KündigungsstreitMörtl-Prozess – Richter mahnt ReiterLeipzig (dom). Lutz Mörtl contra Technische Werke Delitzsch (TWD) und Stadtwerke Delitzsch (SWD) – am Donnerstag ging’s vor der 5. Kammer für Handelssachen am Landgericht Leipzig sechs Stunden lang zur Sache. Der Vorsitzende Richter Hans-Joachim Zügler konnte mal wieder nicht umhin, über die Delitzscher Verhältnisse und die Flut von ursprünglichen und nachgeschobenen Kündigungsgründen beim Rauswurf von Ex-Mehrfach-Geschäftsführer Mörtl demonstrativ den Kopf zu schütteln und die eine oder andere Verbal-Spitze in Richtung Lober abzuschießen. Besonders zu spüren bekam dies am Ende der umfangreichen Beweisaufnahme die letzte von sechs Zeugen. Die Vorsitzende der SWD-Geschäftsführung, Hedwig Reiter, wurde vom Vorsitzenden der Kammer regelrecht aufs Korn genommen. Als die 60-Jährige über die bisherige Holding-Struktur berichtete und darüber, dass sie als Chefin der Wohnungsgesellschaft Delitzsch (WGD) auch Geschäftsführerin der Stadtwerke ist/war, meinte Zügler zynisch: „Sie haben sich also selber kontrolliert. Unglaublich.“ Später, als Reiter bei der Beantwortung von Fragen über Inhalte von Aufsichtsratssitzungen vor dem, im und nach dem Rauswurf-Monat September 2005 sowie über den Grund der ersten fristlosen Kündigung vom 23. September besagten Jahres ins Schleudern geriet, platzte Zügler der Kragen: „Ich erinnere Sie an die Wahrheitspflicht, Frau Zeugin. Ich lass’ mich nicht belügen. Wir sind hier schließlich nicht im Stadtparlament von Delitzsch.“ Von der WGD-Geschäftsführerin, aber auch von anderen Geladenen wollte der Vorsitzende ganz genau erfahren, wie es zur Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses – Begründung für die erste Kündigung – zwischen den Gesellschaftern beziehungsweise Aufsichtsräten und dem Ex-TWD-/SWD-Chef kommen konnte. Zwei Mitarbeiter der Firma Eon Audit Services, jenem Unternehmen, dass drei Tage nach dem Ende der Ära Mörtl mit einer vierwöchigen Sonderprüfung bei insgesamt fünf Kommunalbetrieben respektive deren Beteiligungen begann, löcherte der Richter in ähnlicher Weise wie Reiter. Sie mussten beispielsweise darlegen, ob sie bei einer Sonderaufsichtsratssitzung am 15. November 2005 Zwischenergebnisse des Prüfberichtes schon als endgültige Tatsache oder als Verdacht verkauft hätten. Audit-Geschäftsführer Erich Wamsler zu Mörtls berühmter Bärenjagd im Sommer 2004: „Dass die Reise nach Russland privaten Zwecken diente, haben wir damals als These in den Raum gestellt.“ Insgesamt seien 20 Prüfungspunkte kurz angetippt worden. Aus diesem Repertoire hatten sich die Stadt und ihre Betriebe später „bedient“ und entsprechende Kündigungsgründe nachgeschoben. Zügler ist inzwischen des Verhandelns müde. Für den 4. Januar 2008 stellte er eine Entscheidung in Aussicht. Es sei denn, die Streitparteien einigen sich vorab – was der Richter ihnen dringend empfahl. Leipziger Volkszeitung, Delitzsch, LOKALES, Seite 19, 10/11.11.2007 |