Dalkia kauft Biomassekraftwerk

Europas Energiedienstleister Nummer eins rückwirkend zum 1. Januar 100-Prozent-Gesellschafter

Von Dominic Welters

Delitzsch. Die Dalkia GmbH aus dem hessischen Neu-Isenburg soll der Käufer des Biomassekraftwerks Delitzsch GmbH (BMKW) sein und die Gesellschafteranteile der bisherigen Eigentümer Technische Werke Delitzsch GmbH (TWD; 44,5 Prozent Anteile), Eon Thüringer Energie AG (30,4 Prozent) und Eon Energy Projects GmbH (25,1 Prozent) zu 100 Prozent übernehmen. Dies wurde am Freitag aus gut unterrichteten Kreisen bekannt. Eine offizielle Bestätigung seitens des Unternehmens, zunächst für gestern avisiert, wird am heutigen Sonnabend erwartet. Die Übernahme gilt offenbar rückwirkend zum 1. Januar 2007. Die 90 Prozent Anteile der BMKW GmbH am der Strom-Fabrik unmittelbar vorgeschalteten Holzkontor Sachsen werde Dalkia ebenfalls schultern, hieß es.

Die Suche nach einem Käufer hatte die renommierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG seit Frühjahr 2006 beschäftigt. Vor genau einem Monat stimmte der Delitzscher Stadtrat der Veräußerung der TWD-Anteile mehrheitlich zu. Über die Höhe des Kaufpreises wurde nichts bekannt. Die Anlage im Industrie- und Gewerbegebiet Delitzsch-Südwest hatte inklusive Holzkontor zirka 60 Millionen Euro gekostet. Am 1. Mai 2005 war der Ofen, in dem Althölzer der Kategorien I bis IV verbrannt werden dürfen, nach mehrmonatigem Probelauf offiziell ans Netz gegangen.

Delitzschs Oberbürgermeister Heinz Bieniek (CDU), Aufsichtsratsvorsitzender der Technischen Werke, mochte - wie Olaf Werner, Sprecher von Eon Thüringer Energie -, den Namen Dalkia weder bestätigen noch dementieren. Beide verwiesen am Freitagnachmittag auf die zu erwartende Pressemitteilung. Das CDU-Stadtoberhaupt zeigte sich jedoch grundsätzlich erleichtert darüber, „dass wir jetzt einen Käufer gefunden haben, der das BMKW ordnungsgemäß übernimmt und weiter betreibt“. Ein erhebliches Problem, warum sich das Werk letztlich als Ballast für die TWD erwiesen habe, „war die 100-prozentige Fremdfinanzierung“, sagte Bieniek. Tilgung und Zinsen hätten fortan eine finanzielle Belastung von etwa 1,4 Millionen Euro jährlich bedeutet. Dies sei nicht zu leisten gewesen. Einige Stadträte aus den Reihen von Linkspartei, Freier Wählergemeinschaft und SPD hatten zuletzt wiederholt unter anderem die nicht genutzte Abwärme, zu hohe Holzpreise und die Folgen der Streitigkeiten um aufgelöste Altholzlieferverträge als Gründe für den Notverkauf angeprangert. SPD-Stadtrat Jörg Bornack sprach gar von einem Schaden in Höhe von zehn Millionen Euro für Delitzsch - einschließlich des Wertverlustes der Anlage (wir berichteten). OBM Bieniek geht davon aus, dass die Beschäftigten „im Wesentlichen“ übernommen werden. Nach Auskunft von (Noch-)Geschäftsführer Michael Schmidt, im Hauptberuf Bereichsleiter bei der Eon Thüringer Energie AG, arbeiten bei der BMKW GmbH gegenwärtig 16 Angestellte. Bei der Holzkontor Sachsen GmbH stehen zwölf Mitarbeiter in Lohn und Brot.

Dalkia, die Energiesparte des weltweit operierenden französischen Umweltdienstleisters Veolia Environnement, bezeichnet sich auf seiner Internet-Homepage als „Partner für Energieeffizienz in Unternehmen der privaten Wirtschaft und der öffentlichen Hand“. Seit mehr als 75 Jahren habe die Firma unter anderem den effizienten Einsatz der Ressourcen und die Schonung der Umwelt im Blick. „In Europa sind wir die Nummer eins im Bereich Energiedienstleistungen. Mit rund 49.000 Mitarbeitern weltweit sind wir in 38 Ländern vertreten und erwirtschafteten im vergangenen Jahr einen Umsatz von 6,9 Milliarden Euro“, verheißt die Seite zudem. Nach eigenen Angaben betreibt Dalkia rund 75.000 Energieanlagen und betreut 75.000 Megawatt Wärmekapazität.

Leipziger Volkszeitung, LOKALES, Delitzsch-Eilenburg, Seite 17, 05. Mai 2007


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STANDPUNKT


Offene Rechnungen

Von Dominic Welters

Sie ist in zweierlei Hinsicht offen, die Rechnung, die mit dem Notverkauf des Delitzscher Biomassekraftwerks einhergeht. Erstens weiß niemand zurzeit zu sagen, ob das von der Stadtverwaltung angepeilte Ziel „Schwarze Null“ tatsächlich getroffen oder - wie SPD-Mann Jörg Bornack befürchtet - um Meilen verfehlt wurde. Zweitens ist nicht sicher, was die Ziehung des Schlussstriches unter das Kapitel BMKW letztlich für die nach wie vor laufende Strukturdebatte bedeutet. Denn die Neuordnung des kommunalen Vermögens, sprich die Auflösung der bisherigen Stadtwerke-Holding, kann eins nicht gebrauchen: ein weiterhin ungestopftes Loch wegen zu geringer Kraftwerkserlöse mit möglichen fatalen Folgen für die Technischen Werke und - nicht zu vergessen - des Bürgers Stadtkasse. Im Moment gleicht dies alles dem berühmten Stochern im Nebel. Und dem einen oder anderen mag die Debatte zum Halse raushängen. Aber sollte das Schreckensszenario wahr werden, dann droht der Großen Kreisstadt Ähnliches wie der großen Nachbarstadt Leipzig: Sie wird sich von einem Teil ihres sogenannten Tafelsilbers trennen müssen. Denkbar also, dass das Thema (Teil-)Veräußerungen von Kommunalbetrieben oder städtischen Beteiligungen über den BMKW-Deal hinaus auf der Tagesordnung bleibt. Dann kämen weitere offene Rechnungen hinzu. Vielleicht zum Nutzen der Stadt. Vielleicht aber auch nicht.

@d.welters@lvz.de

Leipziger Volkszeitung, LOKALES, Delitzsch-Eilenburg, Seite 17, 05. Mai 2007


Dalkia und die großen Franzosen

Mutterkonzern Veolia streckt seine Fühler nun auch nach Delitzsch aus

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Von Dominic Welters

Delitzsch. Wenn die Dalkia GmbH aus Neu-Isenburg am heutigen Sonnabend die Nachricht vom Kauf des Delitzscher Biomassekraftwerks - vermutlich bundesweit - publik macht, dann tut dies ein Unternehmen von Rang und Namen mit einem sehr potenten und von Analysten geschätzten Mutterkonzern an seiner Seite - Veolia Environnement. Innerhalb des weltweit operierenden französischen Umweltdienstleisters firmiert Dalkia als Energiesparte. Die neuesten Vorlieben der deutschen Tochter, nach eigenem Bekunden die europäische Nummer eins im Bereich Energiedienstleistungen: die erneuerbaren Energiequellen wie Biomasse, Geothermie und Solarengergie. Da traf es sich gut, dass die bisherigen Gesellschafter der Biomassekraftwerk GmbH - die Technischen Werke Delitzsch GmbH, die Eon Thüringer Energie AG und die Eon Energy Projects GmbH - die Biostrom-Fabrik so schnell wie möglich los sein wollten.

So schnell und so gut wie möglich auf den Markt in Mitteldeutschland drängen offenbar die großen Franzosen. Veolia ist momentan ganz scharf auf die zur Privatisierung ausgeschriebenen Anteile an den Stadtwerken Leipzig (SWL). Von einem führenden Manager des Umweltdienstleistungs-Riesen wurde erst vor wenigen Tagen die Taktik klar umrissen: Die SWL seien ein idealer Partner für das Wachstum Veolias in Deutschland respektive im Osten der Republik. In Leipzig haben die Wirtschaftsprüfer und -berater von KPMG den Job, Interessenten für die 49,9 Prozent zu veräußernden Stadtwerke-Anteile zu finden. Wen wundert’s, dass sie da ganz schnell auch mit Veolia-Vertretern an einem Tisch saßen. Der Konzern hat schließlich schon seit zehn Jahren seine deutsche Hauptverwaltung an der Pleiße. Und von dort ist es nicht weit bis zum Loberstrand in Delitzsch. Und Dalkia kennt die SWL ja auch schon - durch eine gleichberechtigte Partnerschaft bei einem Energieberatungs- und -managementprojekt in Bulgarien.

Zur Veolia-Gruppe in Deutschland gehören unter anderem Veolia Wasser und Veolia Verkehr, die den Alternativzug Connex auf Reisen schickt. Die Wasser- und Abwassersparte hat dabei die Stadtwerke-Beteiligungen in Braunschweig, Görlitz und Weißwasser unter sich. In Sachsen betreibt Veolia als Dienstleister unter anderem die kommunale Wasserversorgung in Grimma-Geithain und in Döbeln-Oschatz. Derweil die Tochter aus dem Hessischen im Norden Sachsen-Anhalts zusammen mit zehn Landwirten einen Biogaspark in Angriff nimmt. „Da wundert es nicht, dass die jetzt auch in Delitzsch gelandet sind“, sagt ein Branchenkenner. Dalkia und die großen Franzosen - sie sind da.

Leipziger Volkszeitung, LOKALES, Delitzsch-Eilenburg, 05. Mai 2007, Seite 19


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