bis heute nicht gebaut. Trotzdem konnte Haupt seinen Gummersbacher Geschäftspartnern 1999 einen Erfolg melden. Die Kreiswerke vergaben damals den Auftrag zum Bau einer Sortieranlage an Babcock Borsig - und das, obwohl das Angebot des Konzerns nach Informationen aus den Kreiswerken mit rund 6,5 Millionen Euro etwa 1,5 Millionen Euro über dem Angebot der Konkurrenz gelegen haben soll. Die IKW war nach den vorliegenden Informationen an der Entscheidungsfindung beteiligt. Weder Haupt noch die Verantwortlichen der KWD wollen erklären, wie die Vergabe zustande kam. Ermittler prüfen, ob hier Bestechung im Spiel war.

Kölner Stadtanzeiger, 06.04.2004


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