Müllstreit spitzt sich zu: Kreis ignoriert PreisanstiegKreisgebiet. Neuer Zündstoff im Müllstreit zwischen der Westsächsischen Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (WEV) und dem Landkreis: Die WEV, Betreiber der Abfallbehandlungsanlage (MBA) in Cröbern, hat den Preis für die Abnahme von Müll drastisch angezogen. Künftig müssen die Kreiswerke, die jährlich 35.000 Tonnen Müll in Cröbern abladen, 131 Euro statt 105 Euro pro Tonne an die Deponie zahlen, die für den Zweckverband Abfallwirtschaft Westsachsen (ZAW), Vertragspartner des Kreises, Müll verwertet. Nun drohen Privathaushalten höhere Rechnungen, falls die Kreiswerke die Erhöhung durchreichen. Begründet wird die Verteuerung mit „Energiekosten und zusätzlichen Aufwendungen“, so WEV-Chef Günter Lohmann. Delitzschs Landrat Michael Czupalla aber stellt sich quer. „Solange wir keinen Nachweis über die Kosten haben, zahlen wir den alten Preis“. Er sei um eine faire Lösung bemüht. „Aber nicht einseitig“, sagt Czupalla. Auslöser ist der Streit mit dem ZAWum so genannte mittel- und hochkalorische Reste. Diese bekommen die Kreiswerke aus Cröbern zurück, um sie aufzuarbeiten und als Brennstoff zu verkaufen. Wegen angeblicher Qualitätsmängel wurden 2005 jedoch nur etwa ein Drittel der vereinbarten 180.000 Tonnen abgenommen. Im Dezember wollte Czupalla deshalb den ZAW-Vertrag kündigen und neu ausschreiben. Das Leipziger Regierungspräsidium genehmigt aber nur eine Teilauflösung. „Ein Teil der Erhöhung ist vereinbart“, so Petra Köpping, Landrätin des Kreises Leipziger Land und ZAW-Vorsitzende. Die Kosten seien gestiegen, weil die Kreiswerke die Abnahme der Reste verweigerten, weil sie diese nicht los bekämen. Mängel an der Qualität hält Köpping für „Unsinn“. Sie wirft Czupalla vertragliche Pflichtverletzungen vor. „Man kann sich nicht immer nur die Rosinen herauspicken.“ Alexander Weise GUTEN MORGENMit Müll lassen sich in dieser Wegwerfgesellschaft prima Geschäfte machen. Angetrieben von üppigen Gewinnmargen und neuen Umweltstandards investiert die Branche Milliarden in innovative Verwertungstechnologien. Längst fährt auch die öffentliche Hand auf dem Müllzug mit. Überregionale Verbände und Private-Public-Partnerships sollen die Abfallströme ertragreich in die Kassen ihrer Mitglieder lenken. Der Deal der Delitzscher Kreiswerke mit dem Zweckverband Abfallwirtschaft (ZAW) war als Symbiose gedacht: Der eine lädt seinen Müll beim ZAW-Entsorger in Cröbern ab, nimmt im Gegenzug kalorische Reste zur Verwertung mit. Soviel zur Theorie. Praktisch liegt man im Clinch. Delitzsch will das Zeug aus Cröbern wegen angeblicher Qualitätsdefizite nicht. Was mit einer deftigen Preiserhöhung quittiert wurde … Möglich, dass dem Kreis sein vollmundiges Abnahmeversprechen (180 000 Tonnen pro Jahr) aus Mangel an Abnehmern auf die Füße fällt. Möglich, dass die Unterhaltung der Deponie teurer ist als gedacht. Vor allem aber ist leider auch möglich, dass der Zoff dort beigelegt wird, wo er nichts verloren hat: auf dem Rücken der privaten Haushalte – per Müllgebühren-Erhöhung. Ihr Alexander Weise Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, 14./15. Januar 2006 |