Spezialeinheit untersucht Sachsens KorruptionsaffäreLinkspartei kritisiert Ermittlungen allein durch den FreistaatD r e s d e n (J. K./jr). Die Akten des Verfassungsschutzes zur Organisierten Kriminalität (OK) in Sachsen werden ein Fall für die Anti-Korruptionseinheit Ines. Die Sondertruppe werde „das kriminelle Netzwerk durchleuchten“, kündigte Generalstaatsanwalt Jörg Schwalm in Dresden an. Zuvor hatte die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) des Landtags dafür plädiert, auch die Generalbundesanwältin Monika Harms einzuschalten. Laut Schwalm soll die Staatsanwaltschaft Dresden die Ermittlungen leiten. Neben Ines solle ein im Kampf gegen die OK „besonders erfahrener Staatsanwalt die Aufklärungsarbeit unterstützen“. In die Affäre sind nach Informationen dieser Zeitung hohe Justizbeamte, Polizisten und Politiker verwickelt. Bei den Akten handelt es sich um rund 100 Ordner mit rund 15.600 Seiten. Nach Angaben von Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) müssen diese jetzt daraufhin kontrolliert werden, ob sie Rückschlüsse auf geheime Quellen des Verfassungsschutzes enthalten. Sachsens Justizminister Geert Mackenroth (CDU) will die Anti-Korruptionseinheit mit zusätzlichem Personal unterstützen. Gleichzeitig schloss er politische Konsequenzen aus der Affäre nicht aus. Nach dem Votum der PKK hatte Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) den Verfassungsschutz angewiesen, die Akten zur Verfügung zu stellen. Zudem sagte er eine Prüfung der Vorwürfe gegen den Verfassungsschutz durch sein Haus zu. Im Gegensatz zur Ankündigung von Schwalm forderte die Linksfraktion erneut, die Generalbundesanwältin einzuschalten. „Wir haben erhebliche Zweifel daran, dass die Ermittlungen allein durch sächsische Behörden sinnvoll sind“, sagte PKK-Mitglied André Hahn. Der OK-Experte und Buchautor Jürgen Roth hat nach eigenen Angaben Einblick in Teile der Verfassungsschutzakten erhalten. In einem Interview mit der LVZ sagte er, es gebe darin Hinweise, dass in Leipzig „noch bis vor kurzem Kinder der Prostitution zugeführt wurden von jenen Immobilienkaufleuten, die eng mit der Stadtverwaltung verbunden waren“. Staatsanwälte und Richter seien erpresst worden, weil sie „sexuell eher abartige Bedürfnisse befriedigen wollten“. Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeiung, Titelseite, 18.05.2007 „So was gibt´s sonst nur in schlechten Krimis“Korruptionsaffäre: Linksfraktion geht in Offensive / Vorwürfe gegen JustizVon JÜRGEN KOCHINKEDresden. Es war eine denkwürdige Szenerie in Dresden. Vor dem Landtag war ein TV-Übertragungswagen platziert, drinnen gaben sich Politiker, Mitarbeiter und Journalisten die Türklinke in die Hand. Grund für den Auflauf Mittwochmittag an der Elbe war das, was Sachsen seit Tagen bewegt: Die brisanten Akten zur Organisierten Kriminalität (OK) im Freistaat, gespickt mit bösen Details - von merkwürdigen Justizverfahren über Verstrickungen von Politik und Beamten bis hin zu Kinderprostitution und versuchtem Mord. Das Neue aber fand im vierten Stock des Landtags statt, in den Räumen der Linksfraktion. Dort hatten zwei Mitglieder der hochgeheimen Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) erstmals zur Pressekonferenz geladen, und der Raum war übervoll. Doch das, was André Hahn und Caren Lay dann sagen konnten, war weitgehend bekannt: dass der Verfassungsschutz brisante Ermittlungsergebnisse zurückgehalten und eben nicht an die Staatsanwaltschaft geleitet habe; dass die PKK nicht unverzüglich informiert worden sei; und dass die Linksfraktion die Kompetenzen des Geheimgremiums ausbauen wolle. Grund für die Zurückhaltung der beiden Fraktionäre sind die Regeln in der PKK. „Die Geheimhaltungsvorschriften gelten weiter“, sagte Hahn, „leider“. Und Lay meinte: Dass das Geheimgremium in einer Sondersitzung am Dienstagabend beschlossen habe, die Staatsanwaltschaft einzuschalten, sei „ein Akt der Emanzipation vom Innenministerium“ - immerhin. Gleichzeitig legte die Linksfraktion einen Gesetzentwurf vor, der genau dies regeln soll. Für harte Worte sorgte schließlich Klaus Bartl, der Rechtspolitiker der Linksfraktion. Denn bisher kursieren in Dresdner Zirkeln zwar intern rund ein Dutzend Namen, öffentlich genannt hat sie aber noch keiner. Bartl dagegen ging nun einen halben Schritt weiter und machte klar, wer in der Leipziger Justiz seiner Ansicht nach Teil des Netzwerks ist: ein ehemaliger Staatsanwalt - einer, „der erst in jüngster Zeit befördert wurde“. Für den Linksfraktionär ist das „ein Skandal“. So sei klar erkennbar, dass im Fall Martin Klockzin „Ermittler auf lokaler Ebene blockiert“ worden seien. Auf den Manager der Leipziger Wohnungsbaugesellschaft war geschossen wurden. Einmal erhielten Täter dafür lebenslänglich, einmal wurde das Verfahren eingestellt. Laut Bartl verweist das auf jenen Staatsanwalt. „Wie ist das denkbar?“, schimpfte er, „wie kann ein solcher Mann weiter im Amt sein?“ - und sogar mit einem neuen Job bedacht werden. Doch nicht nur die Justiz, auch der Verfassungsschutz gerät zunehmend unter Druck. Bereits am Dienstagabend hatten die fünf Mitglieder der PKK einstimmig personelle Konsequenzen gefordert. Und Mitglied Frank Kupfer (CDU) legte - ähnlich wie die Linksfraktion - nach. In ungewöhnlich scharfen Worten kritisierte er die mangelnde Information durch das Landesamt. Und ganz nebenbei bestätigte er die Brisanz der Akten. So etwas, meinte Kupfer, kenne er sonst „nur aus schlechten Krimis“. Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, Seite 4, 18.05.2007
Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeiung, Seite 4, 18.05.2007
Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, Seite 04, 18. Mai 2007 »»» weitere Zeitungsartikel über die sächsische Korruptionsaffäre |