Erklärung des Bürgervereins »Sauberes Delitzscher Land e.V.« zu der am 10. Dezember 2008 begonnenen PostkartenaktionDieser erneute Versuch, die Öffentlichkeit für die unhaltbaren Zustände in unserer Region zu sensibilisieren, ist der Tatsache geschuldet, dass unser Verein bereits seit Jahren die zuständigen Stellen darüber allumfassend informierte. Leider blieb dies bislang ohne nennenswerten Erfolg. Mit dieser Postkartenaktion sollen die unter maßgeblicher Beteiligung des Landrates Czupalla in der Vergangenheit vorangetriebenen ungeheuerlichen Vorgänge, hier insbesondere zur rechtswidrigen freihändigen Vergabe der Abfallentsorgung innerhalb des einstigen Landkreises Delitzsch erneut an die Bevölkerung herangetragen werden. . Zum Sachverhalt:Am 1.8.2008 wurde der bisherige Landkreis Delitzsch gemäß Artikel 1 § 2 Abs. 1 Gesetz zur Neugliederung des Gebietes der Landkreise des Freistaates Sachsen und zur Änderung anderer Gesetze (Sächsisches Kreisgebietsneugliederungsgesetz – SächsKrGebNG – vom 29.1.2008 (SächsGVBl, Nr. 2, S. 101 ff.) aufgelöst und in den nach § 3 SächsKrGebNG neu gebildeten Landkreis Nordsachsen eingegliedert, der nach § 4 Abs. 1 SächsKrGebNG zum Gesamtrechtsnachfolger bestimmt ist. . Bereits im Jahr 1992 hatte der Landkreis Delitzsch die KWD mit der Erfüllung der ihm obliegenden Entsorgungsaufgaben beauftragt. Zu diesem Zwecke schlossen der Landkreis Delitzsch, vertreten durch den Landrat Czupalla, und die Kreiswerke Delitzsch GmbH mit Datum vom 6. April 1992 einen Entsorgungsvertrag. Gemäß § 9 Absatz 1 des Entsorgungsvertrages trat dieser am 1. Januar 1992 in Kraft und hatte zunächst eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2006. Der Vertrag sah in § 9 Absatz 1 Satz 2 des Weiteren vor, dass dieser sich um jeweils weitere fünf Jahre verlängern solle, wenn er nicht spätestens zwei Jahre vor seinem Auslaufen von einem der Vertragspartner schriftlich gekündigt wird. Die auf die KWD übertragenen Entsorgungsaufgaben des Landkreises Delitzsch sind seinerzeit nicht ausgeschrieben worden. . „Unter der auflösenden Bedingung, dass die Abfallvorbehandlung, die Verwertung und die Deponierung der andienungspflichtigen Restabfälle des Landkreises Delitzsch in Umsetzung der öffentlich-rechtlichen Zweckvereinbarung zwischen dem Zweckverband Abfallwirtschaft Westsachsen (ZAW) und dem Landkreis Delitzsch vom 11. Dezember 2002 und der in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Verträge zur Entsorgung der andienungspflichtigen Restabfälle des Landkreises Delitzsch sowie zur Verwertung der heizwertreichen Fraktion zwischen WEV (Westsächsische Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft mbH) und KWD (Kreiswerke Delitzsch GmbH) erfolgt, vereinbaren die Vertragsparteien, dass das wechselseitige Recht zur ordentlichen Kündigung dieses Vertrages erstmals zum 1. Juni 2025 ausgeübt werden kann.&ldquo Die übrigen vertraglichen Vereinbarungen blieben unverändert. Der Beschlussvorschlag wurde vom Landrat des Landkreises Delitzsch, Herrn Michael Czupalla, Vorsitzender des Kreistages, unterzeichnet. . Mit der geänderten Vereinbarung zu § 9 Absatz 1 Satz 3 des Entsorgungsvertrages wurde dieser über den ursprünglichen Vertragszeitraum zum 31. Dezember 2006 hinaus bis zum
1. Juni 2025 und damit um nahezu 18 ½ Jahre verlängert. . Der Bürgerverein macht damit geltend, dass die Erbringung von Dienstleistungen, wie sie der KWD im Rahmen der „geheimen“ Vertragsverlängerung „zugeschanzt“ wurden, europaweit hätte ausgeschrieben werden müssen, da die EU-Schwellenwerte bei weitem überschritten sind. Wir gehen insoweit von einem Auftragswert für den Verlängerungszeitraum von mindestens im dreistelligen Millionenbereich aus. Damit liegt ein binnenmarktrelevanter Vorgang vor. Der Landkreis hätte zwingend die vergaberechtlichen Regelungen anwenden müssen, damit auch andere private Anbieter eine Chance auf den ihn zu gewährenden Markteintritt haben. Dem entgegen hat der öffentliche Auftraggeber die betreffenden Entsorgungsdienstleistungen in einem vollkommen intransparenten Verfahren einer Tochtergesellschaft, die einen privaten Gesellschafter hat, „zugeschoben“. Der Vergaberechtspflichtigkeit der vom öffentlichen Auftraggeber vorgenommenen Vertragsverlängerung steht insbesondere nicht die Tatsache entgegen, dass der Landkreis Delitzsch an dem beauftragten Unternehmen (KWD) direkt 25 % und indirekt 55 % der Anteile hält. Es handelt sich insbesondere nicht um eine so genannte „In-House-Vergabe“, auf die die Vorschriften des europäischen Vergaberechts nicht anzuwenden wären. Bereits in der „Teckal“-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs hat dieser ausgeführt: „Zur Beantwortung, ob ein Vertrag vorliegt, muss das Gericht prüfen, ob eine Vereinbarung zwischen zwei verschiedenen Personen getroffen wurde. Dazu genügt es nach Artikel 1 A )DRL 93/36 grundsätzlich, dass der Vertrag zwischen einer Gebietskörperschaft und einer rechtlich von dieser verschiedenen Person geschlossen wurde. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die Gebietskörperschaft über die fragliche Person eine Kontrolle ausübt wie über ihre eigene Dienststellen und wenn diese Person zugleich ihre Tätigkeit im wesentlichen für die Gebietskörperschaft oder die Gebietskörperschaften verrichtet, die ihre Anteile inne haben. &ldquo vgl. EuGH, Urteil vom 18. November 1999 – Rs C-107/98, EuZW 2000, 246 Spätestens mit der „Stadt Halle-Entscheidung“ des Europäischen Gerichtshofs steht fest, dass ein vergaberechtsfreies „In-House-Geschäft“ nur dann überhaupt möglich ist, wenn eine 100 %ige Beherrschung des Auftragnehmers durch den öffentlichen Auftraggeber gegeben ist. In dieser Entscheidung hat der EuGH klargestellt: „Nach der Rechtssprechung des Gerichtshofes ist es nicht ausgeschlossen, dass es weitere Umstände gibt, unter denen eine Ausschreibung nicht obligatorisch ist, auch wenn der Vertragspartner eine Einrichtung ist, die sich vom öffentlichen Auftraggeber rechtlich unterscheidet. Das gilt dann, wenn die öffentliche Stelle, die ein öffentlicher Auftraggeber ist, über die fragliche Einrichtung eine ähnliche Kontrolle ausübt, wie über ihre eigenen Dienststellen und diese Einrichtung ihre Tätigkeit im wesentlichen mit der oder den öffentlichen Stellen verrichtet, die ihre Anteile inne haben (vgl. in diesem Sinne Urteil „Teckal“ Rn. 50). Es ist daran zu erinnern, dass in dem vorgenannten Fall die Einrichtung zu 100 % von öffentlichen Stellen gehalten wurde. Dagegen schließt die auch nur minderheitliche Beteiligung eines privaten Unternehmens am Kapital einer Gesellschaft, an der auch der betreffende öffentliche Auftraggeber beteiligt ist, es auf jeden Fall aus, dass der öffentliche Auftraggeber über diese Gesellschaft eine ähnliche Kontrolle ausübt wie über seine eigene Dienststellen. &ldquo vgl. EuGH, Urteil vom 11. Januar 2005 – Rs C-26/03, EuZW 2005, 86. Damit steht fest, dass die in Rede stehende Vertragsverlängerung unzweifelhaft der Ausschreibungspflicht unterlag. Deshalb ist unsere Forderung insbesondere an den Landrat des Landkreises Nordsachsen, Herrn Czupalla, höchstdringlich: Veranlassen Sie unverzüglich die überfällige europaweite Ausschreibung der Dienstleistung Abfallentsorgung für den in Rede stehenden Entsorgungsbereich!
Delitzsch, 10. Dezember 2008 |