Bürgerverein Sauberes Delitzscher Land e.V.
c/o Dietmar Mieth
Alter Dorfring 22
04509 Delitzsch OT Zschepen
Landratsamt Nordsachsen
Außenstelle Eilenburg
z.H. Herrn Landrat Czupalla
Dr.-Belian-Straße 4
04838 Eilenburg
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Delitzsch, 17. November 2008
Einwendungen und Stellungnahme
zum Genehmigungsantrag der Firma S.D.R. Biotech Verfahrenstechnik GmbH nach § 16
Abs. 1 BImSchG in Verbindung mit § 1 Absatz 1 und 2 der 4. BImSchV sowie Nummer 8.11 Spalte 1 Buchst. aa des Anhangs zu § 1 der 4. BImSchV zur wesentlichen Änderung der Anlage zur Behandlung von gefährlichen Abfällen (Abfallimmobilisierung) am Standort
Brehnaer Straße 38 in 04509 Neu-Kyhna, OT Pohritzsch
[Bekanntmachung des LRA Nordsachsen vom 26. September 2008; (AZ: 8823.12-08.11-19290-03)]
Sehr geehrter Herr Czupalla,
auf der Grundlage der ohne Anlage 4 öffentlich ausgelegten Antragsunterlagen vom 17.07.2008 (ohne Unterschrift geändert am 10.09.2008) des Antragstellers S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH (S.D.R) möchte der BV „Sauberes Delitzscher Land e.V.“ mit diesen Einwendungen grundsätzlich zu maßgeblichen Sachverhalten Stellung beziehen und die Ablehnung der von S.D.R. beantragten wesentlichen Änderung (Erhöhung der Anlagenkapazität auf 200.000 t/a und der Fertiglagerkapazität auf 2.000 t sowie die Erhöhung von 4 Silos) begründen.
In diesem Zusammenhang unterstützt der BV „Sauberes Delitzscher Land e.V.“ in dieser Sache auch die Anwohner, die von den zu erwartenden problematischen Auswirkungen der beantragten Änderung kausal betroffen sind und sich folglich zusätzlich mit eigenen Einwendungen gegen das in Rede stehende Vorhaben fristgemäß ausgesprochen haben.
Die Einwendungen werden wir dann mit Unterstützung von Sach- und Rechtsbeiständen im Rahmen der vorgesehenen Erörterung am 13.01.2009 in direkter Rede näher erläutern und noch umfassender begründen.
Aus dem Quellenverzeichnis, das sich am Ende dieses Einwendungsschreiben befindet, ist unter /4/und /6/ ersichtlich , dass seit Anfang 2008 der BV „Sauberes Delitzscher Land e.V.“ (BV) durch Schriftverkehr mit dem RP Leipzig die Besonderheiten im Rahmen früherer Genehmigungsverfahren und insbesondere die Probleme bezüglich der von S.D.R. praktizierten Immobilisierungstechnologien zu klären versuchte. In den relevanten Antwortschreiben des RP Leipzig (/5/ und /7/) wurden die vom BV aufgedeckten problembehafteten Vorgänge und Sachverhalte nur teilweise befriedigend erklärt, keinesfalls aber ausräumt.
Nach Durchsicht der Antragsunterlagen /1/ muss leider erneut konstatiert werden, dass weder die offenen Fragen zu früheren Sachverhalten befriedigend beantwortet noch die genehmigungsrelevanten Aspekte insbesondere im Hinblick auf die Verwertung/Entsorgung der in Rede stehenden Immobilisate nachvollziehbar dargestellt worden sind. Folglich sind wir gezwungen, mit unseren Einwendungen diese grundsätzlichen Mängel erneut aufzuzeigen und wenigstens die offenkundigsten Mängel, die in den Antragsunterlagen /1/ zu erkennen waren, nachfolgend herauszuarbeiten und die dadurch erforderlichen Konsequenzen mit diesem Einwendungsschreiben entsprechend vorzubringen.
Mehrfach wurde in /1/ hervorgehoben, dass die beantragte Änderung im Einklang stehen soll mit den grundsätzlichen Bestimmungen, die insbesondere durch die früher ergangenen Bescheide /2/ und /3/ vom RP Leipzig festgelegt worden sind. Dies betrifft vor allem die Basistechnologien, den Input hinsichtlich der zugelassenen Abfälle (Positivkatalog) bzw. Additive für die Abfallimmobilisierung sowie die zugelassenen Ausgangsstoffen (Output). Hierbei müssen von S.D.R. die bindenden relevanten Nebenbestimmungen, die insbesondere im Bescheid des RP Leipzig vom 12.08.2005 /3/ fixiert sind, zwingend eingehalten werden.
In diesem Zusammenhang verweisen wir auf unseren Schriftverkehr mit dem RP Leipzig. Die vom BV mit den Schreiben /4/ und vor allem /6/ dargelegten Argumente begründen unsere Kritik am bislang problematischen Verhalten der S.D.R. sowie an intransparenten Verwaltungsvorgängen zu Genehmigungs- und Kontrollabläufen, die mit S.D.R. im Zusammenhang stehen. Die aktuell noch zutreffenden Argumente müssen folglich auch als integraler Bestandteil der hiermit vorgebrachten Einwendungen berücksichtigt werden, weil der aktuell von S.D.R. gestellte Genehmigungsantrag /1/ auf die früheren unzureichenden Genehmigungen „aufgepfropft“ ist.
Deshalb haben wir unsere Schreiben /4/ und /6/ kopiert als Anlagen beigefügt mit dem Verlangen, dass die darin von uns beschriebenen Argumente, die durch die Antworten des RP Leipzig (/5/ und /7/) nicht überzeugend ausgeräumt werden konnten bzw. auch gegenwärtig noch zutreffen, in das aktuelle Genehmigungsverfahren einzubeziehen sind und als Einwendungen des BV betrachtet werden müssen.
Der von S.D.R. aktuell gestellte Genehmigungsantrag /1/ bezieht sich vor allem auf die angestrebte Kapazitätserhöhung von bisher 160.000 t/a auf nunmehr 200.000 t/a in Verbindung mit der Erhöhung der Fertiglagerkapazität von 1.000 t auf 2.000 t. Darüber hinaus beantragte S.D.R. in diesem Zusammenhang die Erhöhung von 4 Silos zur Erweiterung der Füllvolumina auf 75 m3 je Silo und die Realisierung weiterer technischer Veränderungen bei innerbetrieblichen Transporten vor allem durch den Bau/Einsatz einer Sammelförderbandstrecke.
Bereits im Antragsformular 1.1. (Blatt 3; Pkt.9) des Genehmigungsantrags /1/ zeigt sich ein wesentlicher Fehler mit der Angabe der vorraussichtlichen Inbetriebnahme zu 12/2008. Dieses Ansinnen von S.D.R. ist nicht akzeptabel, weil von der zuständigen Genehmigungs-behörde als Erörterungstermin der 13. Januar 2009 bestimmt wurde und folglich das hierfür erforderliche Genehmigungsverfahren - allein vom Zeitablauf - niemals vor Dezember 2008 abgeschlossen sein kann.
Da allein schon dieses frist- und formgerechte Einwendungsschreiben dazu führen muss, dass die Genehmigungsbehörde keinen Ermessensspielraum mehr hat, den dadurch erforderlichen und bereits für den 13. Januar 2009 festgesetzten Erörterungstermin als gegenstandslos zu betrachten, kann eine Rechtsgrundlage für die Inbetriebnahme 12/2008 nicht mehr rechtzeitig geschaffen werden. Vorsorglich erklären wir hiermit, dass wir Beschwerde einlegen werden, falls – wider Erwarten – die für den 13. Januar 2009 anberaumte Erörterung mit Beteiligung der Öffentlichkeit nicht durchführt werden sollte.
Hinsichtlich der beantragten Stoffmengen bezüglich des Inputs (Antragsunterlagen /1/; Pkt.3.1 in Verbindung mit Formular 3.1/1) muss bemängelt werden, dass zwar 200.000 t/a als maximaler Mengenstrom angegeben werden, gleichzeitig aber mit Präzisierungen durch Pkt.3.3, Bemerkungen zum Antragsformular 3.1/1 und durch Angaben im Mengenfluß-schema (Fließbild Nr.11) in den Antragsunterlagen /1/ mitgeteilt wird, dass auch größere Mengenströme in Abhängigkeit der sich wechselnden marktwirtschaftlichen Situationen vorkommen könnten. Damit summieren sich Abfallströme beim Input z.B. gemäß Mengenfluss-Schema bis auf über 260.000 t/a. Derartige Größenordnungen bezeichnet S.D.R. als rein rechnerische Größen, die trotzdem die Einhaltung der beantragten max. 200.000 t/a gewährleisten sollen. Vielmehr ist dies als untauglicher Versuch von S.D.R. zu werten, „durch die Hintertür“ auch deutlich höhere Stoffströme über 200.000 t/a stillschweigend legitimiert zu bekommen. Die Antwort vom 15.05.2008 des damals amtierenden sächsischen Umweltministers Prof. Wöller /8/ zeigen bezüglich der in Pohritzsch im Jahr 2007 bzw. vom 01.01.2008 bis 31.03.2008 von S.D.R. tatsächlich verarbeiteten gefährlichen Abfällen Diskrepanzen in der Bilanz von mehr als 80.000 t im Jahr 2007 und ca.2.000 t im ersten Quartal 2008. Diese offenkundigen Diskrepanzen belegen, dass wenigstens im Jahr 2007 S.D.R. „sehr großzügig“ mit der Einhaltung von erteilten Genehmigungen umgegangen ist. Mit dieser Erkenntnis können wir den vorgenannten Ausführungen zum Input in den Genehmigungsunterlagen /1/ von S.D.R. keinesfalls trauen. Folglich sind die von S.D.R. in /1/ aufgeführten Angaben zum Input unglaubwürdig.
Ebenfalls unter Pkt. 3.1 führt S.D.R. in den Antragsunterlagen /1/ aus, dass bezüglich der Zusammensetzung der Abfälle (Input) sich S.D.R. (Zitat aus /1/) „auf die statische (gemeint ist sicherlich: statistische) Erfassung und Auswertung zahlreicher Deklarationsanalysen für die Antragstellung zur Abfallimmobilisierungsanlage vom 03.12.1997“ stützt. Für uns ist nicht nachvollziehbar, inwiefern Daten, die mittlerweile über 10 Jahre alt sind, überhaupt reproduzierbar anwendbar sein können auf die aktuellen Sachverhalte, die heute unter Beachtung von z.T. völlig anderen Rand- und Rahmenbedingungen bewertet werden müssen. Folglich sind die diesbezüglichen Aussagen von S.D.R. in /1/ substanzlos.
Noch problematischer sind die spärlichen Angaben in den Antragsunterlagen /1/ zum Output.
Unter Bezugnahme auf die früher erteilten Bescheide /2/ und /3/ sind die von S.D.R. dargestellten Präzisierungen lediglich (größtenteils unglaubwürdige) Beteuerungen, dass die relevanten gesetzlichen Forderungen erfüllt würden. Es reicht keinesfalls aus, die Ausgangsstoffe (Output) in 8 Gruppen zu ordnen und in /1/ unter Pkt.3.1 a) bis f zu behaupten, dass Zuordnungen der jeweiligen Materialen den lediglich genannten gesetzlichen Regelungen entsprechen sollen.
Für die in /1/ (Antragsformular 3.1/2) mit 220.000 t/a angegebenen Ausgänge wurden von S.D.R. analog zum Input mit Bemerkungen versehen. Diese Bemerkungen zeigen noch offensichtlicher als beim Input, dass S.D.R wiederum den untauglichen Versuch unternehmen will, „durch die Hintertür“ auch beim Output deutlich höhere Stoffströme über 220.000 t/a hinaus stillschweigend legitimiert zu bekommen. Dieses Ansinnen von S.D.R. betrachten wir als Täuschungsmanöver und wird folglich von uns nicht akzeptiert.
In den Antragsunterlagen /1/ werden unter Pkt. 5.2.in Verbindung mit Antragsformular 5.2 bzw. unter Pkt. 5.3. in Verbindung mit Antragsformular 5.4 (Antragsformular 5.3 war nicht ausgelegt) einige spärliche Angaben zum Abfall bzw. zum Verwertungs-/Beseitigungsweg des Abfalls mitgeteilt. Die zur Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit maßgeblichen Angaben zur Abfallzusammensetzung bzw. zu den Annahmeerklärungen fehlen in den vorgenannten Antragsformularen und damit in den Antragsunterlagen /1/ vollständig. Dieser schwerwiegende Mangel kann nicht hingenommen werden, weil ohne Kenntnis dieser genehmigungsrelevanten Angaben hinsichtlich deren Genehmigungsfähigkeit überhaupt keine nachvollziehbare Beurteilung der eingereichten Unterlagen sowohl durch uns als auch durch die Genehmigungsbehörde möglich ist.
Besonders ins Gewicht fällt außerdem, dass die diesbezügliche Anlage 4 (Liste der potentiellen Entsorger von Ersatzbrennstoffen zur Verwertung/Beseitigung mit Annahmekriterien) nicht ausgelegt worden ist und mit lapidaren 6 Zeilen vor Anlage 5 im Genehmigungsantrag /1/ zum Formular 5.4 „Annahmeerklärung“ vom Antragsteller S.D.R. ausgeführt wird:
(Zitat) „Die Annahmeerklärungen für die Abfälle zur Beseitigung/Verwertung .........liegen dem Landratsamt Nordsachsen für die maximale Menge von 220.000 t pro Jahr als Output aus der Abfallbehandlungsanlage Pohritzsch vor. Korrespondierend zu den Annahmeerklärungen wurden dem Landratsamt Nordsachsen die entsprechenden Entsorgungsnachweise vorgelegt.“
Mit dieser Erklärung wird offensichtlich, dass das LRA Nordsachsen als zuständige Genehmigungsbehörde hinsichtlich dieser insbesondere für die betroffenen Bürger und für die Umwelt bedeutsamen Angaben von S.D.R. privilegiert behandelt worden ist.
Erschwerend kommt hinzu, dass im öffentlich ausgelegten Genehmigungsantrag /1/ ausgerechnet die diesbezügliche Anlage 4 fehlte, obwohl S.D.R. unter Pkt. 5.3 (Seite 39 von /1/) ausdrücklich erklärte: (Zitat) „in der Anlage 4 sind die Entsorgungsnachweise inkl. Annahmeerklärungen zur Übernahme für die Verwertung, ggf. Beseitigung von Stabilisaten und vorgemischten Abfällen zusammenfasst. An Stelle der Formulare 5.4 „Annahmeerklärungen“ gelten die Erklärungen in den einzelnen Entsorgungsnachweisen.“
Folglich ist das Fehlen ausgerechnet der Anlage 4 von /1/ bei der öffentlichen Dokumentenauslage als sehr schwerwiegende Benachteiligung der betroffenen Bürger sowie des BV zu werten. Damit ist das laufende Genehmigungsverfahren höchstproblematisch geworden, weil durch das Fehlen wichtigster Teile des Genehmigungsantrags /1/ ausgerechnet bei der öffentlichen Auslegung gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstoßen wurde, so dass zwangsläufig einseitige Vorteile für den Antragsteller S.D.R. resultieren müssen. Diese Vorteile zugunsten von S.D.R. sind keinesfalls akzeptabel und sind nicht zuletzt unfair gegenüber den Bürgern, die sich an dem Genehmigungsverfahren öffentlich beteiligen wollen.
Konsequenterweise fordern wir das LRA Nordsachsen als die zuständige Genehmigungsbehörde definitiv auf, die von S.D.R. mit unfairen Mitteln angestrebte Genehmigung zu versagen.
Damit werden weitere Aspekte, die unsere Einwendungen zusätzlich begründen, nachrangig, so dass wir an dieser Stelle darauf verzichten können. Unabhängig davon werden wir diese Aspekte zu einem späteren geeigneten Zeitpunkt form- und fristgemäß einbringen, falls erneut von S.D.R. auf rechtskonformer Grundlage ein ordnungsgemäßes Genehmigungsverfahren wiederholt angestrengt werden sollte.
Mit freundlichen Grüßen
(Dietmar Mieth; BV „Sauberes Delitzscher Land e.V.“)
(Sieghard Weck; Sachbeistand)
Quellenverzeichnis:
- Genehmigungsantrag zur Änderung gemäß § 16 (1) nach Bundesimmissionsschutz-gesetz (BImSchG) einer Abfallbehandlungsanlage (Immobilisierung) der S.D.R. Biotec Verfahrenstechnik GmbH vom 17.07.2008 (geändert 10.09.2008)
[Az: 6.1.4-8823.12-08.11aa-19290-02 ]
- Genehmigungsbescheid des RP Leipzig vom 25.03.1999
[Az: 64-8823.12-08.07-19290-02 ]
- Genehmigungsbescheid des RP Leipzig vom 12.08.2005
[Az: 64-8823.12-08.11-19290-02 ]
- Schreiben des BV „Sauberes Delitzscher Land e.V.“ und 15 betroffener Bürger aus Pohritzsch und Brehna an das RP Leipzig vom 11.01.2008
- Antwort des RP Leipzig an den BV „Sauberes Delitzscher Land e.V.“ vom 25.01.2008
- Schreiben des BV „Sauberes Delitzscher Land e.V.“ an das RP Leipzig vom 29.01.2008
- Antwort des RP Leipzig an den BV „Sauberes Delitzscher Land e.V.“ vom 29.02.2008
- Antwort des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft vom 15.05.2008 [Az: Z-0141.50-4/1 1952 ] auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Johannes Lichdi, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 14.04.2008 (Drs.-Nr. 4/11952)
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