Ist Mörtl nur ein Bauernopfer?EX-TWD-Chef bei Schadensersatzklage zurückgepfiffenDelitzsch. Sündhaft teure Auslandsjagdreise und schöne Luxuslimousinen auf Kosten der Delitzscher Stromzahler. Doch beim Rausschmiss des Chefs der Technischen Werke Delitzsch (TWD), Lutz Mörtl, geht es möglicherweise um viel mehr. Ein Insider hält den 49-Jährigen für das Bauernopfer in einem Millionengeschäft. Dreh- und Angelpunkt ist das Biomassekraftwerk-Projekt in Delitzsch-Südwest, dass die TWD zusammen mit ihrem Gesellschafter Eon Thüringer Energie AG und der Münchner Eon Energy Projects GmbH 2004 realisierten. Kosten: 50 Millionen Euro, fünf Millionen mehr als geplant. Hauptgrund für die Verteuerung: Die Kraftwerksgesellschafter mussten sich kurz vor der Fertigstellung der Anlage unerwartet selbst um die Beschaffung der jährlich 150.000 Tonnen Holz kümmern, die im Kraftwerk verbrannt und in Energie umgewandelt werden sollten. Denn die Gefahr bestand, dass die Anlage mangels Rohstoffs zur Investruine mutiert, noch bevor sie überhaupt in Betrieb gehen würde. Die Firma Interwood, die mit dem Kraftwerk schon einen 20-Jahres-Vertrag über die Lieferung und Aufarbeitung des Brennstoffs abgeschlossen hatte, löste den Kontrakt wieder auf. Allein den Delitzscher Stromversorger TWD – er befindet sich zu 74,9 Prozent in kommunaler Hand – dürfte das Öko-Strom-Projekt im Industriegebiet Delitzsch-Südwest am Ende gut vier Millionen Euro mehr als geplant gekostet haben. Noch im Sommer dieses Jahres kündigte Mörtl Schadensersatzforderungen gegenüber Interwood an, dessen Ausstieg zu dem finanziellen Fiasko geführt hatte (wir berichteten). Doch ein Berliner Geschäftsmann, der eine Zeitlang in das Delitzscher Projekt involviert war, aber unerkannt bleiben will, erklärt jetzt gegenüber der Kreiszeitung, dass der TWD-Chef beabsichtigte, auch den Münchner Energieriesen Eon zu verklagen. Dieser habe die Interwood-Verträge ausgearbeitet. Doch eine, wie sich inzwischen herausstellte, wichtige Kleinigkeit hätten die Eon-Juristen übersehen. „Als der Vertrag mit Interwood geschlossen wurde“, so der Informant, „war der Pachtvertrag über das Grundstück des Kraftwerkes noch gar nicht notariell beglaubigt.“ Interwood konnte so locker aus dem Geschäft aussteigen. Viel Zeit, noch einmal über eine Schadensersatzklage nachzudenken, bleiben Bieniek und Miketta nicht. Am 1. Januar 2006 ist die ganze Sache verjährt. Klaus Staeubert LVZ-Kreiszeitung vom 10.11.2005 |