Kreiswerke Delitzsch verloren ihre Klage gegen die Landesdirektion Leipzig

Mit Urteil vom 20.01.2010 verloren die Kreiswerke das beim Verwaltungsgericht Leipzig anhängige Klageverfahren (AZ 1K 297/08) gegen die Landesdirektion Leipzig wegen Vollzug des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes. Die Kreiswerke müssen nun bis Ende 2011 das von der Landesdirektion Leipzig geforderte und unter Umweltgesichtspunkten längst überfällige Aufbringen einer temporären Oberflächenabdeckung der Kommunalmülldeponie und Neuen Altsalzdeponie auf der landkreiseigenen Deponie Spröda ausführen.

Die Frage unseres Bürgervereins steht seit nunmehr fast 5 Jahren unbeantwortet im Raum:
Die Region des ehemaligen Landkreises Delitzsch hat die unzweifelhaft höchsten Abfallgebühren im Freistaat Sachsen, aber der Deponiebetreiber kein Geld für die Deponiesanierung?

  1. Der Bürgerverein hat erstmals im April 2006, dann noch einmal auf einer öffentlichen Veranstaltung am 6. Dezember 2006 den Verdacht geäußert, dass Rücklagen/Rückstellungen, die in der Vergangenheit für die Sanierung der Kommunalmülldeponie/Neue Altsalzdeponie – KMD/NAD – der Deponie Spröda anzusammeln waren, nicht mehr vorhanden sind und damit die gesetzlich vorgeschriebene Sanierung der Deponie nach Ende der Ablagerungsphase nicht erfolgen kann.
    Aus den Bilanzen der Kreiswerke Delitzsch GmbH aus den Jahren 1992 bis 2003 war zu entnehmen, dass Rücklagen bzw. Rückstellungen aus Gewinnüberschüssen sich auf einen Betrag von ca. 8,7 Mio. EUR addiert hatten.
    Der Geschäftsführer der Kreiswerke ist dem auf einer öffentlichen Veranstaltung unseres Bürgervereins entgegengetreten und hat ausgeführt, dass die Sanierung aus dem Cashflow des Unternehmens bezahlt werden könne.

    Eine Strafanzeige unseres Vereins vom April 2006 blieb erfolglos. Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat sich der Auffassung der Kreiswerke angeschlossen, wonach die Bildung von Rücklagen in erster Linie eine bilanzielle Darstellung erfordert, nicht jedoch das Ansparen des Geldes auf einem Konto.

    Nach Schließung der Deponie (30.05.2005) hätte jedoch nach §§ 12 f Deponieverordnung (DepV) mit der Deponiesanierung (Deponienachsorge) begonnen werden müssen. Lt. Plangenehmigungsbescheid vom 1. November 2004 des RP Leipzig sollten die Sanierungs- und Rekultivierungsarbeiten inklusive des Aufbringens der temporären Oberflächenabdeckung bis zum 31.12.2006 abgeschlossen sein.
    Bis heute ist aber wohl noch nicht einmal mit der vorläufigen Sanierung (vorläufigen Oberflächenabdeckung) begonnen worden. Obwohl die Region des ehemaligen Landkreises Delitzsch über die höchsten Abfallgebühren im Freistaat Sachsen verfügt (vgl. Erhebung des Landesamtes für Statistik), ist bis heute offensichtlich das Geld für die Deponiesanierung nicht vorhanden.

    Fakt ist, dass das RP Leipzig dem Landrat des Landkreises Delitzsch in einem Schreiben vom 22.08.2007 mitgeteilt hat, dass es auf Grund der vorgelegten Bilanzen der Kreiswerke vorläufig davon ausgeht, dass die notwendigen finanziellen Mittel für eine Sanierung nicht bzw. nicht ausreichend zur Verfügung stehen. So heißt es in dem Schreiben:

    „Diese Zustimmung (zum förderunschädlichen Maßnahmebeginn) kann erst erteilt werden, wenn die Finanzierung der Maßnahmen, die bisher nicht in dem Haushalt des Landkreises enthalten sind, hinreichend durch einen entsprechenden Kreistagsbeschluss gesichert ist ...

    Zur Darstellung der Finanzierungssicherung der Maßnahmen ist es notwendig, dass von Ihnen nachgewiesen wird, ob und wie die KWD die für die Deponiesanierung und –rekultivierung gebildeten bilanziellen Rückstellungen, die u.a. aus den Abfallgebühren zu bilden waren, auflösen und dem LK zur Verfügung stellen können. ...

    Nach einer ersten Durchsicht der vorgelegten Bilanzen der KWD könnte die kurzfristige Auflösung dieser Aufstellungen nicht unproblematisch sein. ...

    Da man wohl davon ausgehen kann, dass die Deponie unter Fortführungsgesichtspunkten (und nicht nach ihrem tatsächlichen Beleihungswert oder Zerschlagungswert) bilanziert wurde, dürfte dem Unternehmen über die Forderungen und den Kassenbestand hinaus objektiv keine Liquidität, z.B. durch die Aufnahme neuer Kredite zur Erfüllung seiner Sanierungsverpflichtungen zur Verfügung stehen.“

    Mit anderen Worten:

    Obwohl die Bürger des Landkreises Delitzsch über Jahre mit ihren hohen Abfallgebühren auch einen Anteil für die Deponiesanierung gezahlt haben, ist dieses Geld jetzt offenbar nicht (mehr) vorhanden, um die Deponiesanierung durchzuführen.

    Hatte noch die Staatsanwaltschaft in ihrer Einstellungsverfügung das Vorliegen einer Untreue mit dem Argument zurückgewiesen, das Geld müsse nicht tatsächlich auf ein bestimmtes Konto fließen, so führt das RP Leipzig nunmehr aus:

    „... muss im Interesse des Landkreises ebenso sichergestellt sein, dass die Einnahmen der KWD für die Verwertung der heizwertreichen Fraktion z.B. auf ein Sperrkonto fließen, damit sichergestellt ist, dass zum Zeitpunkt des Anfalls des Verwertungsaufwandes tatsächlich liquide Mittel im Unternehmen vorhanden sind.“´
    Ferner konnte der Landkreis wohl nicht den Nachweis erbringen, dass er die Kreiswerke durch eine entsprechende Vereinbarung zur Bildung von Rücklagen angehalten hatte.

    Frage also: Wo sind die Gelder für die Deponiesanierung geblieben? Wie wird sie finanziert?


  2. Die Tatsache, dass die Kreiswerke Delitzsch GmbH ebenso wenig wie der ehemalige Landkreis in der Lage waren, die geforderte Deponiesanierung durchzuführen, wird aus einem zweiten Gesichtspunkt deutlich:

    Mit Bescheid vom 15.08.2007 hat das RP Leipzig der KWD GmbH den Abschluss der Rekultivierungsmaßnahmen zur temporären Oberflächenabdeckung für den Bereich Kommunalmülldeponie / Neue Altsalzdeponie – KMD/NAD – der Deponie Spröda genehmigt. Mit Antrag vom 02.11.2007 haben die KWD GmbH die entsprechende Ausführungsplanung beantragt. Diese wurde mit Bescheid vom 17.12.2007 durch das RP Leipzig bestätigt. Gegen diesen Bescheid haben jedoch die KWD GmbH Widerspruch und gegen den ergangenen Widerspruchbescheid des RP Leipzig vom 29.02.2008 Klage eingereicht.

    Es wurde also gegen einen Bescheid Klage eingereicht, der selbst von der KWD GmbH beantragt wurde. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass ein Teil der Deponie mittlerweile im Grundwasser stehe, so dass ursprünglich geschätzter 45.000 m³ durchströmten Wassers mittlerweile fast 450.000 m³ Wasser die Deponie durchströmen und in den Lober laufen (mit einer entsprechend hohen Versalzung). Die Kreiswerke argumentieren in ihrem Widerspruch vom 14.01.2008 gegenüber dem RP Leipzig folgendermaßen:

    Aufgrund der derzeitig ungeklärten Grundwasserverhältnisse erscheinen aus unserer Sicht weitere Maßnahmen der Oberflächenabdichtung zwecklos. Es besteht die Gefahr, dass die neu errichtete Abdichtung durch Unterspülungen sogleich wieder beschädigt und zerstört wird. Solange die Ursachen nicht beseitigt sind, erscheint die Durchführung weiterer Maßnahmen, insbesondere die weitere Ausführung der Oberflächenabdeckung als sinnlos. Wir haben daher bereits einen Bergschaden angezeigt.

    Wie aus dem Antwortschreiben des Staatsministeriums des Innern vom 13. Januar 2010 auf Grund einer Kleinen Anfrage der Abgeordneten Andrea Roth MdL (Drucksache 5/826) hervorgeht, will nun der Landkreis durch eine Klage erreichen, dass die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH als vermeintliche Verursacherin des Grundwasserwiederanstieges, der eine Entwässerung des Deponiegeländes erforderlich macht, die diesbezüglichen Kosten übernimmt.

    Wie aus dem Widerspruchsbescheid des RP Leipzig vom 29.02.2008 jedoch eindeutig ersichtlich, ist der hier maßgebliche Teil der Deponie (KMD/NAD) nicht von dem Grundwasseranstieg betroffen.

    Mit Urteil vom 20.01.2010 verlor die KWD GmbH das Klageverfahren bezüglich des Aufbringens der vom RP Leipzig geforderten temporären Oberflächenabdeckung. Diese Maßnahme muss nun bis Ende 2011 vollständig umgesetzt werden.
    Jener Teil der Klage, welcher sich mit der Problematik des Grundwasserwiederanstieges befasst, wurde von diesem Verfahren abgetrennt und soll nun im Rahmen eines Mediationsverfahrens weitergeführt werden.


Zschepen, 15.02.2010
Dietmar Mieth


 »»» weitere Publikationen

 »»» zur Startseite