Dietmar Mieth
Dorfring 22
04509 Zschepen




Zschepen, den 09.06.2004

Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung
Redaktion Delitzsch
Rossplatz 5
04509 Delitzsch


Sehr geehrter Herr Milde,

ich bitte Sie, den folgenden Leserbrief zu veröffentlichen. Er ist meine Antwort auf den Zeitungsartikel vom 05./06.06.200420 Tonnen lodern im Biomassekraftwerk“.

Unerträglich für Mensch und Umwelt

Der Brand der Altholzhalde der Firma BKD in der Nacht vom 03. zum 04. Juni 2004 hat die Brisanz des Betreibens einer Altholzverbrennung bereits nach nur 8 monatigem Betrieb der Anlage aufgewiesen.

Wir, die Einwohner der Gemeinden Selben und Zschepen, wurden gefährdet. Warnungen an die Einwohner durch Einsatzteams der Feuerwehr bzw. Polizei ergingen nicht, obwohl klar die Richtung der atemgiftbeladenen Rauchwolke und deren Ausbreitungsgeschwindigkeit und Größe den zuständigen Behörden aufgefallen sein musste. Ärztliche Atteste bescheinigen, dass auch noch am nächsten Morgen „Rötungen der Augenbindehaut, Luftnot und Reizhusten“ festgestellt wurden.

Die Firmenleitung ließ in der LVZ-Kreiszeitung verkünden: „Durch den Brand entstanden keine gesundheitsgefährdenden Emissionen. Im Holzlager wurden allein ökologisch unbedenkliche Althölzer der Klasse AI und AII Opfer der Flammen. Zu keiner Zeit waren durch den Brand Gebäude oder Personen in unmittelbarer Nachbarschaft zu unserem Biomassekraftwerk gefährdet“.

Das ist eine irreführende Verharmlosung, da unstrittig sein dürfte, dass die Altholzhalde zu dem Zeitpunkt des Brandes hunderte Tonnen Spanplatten in geschredderter Form enthielt. Verbundplatten enthalten Aldehyde (vor allem Formaldehyd). Diese werden u.a. als Leimbestandteile bzw. als Klebstoffinhalte zur Herstellung von diesen Materialien verwendet.
Bei der Verbrennung verdampfen die Aldehyde stärker als sonst und treten als Gase bzw. Aerosole in die Atmosphäre über. Darüber hinaus werden Aldehyde bei Verbrennungsprozessen (Oxidationsprozesse) zu Karbonsäuren oxidiert, die wiederum unterschiedliche Folgewirkungen auf Mensch und Pflanzen ausüben. Insbesondere in Bezug auf Formaldehyd (Formalin) ist zu beachten, dass vor Allem dessen kanzerogene (krebserregende) und allergieauslösende Wirkung unbestritten ist.
Der Bevölkerung wurden offenbar durch dilettantische Äußerungen der Firmenleitung Sicherheiten und Unbedenklichkeiten vorgegaukelt. Der Geschäftsführer der hier in Rede stehenden Verbrennungsanlage, Herr Gerhard van Meegen, wird sich doch noch zu genau an die Vorfälle beim Großfeuer seiner Altholzhalde im sächsisch-anhaltinischen Barby erinnern können. Dort wurden im Frühsommer des Jahres 1998 rund 270.000 Kubikmeter Altholz (geschredderte Spanplatten usw.) zu 80% ein Opfer der Flammen – Dieser Brand ging als wohl größter und zeitlich längster Brand in die Geschichte Sachsen-Anhalts ein.

Da Feuerwehr und Polizei im Brandfall Delitzsch auch nach Inaugenscheinnahme des Brandortes ihrem Handeln zufolge keine Bedenken anmeldeten und durch Untätigkeit die Warnung der Bürger unterblieb, muss ich davon ausgehen, dass auch in diesen Reihen das Fachwissen fehlt. Kunststoffe und Spanplatten waren klar erkennbar. Anzeigen werden bei der Kriminalpolizeilichen Außenstelle noch eingereicht. Es wird in Erwägung gezogen, diesbezüglich eine Strafanzeige gegen die Geschäftsleitung der Firma BKD bei der Staatsanwaltschaft einzureichen.

Bis zum heutigen Tag sind seitens des zuständigen Landratsamtes Delitzsch keinerlei Stellungnahmen zur Gefährlichkeit dieses Brandes erfolgt. Dr. Schurig, Sachgebietsleiter Immissionsschutz, tat mir telefonisch kund, dass Löschwasserproben genommen wurden.

Ein Grundtenor war allerdings beim Telefonat klar erkennbar, den ich mit den Worten - Es war doch alles nicht so schlimm! – auf den Punkt bringen möchte. Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass man diesen Vorfall auf Behördenseite im Sinne des Betreibers aussitzen möchte, um das jetzt laufende Genehmigungsverfahren für die Verbrennung auch hochgiftiger Hölzer nicht zu gefährden. Meines Erachtens wird dies mit jedem Tag fehlender Stellungnahme erhärtet. Benötigen die Beprobungsergebnisse soviel Zeit, weil sie erst geschönt werden müssen?

Auch beim Großbrand in der sogenannten Sortieranlage der Kreiswerke Delitzsch im August 2002 und beim Brand auf der von den Kreiswerken betriebenen Deponie Spröda im Juni des selben Jahres wären lt. Landratsamt Delitzsch zu keinem Zeitpunkt Gefahren für das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung ausgegangen, obwohl auch hierbei unstrittig ist, dass unzählige Tonnen Kunststoffe verbrannten. Offenkundig muss an der Einhaltung der Sorgfaltspflicht des hier zuständigen Landratsamtes gegenüber den Bürgern im Zusammenhang mit den vergangenen und dem jetzigen Ereignis stark gezweifelt werden. – Die Toleranz gegenüber von Betreibern solcher Anlagen ist überdurchschnittlich ausgeprägt. – Zum Schaden der Gesundheit der Bevölkerung und zum Leidtragen der Umwelt.

Wann erhalten wir Bürger endlich die Informationen, auf die wir einen Anspruch haben? Es wird hiermit nochmals eine exakte Aufklärung aller Vorgänge, die sich im Dunstkreis des Mülls abspielten, gefordert!

Ich bitte nochmals um Veröffentlichung dieses Leserbriefes und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Dietmar Mieth


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