Kreiswerke stellen StrafanzeigeGeschäftsführer Heinz Böhmer spricht im Kreiszeitungsinterview von Verleumdung und FalschaussageKreisgebiet. Die Kreiswerke Delitzsch (KWD) stehen in der Kritik, werden unter anderem in einem anonymen Brief angegriffen und beschuldigt. Geschäftsführer Heinz Böhmer, Betriebsratschef Gerd Reiche und Vize-Landrat Ulrich Fiedler (SPD) sprachen mit der Kreiszeitung über Tariflöhne, Sonderzahlungen, die wirtschaftliche Situation und die Stimmung im Unternehmen. INTERVIEWFrage: Die Kreiswerke Delitzsch sollen seit Januar vereinbarte Tariflöhne nicht mehr bezahlen. Stimmt das? Heinz Böhmer: Da im Dezember 2007 kein Beschäftigungssicherungsvertrag zustande gekommen ist, wurden seit Anfang 2008 Einzelverträge mit den Mitarbeitern abgeschlossen und nach diesen Vereinbarungen die Löhne und Gehälter bezahlt. Seit 2002 soll es mehrere sogenannte Beschäftigungssicherungsverträge geben. Die Mitarbeiter fordern nun bis zu 15 Prozent mehr Lohn, auf die sie seit 2002 zur Rettung des Unternehmens verzichten. Werden die KWD zahlen? Böhmer: Seit 2002 hat die Kreiswerke Delitzsch GmbH mit Verdi Beschäftigungssicherungsverträge abgeschlossen. Der erste galt für die Jahre 2003 bis 2005 und der zweite für die Jahre 2006 und 2007. Im vergangenen Jahr hatte die Differenz zwischen Tariflohn nach Flächentarifvertrag zwischen dem Bundesverband der deutschen Entsorgungswirtschaft, Verdi und den KWD den maximal zulässigen Prozentsatz in Höhe von 15 Prozent erreicht. Da die KWD diese Differenz, zirka eine Million Euro, nicht sofort ab 2008 hätten zahlen können, wurde Verdi schon im April 2007 aufgefordert, mit uns über die Weiterführung des Vertrages für 2008 und 2009 zu verhandeln. Mit welchem Ergebnis? Böhmer: Erst Anfang Dezember kam es zu Gesprächen mit Verdi. Die Gewerkschaft erklärte jedoch, dass sie kein Verhandlungsmandat habe und, dass der BDE den Flächentarif zum 31. Dezember gekündigt hat. Damit bestand eigentlich keine Basis für den Abschluss eines Beschäftigungssicherungsvertrages. Es stimmt nicht, dass die Mitarbeiter 15 Prozent mehr Lohn gefordert haben. Den Mitarbeitern wurden dann Einzelverträge mit den derzeitigen Verdiensten angeboten. Diese sind von 75 Prozent der Belegschaft angenommen. Die Kreiswerker sollen den Beschäftigungssicherungsvertrag abgelehnt haben. Was bedeutet das? Böhmer: Der Beschäftigungssicherungsvertrag wird nicht von Beschäftigten oder Betriebsrat unterzeichnet. Den unterschreiben die Vertragspartner, die Gesellschaft und Verdi. Die Gewerkschaft hat am 4. Dezember in einer Versammlung von den Verdi-Mitgliedern des Betriebes kein Verhandlungsmandat bekommen, einen Beschäftigungssicherungsvertrag abzuschließen. An dieser Versammlung haben zirka 20 Mitarbeiter von der Gesamtbelegschaft teilgenommen. Die Beschäftigten sollen die Nase voll haben und die Chemie zwischen Ihnen und der Geschäftsführung soll nicht mehr stimmen. Böhmer: Die Geschäftsführung trifft sich regelmäßig mit dem Betriebsrat und führt Belegschaftsversammlungen durch, um die Mitarbeiter über die Entwicklung des Unternehmens zu informieren. Ich kann nicht bestätigen, dass die Mitarbeiter die Nase voll haben oder dass die Chemie nicht stimmt. Die Stimmung ist aus meiner Sicht gut. Gerd Reiche: Ich habe vereinzelt auch Anfeindungen erlebt. Das spiegelt aber nicht die Stimme und Meinung der gesamten Belegschaft wider. In unseren regelmäßigen Versammlungen und Sprechzeiten des Betriebsrates gab es bisher keinen Mitarbeiter, der dort seinen Mund aufgemacht und sich beschwert hat. Ich kann keine schlechte Stimmung bestätigen. Ich glaube, es ist normal, dass es Probleme und Meinungsverschiedenheiten gibt. Dass jeder der Beschäftigten seine 15 Prozent als Verlust ansieht, auch. Aber das ist nicht mehr zu ändern. Das ist mit Verdi so vereinbart. Von den 20 Unterzeichnern sind inzwischen die ersten aus der Gewerkschaft ausgetreten. Also können unsere Arbeitsverträge nicht so schlecht sein. Darin kommt nichts anderes zum Ausdruck als das, was vorher für die Gesamtbelegschaft festgeschrieben wurde. Es gibt sogar Veränderungen in der Lohnhöhe, weil die Geschäftsführung gleiches Geld für gleiche Arbeit zahlen will. Verdi kritisiert, dass seit 2003 von 200 Beschäftigten der KWD über die Hälfte nicht korrekt eingruppiert sind und unterbezahlt werden. Böhmer: Wo diese Information aus dem Jahr 2003 herkommt, ist der Geschäftsführung nicht bekannt, da es auch eine vertrauliche Information aus dem Personalbereich ist. Aus den Erkenntnissen der neuen Eingruppierungsübersicht des Jahres 2007 geht hervor, dass Mitarbeiter sowohl überbezahlt als auch unterbezahlt wurden. Diese Ungerechtigkeiten wurden mit dem Betriebsrat besprochen und in den neuen Anstellungsverträgen ausgeglichen. Den Mitarbeitern sollen Arbeitsverträge aufgedrängt werden, die sie schlechter stellen als bisher. Und das, obwohl sie gültige haben. Warum? Böhmer: Es gab Fälle, in denen Mitarbeiter schon seit Jahren falsch eingestuft waren und diese verdienen nun weniger. In Fällen, in denen die Differenz gravierend war, wurde den Mitarbeitern ein Stufenplan der Anpassung über mehrere Jahre angeboten.
Die Belegschaft stellt in Frage, dass die KWD auf soliden wirtschaftlichen Füßen stehen. Wie stabil steht das Unternehmen im Markt? Böhmer: Es ist nicht die Belegschaft, sondern es sind die Verfasser eines anonymen Schreibens. Die Kreiswerke haben 2007 schwarze Zahlen geschrieben und der Wirtschaftsplan weist auch für 2008 ein positives Ergebnis aus. Wir haben seit August 2006 die gesamte Menge heizwertreicher Fraktionen aus Cröbern abgenommen und die Verträge vollumfänglich erfüllt. In der Ersatzbrennstoffherstellung sind wir am Markt führend. Wir haben 2007 insgesamt 132.000 Tonnen Ersatzbrennstoffe produziert, 150.000 Tonnen vermarktet und damit in Deutschland ein Rekordergebnis erzielt.
Mitarbeiter, die der Geschäftsführung ein Dorn im Auge sind, sollen gekündigt worden sein. Von Mobbing und Rausekeln wird in der Pressemitteilung geschrieben. Was können Sie dazu und zu Mitarbeiterzahlen sagen? Böhmer: Wir haben in der Unternehmensgruppe 220 Mitarbeiter beschäftigt. Fünf Mitarbeiter sind auf Basis eines Interessenausgleichs und Sozialplans betriebsbedingt gekündigt worden. Die Anlage in Radefeld wurde von Dreischicht- auf Einschicht-Betrieb runtergefahren. Weitere drei Mitarbeiter wurden entlassen, weil die Stellen weggefallen sind oder aus personenbedingten Gründen. Verdi kritisiert die neuen Arbeitsverträge und fordert 720 Euro Einmalzahlungen. Böhmer: Das betrifft eine Sonderzahlung aus dem vergangenen Jahr. Im Beschäftigungssicherungsvertrag, der bis Dezember 2007 gültig war, war vereinbart, dass die KWD keine Sonderzahlungen leisten müssen. Wir haben jedoch im Januar freiwillig 100 Euro gezahlt und wollen sehen, wie es nach dem Winter aussieht, ob es aus betriebswirtschaftlicher Sicht möglich ist, weitere Zahlungen zu leisten. In Spröda soll das Regierungspräsidium die Räumung von Ballen verfügt haben und die Deutsche Umwelthilfe fordert Akteneinsicht bei Sachsens Umweltminister Roland Wöller (CDU), heißt es in einem Nachrichtenmagazin. Heinz Böhmer: Im Spiegelartikel sind zwei Falschaussagen drin. Die erste betrifft die Menge. Wir haben in Spitzenzeiten bis zu 52.000 Tonnen und nicht 79.000 Tonnen gelagert. Zweite Falschaussage ist, dass Ballen aufplatzen wegen Gasbildung. Es kann passieren, dass Ballen von Geräten beim Ausbauen von der Ballenklammer beschädigt werden. Wir kontrollieren regelmäßig in Spröda. Ulrich Fiedler: Auch wir als Landratsamt sind seit längerer Zeit zweimal wöchentlich in Spröda und kontrollieren. Ich kann bestätigen, dass dort kein loses Material rumliegt. Dort wird täglich aufgeräumt. Die Kreiswerke werden massiv angegriffen. Was wollen Sie tun, um das Unternehmen zu schützen? Böhmer: Wir haben Strafanzeige wegen Falschaussage und Verleumdung gegen Unbekannt bei der Polizei gestellt. Sollten betriebsinterne Angelegenheiten von Mitarbeitern weitergegeben werden, führt das zur fristlosen Kündigung. Ansonsten werden wir uns auf unser Tagesgeschäft konzentrieren und vernünftig weiterarbeiten. Am Dienstagabend gab es eine Aufsichtsratssitzung. Mit welchen Ergebnissen? Fiedler: Am Dienstag fand die vierteljährliche Sitzung statt, in der die Aufsichtsräte von der Geschäftsführung über die Lage des Unternehmens informiert wurden. Zur Weiterentwicklung des operativen Geschäftes wurde der Abschluss von verschiedenen Liefer- und Leistungsverträgen und Investitionen in mobile Technik genehmigt. Weiterhin wurden der Geschäftsführervertrag mit Herrn Böhmer um drei Jahre verlängert, der präzisierte Wirtschaftsplan für 2008 genehmigt und die Sanierung der alten Altsalzdeponie Spröda im Jahr 2008 beschlossen.
Kreiswerke-Geschäftsführer Heinz Böhmer, Beriebsratsvorsitzender Gerd Reiche, LVZ Redakteur Frank Pfütze und Vize-Landrat Ulrich Fiedler Interview: Frank Pfütze Leipziger Volkszeitung, Delitzsch, LOKALES, Seite 17, 05./06.04.2008 |