Klamme Polit-JugendNach Problemen beim Dachverband: Sachsens Parteien-Nachwuchs muss 76.000 Euro nachzahlenVon JÜRGEN KOCHINKE
Dresden. Als vor rund einem Monat Meldungen über ungedeckte Luxus-Tagungen der Jungen Union (JU) in Sachsen die Runde machten, ging es noch um eine Summe von 38.000 Euro. Der CDU-Nachwuchs hatte 2006 für die Teilnehmer einer Konferenz Zimmer in einem Leipziger Vier-Sterne-Hotel gebucht – und schlicht die Rechnung nicht bezahlt. Für Sachsens JU-Chef Christian Piwarz war bereits dies peinlich genug, doch die Lage ist weitaus ernster. Nicht nur die JU muss 38.000 Euro nachzahlen, auch die Polit-Jugend von SPD, FDP, Linken und Grünen ist betroffen. Insgesamt geht es um offene Rechnungen in Höhe von 76.000 Euro. Auslöser für das Finanzdesaster ist der Ring politischer Jugend (RpJ). Das ist ein deutschlandweiter Dachverband politischer Jugendverbände, der in Sachsen im vergangenen Jahr zum ersten Mal Fördermittel erhalten sollte. Und genau hier fangen die Probleme an. Denn der mittlerweile zurückgetretene RpJ-Chef Christian Heinrich hatte zwar jene 76.000 Euro beim CDU-geführten Sozialministerium im Namen der verschiedenen Jugendorganisationen beantragt – dabei aber versäumt, belastbare Unterlagen einzureichen. So nahm das Polit-Drama seinen Lauf. Vier Mal sei der gemeinnützige Verein angemahnt worden, die fehlenden Papiere vorzulegen, lautet die Auskunft aus dem Sozialressort, „ohne Reaktion“. Anfang des Jahres zog dann das Landesjugendamt die Notbremse: Wegen fehlender Verwendungsnachweise verweigerte die Behörde die Auszahlung der Steuergelder, der RpJ saß auf dem Trockenen. Das Problem daran war allerdings, dass die versammelte Polit-Jugend – von JU über Jusos, Julia, Grüner Jugend bis zur Jungen Linken – das Geld 2006 längst ausgegeben hatte. Entsprechend hängt jetzt der Haussegen quer durch die politischen Lager schief. „Die Ausfälle müssen über die Parteien finanziert werden“, sagt Marco Krüger von der Grünen Liga, schließlich müssten die Schulden bezahlt werden. Antje Hermenau, die Fraktionschefin der Grünen, hat mittlerweile zwei parlamentarische Anfragen zum Thema beim zuständigen Sozialressort eingereicht. Dabei sind die Betroffenen vor allem sauer auf Heinrich. „Er hat den Vorstand nicht informiert und uns getäuscht“, sagt der FDP-Landtagsabgeordnete Torsten Herbst, der beim RpJ Schatzmeister ist. Und sein SPD-Pendant Martin Dulig, der nach Heinrichs Abgang als amtierender RpJ-Chef firmiert, schließt gar „juristische Schritte“ nicht aus. Den Jusos drohen wegen des Finanz-Desasters Nachzahlungen in Höhe von rund 10.000 Euro. Der Unmut trifft vor allem die CDU-Jugend. Denn Heinrich war nicht nur RpJ-Chef, sondern jahrelang auch Landesgeschäftsführer bei der Jungen Union. Das lastet auf Piwarz. „Die Geschichte ist mehr als unschön“, sagt der JU-Chef und verweist auf Konsequenzen. Vor eineinhalb Wochen hätten die JU-Kreischefs Heinrich „mehrheitlich das Vertrauen entzogen“, seitdem habe er, Piwarz, vorübergehend die Geschäfte übernommen. Der Flurschaden ist dennoch erheblich. Der RpJ habe eine „wichtige Aufgabe im Bereich politische Bildung“ zu erfüllen, sagt ein Polit-Aktivist. 2006 habe nun erstmals die Chance bestanden, dass der Verein dafür öffentliche Gelder erhält – was „an eigenem Unvermögen“ gescheitert sei. „Das ist, als wenn man während einer Geburt eine Abtreibung einleitet.“ Leipziger Volkszeitung, Seite 5, 03.08.2007 |