Kontroverse um Fragenkatalog

Delitzsch (dom). Seit Wochen schon duellieren sich Verwaltung und SPD-Stadtratsfraktion wegen der Krise der kommunalen Betriebe. Jetzt geht die Kontroverse in eine neue Runde. Weil er seinen vor einiger Zeit publik gemachten Fragenkatalog bis heute für nicht beantwortet hält, hat Sozialdemokrat Siegfried Schönherr den Delitzscher Oberbürgermeister in einem Brief aufgefordert, „wegen der Dringlichkeit der Thematik“ noch in diesem Monat Stellung zu nehmen. Heinz Bieniek (CDU) hat Schönherr unterdessen mitgeteilt, dass es erst Antworten gebe, wenn eine Zusage des SPD-Manns vorliegt, mit den Informationen vertraulich umzugehen.

Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, 11.07.2006, Titelseite


Schönherr und Bieniek im Fernduell

Krise der Stadtbetriebe – SPD-Fraktionschef will vom Oberbürgermeister öffentlich Antworten

Von DOMINIC WELTERS
Der Delitzscher Stadtrat bei seiner Juni-Sitzung: Fragen der Sozialdemokraten zur Krise des Stadtwerke und ihrer Tochter Technische Werke wurden nach Ansicht der SPD nicht oder nur unzureichend beantwortet.

Foto: Manfred Lüttich

Delitzsch. Spätestens seit jenem Abend im Mai, an dem Siegfried Schönherr bei einer Pressekonferenz zur Krise der kommunalen Betriebe den Oberbürgermeister indirekt zum Rücktritt aufforderte, stehen diverse Fragen zu Hintergründen und Verantwortlichkeiten im Raum (wir berichteten). Bei der jüngsten Sitzung des Delitzscher Stadtrates im Juni hat der SPD-Fraktionsvorsitzende seine und einige Anfragen des Parteikollegen Jörg Bornack aus jüngerer Vergangenheit ins Gedächtnis von Heinz Bieniek zurückgerufen. Nach Ansicht des Informatikprofessors sind diese Fragen – unter anderem zur Biomassekraftwerk GmbH (BMKW), dem großen Sorgenkind der Stadtwerke-Problemtochter Technische Werke Delitzsch (TWD) – „nicht oder nur sehr unzureichend beantwortet worden oder offen geblieben“. So steht es in einem Brief, den der Sozialdemokrat kurz vor Urlaubsantritt an CDU-Mann und Stadtwerke-Aufsichtsratschef Bieniek schrieb und den er als öffentlich ansieht – verbunden mit der Aufforderung, zu der im Raum stehenden Problematik noch im Monat Juli Stellung zu nehmen. „Wegen der Dringlichkeit der Thematik und des bereits eingetretenen erheblichen Zeitverlustes hat die Beantwortung keine Zeit bis zum September“, findet Schönherr.

Der Sprecher der sechsköpfigen SPD-Fraktion geht in dem Schreiben einmal mehr auf das zum Verkauf anstehende BMKW ein, will wissen, ob es aus dem laufenden Betrieb Verluste gibt und ob das angegliederte Holzkontor wirtschaftlich arbeitet. Auch zur fristlosen Auflösung des Kontraktes mit den Altholz-Zulieferern Heisterner, Becker Umweltdienste und TWD vom März hat Schönherr Fragen: „Wer hat die Kündigung des Arge-Vertrages zu verantworten, insbesondere die Einbeziehung der Firma Heisterner? Wie kam es zu dem möglicherweise folgenschweren Irrtum, Heisterner habe unzureichende Qualität geliefert?“ Und: „Wer hat seitens der Stadtverwaltung/Stadtwerke/TWD Einblick in die Buchhaltung und in die Entwicklungen beim BMKW beziehungsweise Holzkontor?

Auch der gerade getätigte Verkauf der TWD-Anteile an der Recyclingfirma BMG, die im Rahmen des Arge-Vertrages für die Technischen Werke Brennstoffe an das Holzkontor respektive Kraftwerk lieferte, und der aktuelle Stand in der Auseinandersetzung mit dem 2004 abgesprungenen Holz-Lieferanten Interwood treiben Schönherr um. Bereits im Mai hatte dieser plakativ gefragt: „Wird mit Interwood noch verhandelt oder gibt es nun doch eine Schadenersatzklage? Wie viel Geld wollen wir uns auf diese Weise als Stadt noch durch die Lappen gehen lassen?

Der OBM hat auf den Brief des Sozialdemokraten jetzt reagiert – mit einem schriftlichen Zwischenbescheid. Darin stellt Bieniek klar, dass er Schönherrs Ansatz, die gestellten Fragen als öffentlich zu betrachten, „nicht teilen kann“. Es würden „Informationen über Firmeninterna wie Buchführungen oder Verluste gefordert, die nicht Bestandteil des Beteiligungsberichtes gemäß Paragraf 99 der Sächsischen Gemeindeordnung sind“, teilt das Stadtoberhaupt mit. „Außerdem weise ich nochmals eindringlich daraufhin, dass wir uns in Verkaufsverhandlungen für die Geschäftsanteile der TWD am BMKW befinden und es eine vertragsstrafenbewehrte Vertraulichkeitserklärung gibt.“ Die Fragen könnten von daher nur beantwortet werden, wenn Schönherr die Zusage gibt, die Antworten „vertraulich zu behandeln“. Gleichwohl habe er den Fragenkatalog an die Geschäftsführung der Stadtwerke zur Beantwortung weitergereicht; „insbesondere unter dem Aspekt, dass – und insoweit möchte ich Sie gern zitieren – ,Verantwortliche über diese Fragen nachdenken und schlüssige Antworten geben‘“.

In diesem Zusammenhang hält Bieniek seinem Gegenüber vor, dass „wesentliche Inhalte der derzeitigen, aber auch der vergangenen Fragen, Probleme der Geschäftsleitungsfunktion gegenüber den Beteiligungsgesellschaften betreffen“.

LVZ, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, 11.07.06, Seite 6


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