Firma Biotec wehrt sich gegen Vorwürfe

Pohritzsch (ts). Die Firma S. D. R. Biotec Verfahrenstechnik in Pohritzsch wehrt sich gegen die von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) veröffentlichten Vorwürfe. Die DUH hatte Ende der vergangenen Woche informiert, das hochgiftiges Cadmium und Blei in deutlich über den Grenzwerten liegenden Mengen in Bodenproben im Pohritzscher Wohn- und Gewerbegebiet gefunden worden seien. Das Wohngebiet befindet sich in unmittelbarer Nähe der Biotec-Abfallbehandlungsanlage. In einem Interview mit der Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung sagt Biotec-Geschäftsführer Jörg Schmidt, dass der Verdacht der Bodenverseuchung im Wohngebiet, verursacht durch sein Unternehmen, unbegründet sei. Der Umwelthilfe wirft er vor, die Proben veranlasst und die Ergebnisse unseriös verbreitet zu haben. „Auch eine solche Institution muss sich an die Vorschriften halten“, so Schmidt. In Pohritzsch gehen die Meinungen über die Firma Biotec auseinander. Einige sind froh, dass es sie gibt, andere wollen sie aus dem Ort vertreiben.

Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, Titelseite, 24.02.2009


Die Biotec Verfahrenstechnik produziert aus Stäuben und Schlacke aus der Müllverbrennung sogenannte Deponie-Ersatz-Baustoffe. Damit werden unter anderem Deponien profiliert, um natürliche Ressourcen zu sparen. Das Pohritzscher Werk steht in Nachbarschaft einer Eigenheimsiedlung.

Foto: Manfred Lüttich

Die wollen uns plattmachen

Geschäftsführer der Biotec Verfahrenstechnik äußert sich zu Vorwürfen der Deutschen Umwelthilfe

Pohritzsch. Hochgiftiges Cadmium und Blei sind bei einer Bodenanalyse in einem Wohn- und Gewerbegebiet in der Nähe der Abfallbehandlungsanlage Biotec Verfahrenstechnik in Pohritzsch gefunden worden (wir berichteten). Die Werte seien hoch, Gesundheitsgefahren für die Anwohner könnten nicht ausgeschlossen werden, teilte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) mit. Die Kreiszeitung sprach dazu gestern mit Jörg Schmidt, dem Geschäftsführer der Abfallbehandlungsanlage.

Frage: Laut DUH wird der Grenzwert für Cadmium um das Elffache überschritten, der Grenzwert für Blei um das Sechsfache. Wie interpretieren Sie diese Angaben?

Jörg Schmidt: Ich kann diese Messergebnisse nicht nachvollziehen. Wenn ich wüsste, woher die Proben sind, könnte ich es vielleicht. Eine Detektei hat die Bodenproben im Auftrag der DUH entnommen. Für wie verlässlich halten sie die Angaben?

Es ist eigentlich üblich, dass bekannt gegeben wird, wo und wann die Proben entnommen wurden. Dazu ist keine Bemerkung zu lesen. Ich habe mich darum an die DUH gewandt, um Informationen zu bekommen. Ich erwarte diese Informationen und auch Rückstellproben.

Was wollen Sie daraus entnehmen?

Ich kann danach sagen, woher die merkwürdigen Proben kommen.

Wie erklären Sie sich diese Anschuldigungen?

Die wollen uns platt machen. Das haben mir die DUH und der Verein Sauberes Delitzsch Land so gesagt. Erst haben sie es mit dem Verkehr versucht, dann mit Lärm. In beiden Fällen haben wir in Abstimmung mit dem Landratsamt und der Gemeinde sofort Untersuchungen angeordnet. Wir konnten sehr schnell nachweisen, dass wir gegen keine Auflagen verstoßen. Außerdem haben auch die Umweltbehörden sofort reagiert und kontrolliert.

Womit beschäftigt sich Ihr Unternehmen?

Wir sind 60 Mitarbeiter und betreiben eine Abfallbehandlungsanlage, die nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigt ist. Wir unterliegen damit sehr strengen Auflagen. Dass die seit 2000 betriebene Anlage zur Produktion hochwertiger Glasfasern mit Erfahrungswerten der Abfallbehandlung entwickelt wurde, zeigt, dass wir versuchen, aus Rückständen Werterzeugnisse zu produzieren. Wir verfügen über geschlossene Systeme, die mehrmals stündlich überwacht werden.

Ist eine Verseuchung des Bodens theoretisch möglich?

Nein. Die Anlage steht auf 25 Zentimetern Beton, dann folgen eine Folieabdichtung, Sand und wieder Beton. Unser Entwässerungssystem nimmt auch das Oberflächenwasser auf und führt es ebenfalls einer Behandlung zu. Das alles nimmt der Tüv ab, das ist zertifiziert und beurkundet.

Ist die Abfallbehandlung rückstandsfrei?

Ja. Das ist sicherlich selten, aber es ist möglich, was wir vom Kunden erhalten wird zu 100 Prozent verarbeitet. Wir verarbeiten Stäube und Schlacken, mit Müll beschäftigen wir uns nicht.

Verstaubte Luft ist auch ein Kritikpunkt?

Wir erhalten die Stäube ausschließlich in geschlossenen Systemen, da dringt nichts nach außen. Dennoch wird auch die Luft ständig überwacht, bisher ohne Beanstandungen. Auch das Obst vom benachbarten Obsthof wird streng kontrolliert. Auch ohne Auffälligkeiten.

Wie funktioniert Ihr Kontrollsystem?

Geruch, Lärm, Staub und Boden werden permanent untersucht. Das erledigen Gutachter, die das dürfen und können. Unsere Mitarbeiter werden jährlich arbeitsmedizinisch untersucht, ebenfalls ohne jegliche Auffälligkeiten.

Die DUH warnt vor dem Verzehr von Obst aus Pohritzscher Gärten.

Damit soll das Ziel erreicht werden, dass die Anlage geschlossen wird. Das werde ich nicht zulassen. Seit 15 Jahren behaupten wir uns als mittelständisches Unternehmen auf dem Markt, das spricht für uns. Uns würde niemand Abfälle übergeben, wenn wir damit fahrlässig umgehen würden. Hier verläuft alles gesetzeskonform.

Wie stellt sich der angesprochene Bürgerprotest aus Ihrer Sicht dar? Wie oft kommen die Bürger auf Sie zu, um den Dialog zu suchen?

Hier leben ungefähr 400 Einwohner. Vier, fünf Familien wollen uns nicht. Damit kann und muss ich leben. Die Ergebnisse unserer Kontrollen sagen eindeutig aus, dass wir gegen keine Auflagen verstoßen. Bei mir war noch niemand, um das Gespräch zu suchen.

Wie gehen Sie mit den Vorwürfen um?

Ich habe mich sofort mit der DUH in Verbindung gesetzt und bisher ausschließlich merkwürdige und unkonkrete Antworten erhalten. Die DUH hat die Proben veranlasst und Ergebnisse unseriös verbreitet. Wenn die Bodenschutzverordnung bemüht wird, muss sich auch diese Institution an Vorschriften halten.

Das hat die DUH aus Ihrer Sicht nicht getan, wie gehen Sie damit um?

Ich habe mich bereits mit unserem Rechtsanwalt besprochen. Er ist beauftragt, mit einem Schreiben, das heute rausgeht, eine Stellungnahme der Deutschen Umwelthilfe einzufordern. Mit einem eingeschränkten Zeitrahmen. Wir erwarten bis Freitag eine Antwort. Wenn uns bis Freitag nichts vorliegt, werden wir weitere rechtliche Schritte einleiten.

Interview: Frank Pfütze

Jörg Schmidt zeigt auf die Gläser, welche Niederschläge auffangen. Die werden auf Staubbelastungen untersucht. Das Wasser sei so sauber, dass er es trinken würde, sagt der Biotec-Geschäftsführer.

Foto: Frank Pfütze

Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburg - LOKALES, Seite 15, 24.02.2009

Firma wehrt sich gegen Vorwürfe

Die S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik wehrt sich gegen Vorwürfe, welche die Deutschen Umwelthilfe veröffentlichte. „Kein verseuchter Boden durch Abfallbehandlungsanlage in Pohritzsch“, überschreibt das Unternehmen eine gestern veröffentlichte Pressemitteilung. Der Verdacht der Bodenverseuchung im Wohngebiet Pohritzsch, verursacht durch den Anlagenbetrieb der S.D.R. Biotec, ist unbegründet, heißt es darin. Die durch das Unternehmen veranlasste gutachterliche Bodenuntersuchung im Umfeld der Abfallbehandlungsanlage im Jahr 2008 belegt die Einhaltung der gesetzlich festgelegten Grenzwerte. Die Bodenschutzverordnung fordert für Wohngebiete die Einhaltung der Bodenwerte in den Parametern Blei 400 mg/kg und Cadmium 20 mg/kg. Die durchgeführten Bodenuntersuchungen weisen deutlich niedrigere Werte für Blei mit weniger als 100 mg/kg und für Cadmium mit weniger als 5 mg/kg nach. Die vom Anlagenbetrieb ausgehende Staubbelastung ist unkritisch. Die S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik führe vorsorglich zum Schutz der Umwelt, der Menschen einschließlich ihrer Mitarbeiter, ohne behördliche Aufforderung, regelmäßige Kontrollen der von der Anlage ausgehenden Luft-, Geruchs- und Lärmemissionen sowie Bodenuntersuchungen im Umfeld der Anlage durch. Aus keinen der vorliegenden Untersuchungsergebnissen zu den einzelnen Umweltparametern konnten in der Vergangenheit problematische Werte festgestellt werden. Nähere Informationen zum Unternehmen können der Internetseite www.sdrbiotec.de entnommen werden.

@f.pfuetze@lvz.de

Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburg - LOKALES, Seite 15, 24.02.2009


Vorwürfe gegen Firma Biotec spalten ein Dorf

Pohritzscher äußern sich zu Umweltschäden

Pohritzsch. Giftstoffe im Bodenproben aus Pohritzsch gefunden. Diese Nachricht, die am Wochenende überregional in den Medien verbreitet wurde, schlug bei Umweltschützern, dem Unternehmen Biotec, von denen die giftigen Stoffe stammen sollen, und den zuständigen Behörden ein wie eine Bombe. Im Neukyhnaer Ortsteil Pohritzsch selbst herrschen zu den Enthüllungen unterschiedliche Auffassungen, das ergab gestern eine Umfrage der Kreiszeitung.

Nichts deutetete gestern auf einen Umweltskandal in Pohritzsch hin. An diesem nasskalten Vormittag ist kaum eine Menschenseele in dem kleinen Dorf zu finden. Nur die Präsenz von Kamerateams, die durch den 422 Einwohner zählenden Ort patroullieren, lässt ahnen, dass Gewichtiges im Gange scheint. Vor dem Gelände der Firma Biotec warten Tankfahrzeuge auf Einlass, um ihre schadstoffbelastete Ladung loszuwerden. Ein Biotec-Mitarbeiter sorgt dafür, dass keine ungebetenen Gäste in die Aufbereitungsanlage gelangen.

Gespräche mit Pohritzscher Bürgern offenbaren schnell eine Tendenz. Eine Fraktion kann gut mit dem Betrieb leben, der anderen ist er mehr oder weniger ein Dorn im Auge. Vor allem die Häuslebauer im Wohngebiet Am Galgenberg sehen sich von diesem Unternehmen belästigt. Seit Jahren kämpfen sie gegen Lärm- und Staubbelästigung und die am Wohngebiet vorbeifahrenden Lkw, die Biotec beliefern. Die Fronten sind verhärtet, was sich jüngst beim Anhörungstermin, bei dem es um die Produktionserweiterung von Biotec ging, deutlich widergespiegelt hat (wir berichteten).

Steffen Greiser wohnt mit seiner Familie bereits seit kurz nach der Wende Am Galgenberg. „Zuerst haben wir uns wenig damit beschäftigt, was Biotec macht“, erzählt er. In den vergangenen Jahren sei dann zunehmend deutlich geworden, dass der Schwerlastverkehr durch die Ortschaft zunehme. Daraufhin hätten sich Anwohner schlau gemacht. „Das Ergebnis ist, dass wir nun wissen, dass Biotec mit hochgiftigen Stoffen zu tun“, so der 43-Jährige. Eine Nachbarin hätte dann bei den zuständigen Behörden Bodenproben eingefordert. „Hätten wir das vorher gewusst, wären wir sicherlich nicht hierher gezogen. Sollten sich die Enthüllungen bestätigen, verlieren unsere Grundstücke an Wert und wir sind gesundheitlich gefährdet. Das darf nicht sein. Deshalb gebe es nur zwei Alternativen: Entweder Biotec legt die ganze Sache auf Eis oder das Unternehmen verschwindet von hier“, so der Pohritzscher.

Sein Nachbar Michael Rudolph aus Brehna ist seit 2008 dabei im Birkenhain ein Eigenheim zu errichten. Die Enthüllungen haben ihn überrascht. „Wenn eine Firma wie Biotec wachsen möchte, was im Interesse der Schaffung von Arbeitskräften auch richtig ist, dürfe sie nicht in der Nähe eines Wohngebietes stehen. Mit der Produktionserweiterung befürchtet ich vordergründig mehr Lärm. Das beste wäre, Biotec würde in ein Industriegebiet umziehen“, sagt der 40-Jährige.

Landwirt Wolfgang Wehling lebt seit 25 Jahren in Pohritzsch und sein Unternehmen produziert seit 17 Jahren auf den dortigen Plantagen Obst. „Ich bin von dem sogenannten Umweltskandal der zurzeit einzig richtig Betroffene, denn unsere Erzeugergemeinschaft hat den Verkauf unserer Äpfel gestoppt. Sie werden in einem Labor auf Schadstoffe untersucht“, erzählt er verärgert, denn das bedeute Einbüßen, deshalb fordert er von den Behörden schnell Klarheit. Dass mit seinen Äpfeln etwas nicht stimmen könnte, glaubt er aber nicht. Denn als Landwirt müsse er selbst regelmäßig Bodenproben einreichen. Auch sein Obst würde, wie gesetzlich gefordert, auf Rückstände überprüft. „Und bisher wurde nie etwas festgestellt. Auch bei den Beprobungen durch die Lebensmittelüberwachung nicht“, so der Inhaber der Obsthof Pohritzsch GbR. Er vermutet vielmehr eine gezielte Kampagne gegen die Firma Biotec seitens einiger Neu-Pohritzscher, die die Schließung des Betriebes verfolgen. „Aber wir brauchen die Biotec-Arbeitsplätze“, so der 58-Jährige.

Hans Gabriel hat von dem Ganzen noch nichts gehört. „Ich kann mich nicht über Biotec beschweren. Vom Lkw-Verkehr bekomme ich im Dorfring nichts mit. Ob es Umweltschäden gibt, dass kann ich nicht beurteilen. Wir sollten froh sein, einen Betrieb zu haben, der Menschen hier Arbeit gibt. Über die Neu-Pohritzscher äußere ich mich nicht“, sagt er.

Thomas Steingen

Leipziger Volkszeitung, Delitzsch und Umgebung, Seite 17, 24.02.2009


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