Sachsen ermittelt in Affäre weiter alleinDresden (S. H./J. K./dpa). Generalbundesanwältin Monika Harms will sich auch weiterhin nicht in die sächsische Korruptionsaffäre einmischen. Karlsruhe sehe auch nach Durchsicht weiterer Unterlagen keinen Anlass für ein Einschreiten ihrer Behörde, sagte Sachsens Justizminister Geert Mackenroth (CDU) gestern in Dresden. „Anlass zur Entwarnung ist dies allerdings durchaus nicht. Das bedeutet lediglich, dass unsere sächsischen Strafverfolger ihre Arbeit weiterhin in eigener Zuständigkeit erledigen.“ Mackenroth und Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) erklärten, dass sie keine Defizite in der Aufklärungsarbeit sehen. Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, Titelseite, 16./17.06.2007 Abgestimmte TonlageKorruptionsaffäre: Minister Mackenroth und Buttolo weisen Vorwürfe zurück / Kritik der OppositionVon SVEN HEITKAMP und JÜRGEN KOCHINKEDresden. So viel gegenseitiges Zuvorkommen ist schon selten in der Politik: „Lieber Geert“ verwies der eine Minister auf seinen Kabinettskollegen zur Rechten und duzte ihn vor laufenden Kameras. Der so öffentlich Verwöhnte wiederum revanchierte sich prompt mit einem ganz speziellen Lob: „Wenn Sie mal einen Chefaufklärer brauchen, der sitzt hier neben mir.“ Diejenigen, so sich gestern Vormittag so offen herzten, waren die beiden Sicherheitsminister im Kabinett Georg Milbradt. Geert Mackenroth heißt der eine und ist zuständig für Justiz, der andere war Albrecht Buttolo (alle CDU), seines Zeichens Ressortchef im Innenbereich. Ort des Auftritts im Doppelpack war die Staatskanzlei in Dresden – eine denkwürdige Veranstaltung. Was die Minister bewegte, ist seit Tagen bekannt. Buttolo und Mackenroth, heißt es links wie rechts der Elbe, haben nicht gerade das beste Verhältnis. Und so gab es immer wieder Reibereien zwischen den beiden, vor allem beim Krisenmanagement in der Korruptionsaffäre. Gestern nun sollte Schluss sein damit, und die Botschaft lautete: Aufklären statt vertuschen – das aber bitte gemeinsam. „Wenn wir an Vertuschungen interessiert wären, hätten wir im Schatten des Bannfluches des Datenschützers die ganze Sache unter den Tisch fallen lassen können“, sagte Buttolo. „Doch wir klären auf, wo wir hätten schreddern können.“ Ursprünglich hatte Sachsens Datenschutzbeauftragter Andreas Schurig die Ermittlungsergebnisse des Verfassungsschutzes, auf denen die Affäre fußt, als rechtswidrig gegeißelt und für Vernichtung plädiert. Buttolo aber hatte sich über die Rüge hinweggesetzt. Mittlerweile werden die Akten vom Verfassungsschutz aufbereitet und an die Staatsanwaltschaft übergeben. Darin geht es um Amtsmissbrauch, Immobiliendeals und Kinderprostitution – und um die Verwicklung von Politik, Polizei und Justiz. Der Innenminister und sein Vorgänger, der heutige Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU), werden beschuldigt, die Ermittlungsbehörden und die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) zu spät über die Erkenntnisse des Geheimdienstes informiert zu haben. Buttolo bestritt dies erneut. Das Gros der Informationen sei erst kurz vor der Beanstandung durch den Datenschützer zusammengekommen. Dennoch musste Verfassungsschutzchef Rainer Stock am Dienstag gehen. „Es gibt immer Verbesserungsmöglichkeiten“, sagte Buttolo dazu. Dann kam der Auftritt von Mackenroth, und die Tonlage war ganz offensichtlich abgestimmt. Mangelnder Aufklärungswille der Ermittlungsbehörden, wie sie die Opposition behauptet, sei nicht vorhanden, meinte er. Im Gegenteil: „Schwarze Schafe“ würden ohne Mauscheleien verfolgt. „Es gibt keinen Sumpf im Freistaat, aber wo Feuchtgebiete erkennbar werden, werden sie untersucht.“ Auch im Streit zwischen Innen- und Justizressort über die Herausgabe der Akten herrsche jetzt Klarheit, so Mackenroth. Die Staatsanwaltschaft bekomme sämtliche Unterlagen, nur die Quellen würden zu deren Schutz geschwärzt. Die anderen Fraktionen reagierten auf die Demonstration der Gemeinsamkeit mit ätzender Kritik. Der Auftritt der beiden Minister „strotzt vor Schutzbehauptungen und dient nicht der Wahrheitsfindung“, meinte André Hahn (Linksfraktion), Mackenroth habe aus seiner wochenlangen Fehleinschätzung noch immer nichts gelernt. Die FDP nahm sich Buttolo vor. „Die Äußerungen beweisen höchstens, dass es keine funktionierende Dienstaufsicht des Innenministeriums über das Landesamt für Verfassungsschutz gab“, sagte Jürgen Martens. Und Johannes Lichdi von den Grünen meinte: „Die gegenseitige Beweihräucherung der Minister ist unerträglich“, mit Aufklärung habe das nichts zu tun. Kritik kam auch vom Datenschützer sowie vom Koalitionspartner SPD. Schurig widersprach Buttolo mit Vehemenz, und Stefan Brangs (SPD) sah in all dem schlicht einen untauglichen „Versuch, sich reinzuwaschen“. Leipziger Volkszeitung, Sachsen und Mitteldeutschland, Seite 4, 16./17.06.2007 »»» weitere Zeitungsartikel über die sächsische Korruptionsaffäre |