Zum Abfallwirtschaftskonzept des Kreises kochen gegensätzliche Auffassungen, auch Emotionen hoch

Czupalla: Eigenständigkeit bewährt sich

D e l i t z s c h. Wohin mit dem Müll im Kreis Delitzsch, wenn eine bundesweite Richtlinie ab 2005 (TASi = Technische Anleitung Siedlungsabfall, wir berichteten mehrfach) nicht mehr zulässt, nach bestimmten Kriterien unbehandelten Abfall wie bisher zu deponieren? Darauf sucht seit Monaten eine überparlamentarische Arbeitsgruppe Antwort. Sie steht dem Kreistag, der letztendlich die Entscheidung fällen muss, beratend zur Seite. Nach einem LVZ-Interview mit SPD-Funktionären, die dieser Tage in die Schenkenberger Kulturscheune zu eben dieser Problematik zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung eingeladen hatten, kochen nun gegensätzliche Auffasssungen, aber auch Emotionen hoch.

Der Initiator der Arbeitsgruppe, Landrat Michael Czupalla, beglückwünschte zur "Standfestigkeit" der Scheune, weil "sie solche Veranstaltungen aushält". Bei der Arbeit an dem langfristigen Abfallkonzept für den Kreis sei mehrfach gesagt worden, in welche Richtung es geht. "Und wir haben deshalb alle Türen geöffnet, damit hier fachliche und nicht parteipolitische Sichten dominieren." Gerade die jüngste Beratung der Arbeitsgruppe im Mai mit hochkarätigen Fachleuten, "an der nicht einer der Kritiker im LVZ-Interview teilnahm", hätte gezeigt, weshalb dem Kreis bei seinen Planungen ein enges Zeitlimit bliebe. "Wir haben die weiteren Entscheidungen im Kreistag schon von Mai auf September verlegt und müssen uns spätestens bis zum Jahresende positionieren."

Wie berichtet, hatte Dr. Axel Schönberg von der Umweltbundesbehörde, der an der bevor stehenden Novellierung der TASi zugunsten einer mechanisch-biologischen Müllbehandlung auf hohem ökologischem Niveau mitarbeitet, einerseits eingeschätzt, dass eine solche Anlage kaum günstiger als eine moderne Müllverbrennungsanlage betrieben werden könne. Andererseits empfahl Prof. Dr. Reinhardt Müller, als Rechtsanwalt in abfall- und vergaberechtlichen Dingen bewandert, schnelle und zielgerichtete Entscheidungen, weil ein Genehmigungsverfahren für eine mechanisch-biologische oder eine thermische Behandlung von Abfällen sechs bis sieben Jahre dauern, begründete Einsprüche dies weiter verlängern könnten. Ullrich Fiedler, Wirtschaftsdezernent im Landratsamt, erinnerte an den Kreistagsbeschluss vom Frühjahr, nach dem im Rahmen eines Abfallwirtschaftskonzeptes im Kreis für die nächsten zehn Jahre jetzt vier Varianten untersucht werden:

  • die termische Behandlung durch eine Müllverbrennungsanlage mit einer Jahreskapazität von 50.000 Tonnen (Variante l),
  • 100 000 Tonnen (Variante 2),
  • durch eine mechanisch-biologische Anlage mit 50 000 Tonnen Jahreskapazität (Variante 3) innerhalb des Kreises,
  • oder
  • die Behandlung des Mülls außerhalb der Kreisgrenzen (Variante 4).

  • "Die entsprechenden Unterlagen im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung liegen erst Ende August (2000) zur Auswertung vor, insofern hat es keinen Sinn, schon vorher darüber zu diskutieren."

    Zahlen liegen im September (2000) vor


    Bevor die Zahlen in der Arbeitsgruppe Mitte September vorgestellt werden, sollen sie den Ausschüssen des Kreistages zur Diskussion Anfang September vorliegen, weil die Entscheidungen für die Perspektiven im Landkreis im Kreisparlament am 27. September anstehen. Fiedler verwies erneut auf den Vertrag mit dem Regierungspräsidium Leipzig, der die Deponie Spröda in der herkömmlichen Form nur bis 2004 bewilligt. Sie müsste eventuell für die Aufnahme von Schlacken der Müllverbrennung ausgerichtet werden, während Rückstände einer mechanisch-biologischen Behandlung nach Gröbern oder eine ähnliche Deponie zu bringen wären. "Die Eigenständigkeit des Kreises in diesem Wirtschaftszweig hat sich in den letzten zehn Jahren bewährt. Auch Arbeitsplätze hängen daran", verteigte Czupalla seine Konzeption, die jederzeit korrigierbar wäre, wenn die Gebühren für die Bürger unzumutbar würden. In seinem Haus werde mit Hochdruck an Kontakten mit Sachsen-Anhalt, Leipzig und dem nordsächsischen Abfallzweckverband gearbeitet, um die Müllmengen, die im Kreis Delitzsch in entsprechender Größenordnung nicht anfallen, vertraglich zu binden, damit sich eine Müllbehandlungsanlage wirtschaftlich betreiben lässt.

    Czupalla: "Sicher kann man bei der Vorbereitung solch gravierender Entscheidungen nicht alle Wünsche berücksichtigen, aber einen mehrheitsfähigen Konsens finden. Da geht einiges, was letzt behauptet wird, unter die Gürtellinie."

    LVZ, 24.07.2000