Fraktionschef´s bewerten das Jahr 2006D e l i t z s c h (dom). Am Ende eines ereignisreichen kommunalpolitischen Jahres ziehen die Vorsitzenden der vier im Delitzscher Stadtrat vertretenen Fraktionen Bilanz: Ob Marlis Fischer für die CDU/FDP, Annelise Podsadny für die Linkspartei, Siegfried Schönherr für die SPD oder Wolf-Dietrich Koch für die Freie Wählergemeinschaft, alle sehen in der Debatte um die künftige Struktur der städtischen Betriebe ein Schlüsselthema, das über Delitzschs Wohl und Wehe entscheidet. Die Kreiszeitung bat um 20 bis 30 Zeilen, die Damen haben sich – wie zu sehen ist – etwas kürzer gefasst. Aber in der Kürze liegt ja bekanntlich die Würze.
„Delitzsch befindet sich in Gefahr“
Die Arbeit im Delitzscher Stadtrat war im Wesentlichen durch solide Routinearbeit geprägt: Etwa 90 Prozent aller Beschlüsse werden nach Diskussion und manchen kleinen Änderungen einstimmig gefasst. Das ist auch einmal erwähnenswert. Delitzsch hat sich in diesem Jahr ein Leitbild gegeben. Dies ist eine Zielstellung, wohin sich die Stadt entwickeln soll. Hierauf haben sich Verwaltung und alle Fraktionen nach sachlicher Diskussion geeinigt. Es ist zu hoffen, dass die Mittel vorhanden sein werden, diese guten Vorstellungen auch umzusetzen. Das kritischste Thema war in diesem Jahr die Lage der Delitzscher kommunalen Betriebe. Das wird auch 2007 so bleiben. Hauptproblem ist das Biomassekraftwerk, das der OBM am Stadtrat vorbei bauen ließ. Wird er allein die Verantwortung für die Folgen tragen? Abgesehen von der Wohnungsgesellschaft sind alle Betriebe in Schieflage. Ursachen sind schlechte Vertragsgestaltung, Missmanagement und mangelhafte Kontrolle. Delitzsch hat bereits Millionenbeträge verloren und ist in zahlreiche teure Rechtsstreitigkeiten verwickelt. OBM Bieniek will sich dazu nicht vor der Öffentlichkeit äußern. Dies trägt die SPD-Fraktion nicht mit – zumal der OBM wesentlich mitverantwortlich für die Schieflage ist. Er ist Vorsitzender in wichtigen Aufsichtsräten, hat aber die Aufsicht unzureichend ausgeführt. Wichtige Entscheidungen werden immer wieder aufgeschoben. Kritische Fragen der SPD im Stadtrat wurden ausweichend oder gar nicht beantwortet. Dies hat zu einem Dauerkonflikt geführt, dessen Ende unabsehbar ist. Wenn die Stadträte wichtige Entscheidungen treffen sollen, müssen sie informiert sein. Delitzsch befindet sich wegen seiner unwirtschaftlichen Betriebe in Gefahr. Wenn sich nicht schnell Erfolge einstellen, werden die Bürger die Zeche zu zahlen haben. Gebraucht wird endlich ein Konzept zur Sanierung und Neustrukturierung der Betriebe, das wieder zu Optimismus Anlass gibt. Das unkontrollierte Versickern großer Geldbeträge muss aufhören. Die SPD-Fraktion wird dranbleiben. Siegfried Schönherr, LVZ, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, 30.12.2006, Seite 5 „Antworten befriedigen nach wie vor nicht“
Nach der Entlassung von Lutz Mörtl als Geschäftsführer der Stadtwerke und der Technischen Werke Delitzsch (TWD) im Jahr 2005 wurde nach und nach das ganze Ausmaß der Probleme und Fehlentwicklungen im Konzern Stadtwerke offensichtlich. Leider erfolgte die endgültige Neubesetzung der Geschäftsführung, insbesondere der TWD, erst im September 2006, so dass das Jahr 2006 durch eine Übergangslösung bestimmt war. Auch das Gutachten zur Neustrukturierung des Konzerns, von der man eine langfristige Konsolidierung der kommunalen Betriebe erwartet, lag erst im November 2006 vor. Die Arbeit im Stadtrat war im Jahr 2006 gekennzeichnet von der Auseinandersetzung um mehr Öffentlichkeit und eine Vielzahl von Anfragen, um mehr Informationen über die Arbeit der Betriebe im direkten und indirekten Eigentum der Stadt zu erlangen. Die Antworten können nach wie vor nicht befriedigen und stellen keine ausreichende Grundlage für die anstehenden Entscheidungen zur Weiterführung dieser Werke dar. Aus unserer Sicht war die Bildung der interfraktionellen Gruppe ein Fortschritt in der Zusammenarbeit der Fraktionen und stellt eine Bündelung der Kompetenzen aller Fraktionen und damit eine gute Grundlage für die Vorbereitung der Beschlüsse, die im neuen Jahr anstehen, dar. Annelise Podsadny, LVZ, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, 30.12.2006, Seite 5 „Wichtige Beschlüsse sind nicht wahrgenommen worden“
Die Freie Wählergemeinschaft (FWG) ist die kleinste Fraktion im Stadtrat. Damit hat sie es naturgemäß schwer, sich eine Stimme zu verschaffen, zumal die allmächtige CDU-Fraktion mit absoluter Mehrheit regieren kann. Es bedurfte deshalb im Jahr 2006 vieler Gespräche mit den einzelnen Fraktionen, um unsere Ansichten einbringen zu können; zumal unsere Fraktion nur in einem Ausschuss und in einem Aufsichtsrat vertreten ist. Das Parlamentsjahr 2006 war geprägt von den Problemen, die die Stadt mit ihrem SWD-Konzern hat. Hierzu ist zu bemerken, dass schon im Jahr 2005 eine kritische Bestandsanalyse begann und eine Umstrukturierung auf parlamentarischem Wege im neuen Jahr realisiert werden muss. Leider wurde diese Diskussion von der SPD-Fraktion aus wahltaktischen, subjektiven und teilweise Profilneurose-Gründen oftmals in einer Unerträglichkeit geführt, die dem Auftrag der Stadträte, dem Wohle der Bürger zu dienen, nicht mehr gerecht wurde. Viele andere wichtigen Beschlüsse sind deshalb in der Öffentlichkeit zu wenig oder gar nicht mehr wahrgenommen. Delitzsch hatte 2006 einen ausgeglichenen Haushalt, der unter anderem eine Voraussetzung für die Gewährung von Fördermitteln ist. Wichtige Bauausschussbeschlüsse, wie die Rekonstruktion der Wallgrabenpromenade, der Umbau der Mittelschule West in ein Bildungs- und Integrationszentrums oder die Sanierung der Grundschule Ost, konnten realisiert werden. Gleiches gilt für den „freiwilligen“ Haushalt: Es musste keine öffentliche Einrichtung – wie etwa Tierpark oder Bibliothek – geschlossen werden. Auch die Verabschiedung einer Leitbildsatzung für die Stadt bis 2015 soll hier genannt werden. Weniger erfolgreich war eine konstruktive und kritische Auseinandersetzung mit den Anliegen von Umweltgruppen, denn hier liegt noch viel Potenzial, um Entwicklungen in Bezug auf Gewerbeansiedlung und Schaffung von Arbeitsplätzen auszuloten. Trotzdem hat der Stadtrat viele Anliegen von Wählern aufgenommen. Das kann aber keine Selbstzufriedenheit bedeuten, denn die nächsten Jahre werden von allen eine äußerst disziplinierte und engagierte Arbeit verlangen. Wolf-Dietrich Koch, LVZ, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, 30.12.2006, Seite 5 „Ich wünsche mir weniger Polemik“
Das Jahr 2006 war für die Stadt Delitzsch und somit auch für den Stadtrat ein sehr ereignisreiches Jahr. Es war geprägt von vielfältigen baulichen Aktivitäten. So wurde die Wallgrabenpromenade neu gestaltet und dabei auch die Kunst nicht vergessen. Sichtelemente, die zu historischen Gebäuden Sichtachsen herstellen, wurden aufgebaut. Ein Teilstück der Straße Am Wallgraben (zwischen Gerberplan und Rossplatz) ist fertig. Die Sanierung der Kindertagesstätte Bummi wurde begonnen, ebenso die der ehemaligen Diesterweg-Schule. Planmäßig gingen die Sanierungsarbeiten in der Grundschule Ost weiter. Nicht zu vergessen sind die umfangreichen Maßnahmen im Efre-Programm, zu denen auch das Bildungs- und Integrationszentrum in Delitzsch-West gehört. Neben diesen Aktivitäten stand der Stadtrat aber auch vor der Aufgabe der Neustrukturierung der städtischen Betriebe, begonnen mit der Bildung der nach dem Energiegesetz erforderlichen Netzgesellschaft. Es waren und sind sicher auch noch weitere Diskussionen zu den unterschiedlichen Varianten der Struktur für die städtischen Betriebe erforderlich, um die für die Stadt günstigste Variante zu finden. Bei diesen Diskussionen habe ich jedoch oft eine gewisse Sachlichkeit vermisst. Vielfach ging es einigen Stadträten nach meinem Eindruck vordringlich um das Aufzeigen möglicher falscher Entscheidungen in der Vergangenheit und weniger um die Suche nach der für die Stadt und ihre Bürger tragbaren Struktur. Aus diesem Grund wünsche ich mir für die Zukunft mehr sachliche Diskussionen und weniger Polemik und Selbstdarstellung, damit der Stadtrat gemeinsam richtige und zukunftsfähige Entscheidungen treffen kann. Marlis Fischer, Vorsitzende LVZ, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, 30.12.2006, Seite 5 |