Akten-Affäre erreicht Rathaus in LeipzigDresden (J. K.). Die Korruptions-Affäre in Sachsen hat offenbar das Leipziger Rathaus erreicht. Nach Informationen der Leipziger Volkszeitung sind die Ermittler des Verfassungsschutzes neben kriminellen Netzwerken im Justitzbereich auch auf eine so genannte „Tafelrunde&lquo; in Leipzig gestoßen. Bei diesem regelmäßigen Stammtisch in einem italienischen Restaurant sollen rechtswidrige Absprachen zwischen Immobilienmanagern und ranghohen Vertretern der Stadtverwaltung getroffen worden sein. Darüber hinaus wurde bekannt, dass neben einem ehemakigen Politiker der Grünen auch ein hoher FDP-Politiker außerhalb von Leipzig in die Affäre verwickelt sein soll. Auch hier geht es offenbar um Verbindungen mit der Rotlichtszene. Weiterhin gibt es erste konkrete Vorwürfe gegen den ehemaligen Leitenden Oberstaatsanwalt von Leipzig, Norbert Röger. Dazu gehören die Verletzung von Dienstgeheimnissen sowie Strafveeitelung im Amt. Röger wollte sich gestern dazu nicht äußern. Darüber hinaus soll es weitere Hinweise auf Kindesmissbrauch geben, betroffen seien mehrere Staatsanwälte und ein Strafrichter. Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeiung, Titelseite, 02./03.06.2007 Leipziger TafelrundeNeues Material über kriminelle Netzwerke: Absprachen zwischen Immobilienmanagern und StadtbeamtenVon JÜRGEN KOCHINKEDresden. Bereits in der Vergangenheit ging es in der sächsischen Korruptions-Affäre um heikle Details mit bösartiger Note. Justitz- und Polizeibeamte sollen ebenso in kriminelle Netzwerke verwickelt sein wie hohe Politiker. Und immer stehen dabei Verbindungen zur Immobilienszene samt mafiosen Strukturen im Mittelpunkt – bis hin zu Kindesmissbrauch und Rotlichtszene. Konkrete Vorwürfe gegen einzelne Betroffene aber waren bisher Mangelware. Das Justitzresort von Minister Geert Mackenroth (CDU) teilte lediglich mit, es gebe Ermittlungen gegen den ehemaligen leitenden Oberstaatsanwalt von Leipzig, Norbert Röger. Gestern ging eine zweiter Stapel Akten der sächsischen Verfassungsschützer an die Staatsanwaltschaft, und nun lichtet sich das Dunkel. Die Recherchen der verdeckten Ermittler zum Wirken der Organisierten Kriminalität (OK) haben ganz offenbar eine Fülle hochbrisanter Details zu Tage gefördert, und nicht wenige sind in der Lage, das Vertrauen in den Rechtsstaat zu erschüttern. Dabei stehen vor allem Justitzbeamte aus Leipzig im Mittelpunkt (siehe „Hintergrund“). Merkwürdigkeiten waren in diesem Bereich schon im Vorfeld keine Seltenheit. Dunios war nicht zuletzt das Verfahren um das Attentat gegen den Leipziger Immobilienmanager Martin Klockzin. Mal wurden Drahtzieher zu lebenslager Haft verurteilt, mal faktisch freigesprochen. Und immer wieder tauchten plötzlich neue Akten auf. Das war im Fall Klockzin so, und es war im Jahr 2000 so. Dabei handelte es sich um einen Rockerprozess, es ging um Mord im Milieu bei Döbeln. In einem Hinterzimmer des Gerichts wurden sagenhafte 37 prozessrelevante Aktenordner entdeckt – wieder plötzlich. Doch nicht nur die Leipziger Justitz scheint in die Affäre verstrickt zu sein, es gibt auch Hinweise auf hohe politische Rathauskreise. Nach Informaionen dieser Zeitung sind die Ermittler des Verfassungsschutzes ebenfalls auf Netzwerke rund um eine so genannte „Tafelrunde&lquo; gestoßen. Diese soll sich regelmäßig in einem italienischen Restaurant in Leipzig getroffen haben, beteiligt daran waren Immobilienmanager sowie ranghohe Vertreter der Stadtverwaltung. Brisant dabei ist die These der Ermittler: Die illustre Runde habe Geschäftliches besprochen – und gesetzeswidrige Absprachen getroffen. Nachdem bereits vor zwei Wochen bekannt geworden war, dass eine ehemaliger Grüner Teil des Netzwerkes sein soll, hat die Affäre jetzt ganz offensichtlich auch Sachsens Liberale erreicht. Nach Informationen dieser Zeitung soll ebenfalls ein hoher FDP-Politiker verwickelt sein, und auch hier geht es offenbar um Verbandelungen mit der Rotlichtszene im Freistaat – allerdings nicht in Leipzig. Unterdessen hat sich der sächsische Richterverein zu Wort gemeldet. In der Affäre werde der Eindruck erweckt, die Justitz im Lande sein „korrupt, mit kriminellen Netzwerken verstrickt und unfähig, unabhängig zu ermitteln“, heißt es in der Mitteilung. Dieser Eindruck aber sei falsch. Den Verdacht von Verstrickungen oder gar kriminellen Handlungen einzelner Personen müsse nachgegangen werden, „ohne Ansehen der Person“. Doch auch Richter und Staatsanwälte hätten Anspruch darauf, so lange als unschuldig zu gelten, bis ihre Schuld bewiesen sei. Dabei sind weitere Deteils über die internen Unterlagen bekannt geworden. So gibt es neben dem Komplex „Abseits III“ mit Schwerpunkt Leipzig auch den Bereich „Arena“. Hier soll es sich um Ermittlungen in der Rotlichtszene in Hoyerswerda handeln. Hinzu kommen bereits bekannte Bereiche wie „Rocker“, die osteuropäische sowie die italienische OK. Dabei gibt es offenbar auch Hinweise auf ein Restaurant in Riesa. Politisch geht das Tauziehen um den Umgang mit dem brisanten Material in eine neue Runde. Am kommenden Dienstag wird sich der Landtag in einer Sondersitzung damit befassen, hinzu kommen weitere Forderungen nach einem Untersuchungsausschuss. Nach Überlegungen von SPD und Grünen ist nun auch die rechtswxtreme NPD auf das Thema gesprungen.
Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeiung, Seite 4, 02./03.06.2007 »»» weitere Zeitungsartikel über die sächsische Korruptionsaffäre |