Bieniek bei Neujahrsempfang: „Erfülle Aufgabe bis zum Schluss“CDU-Stadträtin Kuhne verteidigt Oberbürgermeister und rügt SPD-Mann SchönherrDelitzsch (dom). In die seit Tagen schwelende Debatte um seine Person und Amtsführung hat sich Delitzschs Oberbürgermeister Heinz Bieniek am Sonnabend beim traditionellen Neujahrsempfang für die Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Kultur noch einmal eingeschaltet. Gegen Ende seiner Rede vor rund 300 Gästen im Bürgerhaus stellte das CDU-Stadtoberhaupt klar, er sei „mit Gottes Hilfe gewillt, die mir von den Wählern im Jahr 2001 übertragene Aufgabe bis zum Schluss zu erfüllen“. Damit erteilte er der vom Vorsitzenden der SPD-Stadtratsfraktion Siegfried Schönherr jüngst in der Kreiszeitung geäußerten Rücktrittsforderung erstmals eine klare Absage. Als Reaktion auf den Beitrag hatten sich führende Christdemokraten aus der Großen Kreisstadt in der vergangenen Woche demonstrativ hinter Bieniek gestellt.Wie berichtet, war SPD-Mann Schönherr die Nichtberücksichtigung des Neubaus der Grundschulturnhalle Delitzsch-Ost im Haushaltsentwurf 2007 auf den Magen geschlagen. Die Krise der kommunalen Betriebe, die Bieniek als Aufsichtsratsvorsitzender der bisherigen Stadtwerke-Holding mit ausgelöst habe und die er schon lange nicht mehr in den Griff bekomme, schlage sich nun im Etat nieder. Der OBM trage schon deshalb die politische und wirtschaftliche Verantwortung, weil wichtige Entscheidungen wie etwa der Bau des Biomassekraftwerks (BMKW) und des Holzkontors ohne Zustimmung des Stadtrats getroffen wurden.
Ungeachtet der Rede des OBM bei dem Empfang im Bürgerhaus hat CDU-Stadträtin Ilona Kuhne in einem Brief an die Kreiszeitung eine Lanze für Bieniek gebrochen und dabei Schönherr scharf angegriffen. „Als gewählte Stadträtin von Delitzsch drängt es mich, den einseitig-polemischen Verlautbarungen des Vorsitzenden der SPD-Fraktion meine Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem Oberbürgermeister entgegenzustellen.“ Es stimme einfach nicht, dass der OBM Entscheidungen am Stadtrat vorbei treffe. Das demokratische Prozedere werde eingehalten. „Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass der Oberbürgermeister die oft langatmigen und zeitraubenden Anfragen und umständlichen Darlegungen einzelner Oppositionsmitglieder stets mit bewundernswerter Geduld beantwortet“, schreibt Kuhne. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass die SPD das, „was sie in einer demokratischen Wahl nicht geschafft hat – nämlich die Mehrheit zu erlangen – nunmehr mit Tatsachenverdrehungen hinterrücks zu erreichen versucht“. Offenbar seien einige nur darauf aus, „persönliche Pfründe einzufahren und sich selbst Posten zu ergattern“. Natürlich wäre es für die Stadt Delitzsch ein finanzieller Gewinn gewesen, „wenn das wirtschaftliche Konzept und die Erwartungen an das BMKW und das Holzkontor aufgegangen wären“, betont die CDU-Frau. „Aber wir alle dürften seit der Wende gelernt haben, dass jeder wirtschaftliche Neubeginn mit Risiken behaftet ist.“ Die Entscheidungskompetenz zum Bau des Kraftwerks und des Kontors habe indes nicht beim Stadtrat und nicht beim Oberbürgermeister gelegen, sondern allein bei den drei Gesellschaftern der BMKW GmbH. Darauf hatte schon Bieniek in einer ersten Reaktion auf die Rücktrittsforderung hingewiesen und eingeräumt, dass das Geschäft mit dem Verbrennen von Althölzern zum Zwecke der Strom-Erzeugung nicht so laufe wie gewünscht. Schönherr hält das für „bemerkenswert“. Derartiges habe der OBM bislang öffentlich noch nie zugegeben. „Wenngleich das eine höchst diplomatische Umschreibung der Tatsache ist, dass bereits Millionenverluste eingetreten sind“, so der SPD-Fraktionschef am Rande des Neujahrsempfangs, bei dem er und Bieniek sich freundlich begegneten. Leipziger Volkszeitung, LOKALES, DELITZSCH - EILENBURG, Seite 17, 15.01.2007 CDU-Frau empört, Kontrahenten höflichDelitzsch (dom). Ilona Kuhne gehört im aktuellen Delitzscher Stadtrat eher der Zunft der zurückhaltenden Abgeordneten an. Eine Lautsprecherin ist sie mitnichten. Doch nach der Lektüre des Kreiszeitungsbeitrags „SPD-Mann fordert Bienieks Rücktritt“ platzte der Christdemokratin dieser Tage der Kragen. In einem zweiseitigen Brief an die Redaktion macht sie keinen Hehl daraus, was sie von der jüngsten Kritik an CDU-Oberbürgermeister Heinz Bieniek und der Rücktrittsforderung durch den Fraktionschef der Sozialdemokraten Siegfried Schönherr hält: nichts, denn „letztlich wollen die SPD-Leute an die Macht und Herr Schönherr versucht im Hintergrund, die Figuren zu lancieren; gleichgültig, welche Qualifikation sie haben. Das dient nicht dem Wohl der Stadt Delitzsch.“ Was diesem einzig und allein dienlich ist, liegt für Ilona Kuhne auf der Hand: „Nur ein gemeinsames Wirken über Parteigrenzen hinweg und nicht das Bestreben, persönlichen Machtinteressen den Boden zu bereiten“, schreibt sie weiter.
Schönherrs Analyse, im Rathaus herrschten Missmanagement und Chaos, widerspricht Kuhne vehement. „Die Stadtverwaltung kann seit Jahren einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, was keine andere Kommune gleicher Größenordnung in der weiteren Umgebung aufweisen kann.“ Es sei „wahrhaftig bösartig“, dem Oberbürgermeister anlasten zu wollen, „dass er die Schuld am wahrscheinlichen Nicht-Bau der Grundschulturnhalle Ost trägt“. Man könne nicht Dinge in Angriff nehmen, die man nicht bezahlen kann. „Diese einfache Rechnung müsste auch ein gelernter Mathematiker begreifen“, argumentiert die CDU-Dame mit einem Seitenhieb auf Schönherr, der bekanntlich Professor an der Leipziger Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur und Experte für künstliche Intelligenz ist. Polemik scheint in diesen ersten Tagen des neuen Jahres in Delitzsch jedenfalls Hochkonjunktur zu haben. Reinhard Zänker, Mitglied des SPD-Ortsvereins, bezeichnete des Oberbürgermeisters Feststellung, dass es bei den kommunalen Gesellschaften nicht so läuft wie gewünscht, als „die Untertreibung des Jahres“. Wer an der Spitze stehe, „sollte auch die Verantwortung für Fehlentscheidungen übernehmen“, so Zänker in einem Leserbrief. „Der OBM hat zwar keine Bären gejagt wie der ehemalige Geschäftsführer der Technischen Werke Lutz Mörtl, aber dafür hat er einen ziemlichen Bock geschossen.“ SPD-Mann Schönherr, der beim Neujahrsempfang im proppenvollen Saal des Bürgerhauses mit Oberbürgermeister Bieniek einige höfliche Worte wechselte und kein frisches Öl ins lodernde Feuer gießen wollte, meinte zu der von ihm ausgelösten Debatte betont moderat: „Aus den Reihen der CDU wird darauf verwiesen, dass in Delitzsch auch viel Positives passiert ist. Das überrascht nicht und ist auch richtig. Aber an die Kernfragen, warum der Stadt das Geld ausgeht, welche Folgen das für die Bürger haben wird und wer dann dafür verantwortlich ist, traut sich die CDU vorerst nicht heran.“ Stattdessen werde mit teilweise persönlichen Angriffen hiervon abgelenkt.
Leipziger Volkszeitung, DELITZSCH und UMGEBUNG, Seite 19, 15.01.2007 |