11.09.2003
Sehr geehrter Herr Landrat, vielen Dank für Ihr freundliches Schreiben vom 4.09.2003. Wie angekündigt wird hiermit der 2. Teil unseres Fragenkataloges übermittelt, der sich mit den in dem Betreff genannten Komplexen befasst. Fragenkatalog, Teil 21. Durchführung von Beschlußfassungen in ausserordentlichen Gesellschafterversammlungen der ENEBA1.1. Vorbemerkung zum Gesellschaftsvertrag der Entsorgungs- und Entwicklungs- und Baugesellschaft mbH ENEBA Die Gesellschafterversammlung (GVers) soll grundsätzlich am Sitz der Gesellschaft stattfinden, § 121 Abs.5 S. 1 AktG analog, BGH-WM 85, 568. In der Satzung kann abweichendes geregelt sein, was bei der ENEBA nicht der Fall ist. Nur bei (vorherigem) Einverständnis aller Gesellschafter kann die Gesellschafterversammlung an jedem beliebigen Ort stattfinden, Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 16. Auflage, § 51 Rn 13. Die Einberufung erfolgt grundsätzlich durch die Geschäftsführer, § 49 Abs. 1 GmbHG. Gemäß § 51 Abs.1 GmbHG ist hierfür eine Frist von einer Woche erforderlich. Ist eine Versammlung nicht ordnungsgemäß einberufen, können bestimmte Beschlüsse nur gefaßt werden, wenn sämtliche Gesellschafter anwesend sind, § 53 Abs. 3 GmbHG. Der Gesellschaftervertrag der ENEBA enthält keine Regelung darüber, dass die GVers. an anderem Ort als an dem Sitz durchgeführt werden können. Beschlußfassungen über die Erhöhung des Stammkapitals oder Änderung der Satzung wurden häufig auf außerordentlichen Gesellschafterversammlungen unter Verzicht auf Einhaltung von Form und Ladungsfristen durch Herrn Dr. Haupt allein in Berlin durchgeführt. Sofern keine Zustimmung (vorab) zur Durchführung einer solchen GVers. vorlag, konnten Beschlüsse nicht wirksam gefaßt werden bzw. ist die Rechtswirksamkeit zumindest zweifelhaft. 1.2. Vertretung des Landkreises in Gesellschafterversammlungen von privaten Beteiligungsunternehmen Es gelten § 63 LKrO i.V.m. §§ 95 bis 100; 102 SächsGemO. Auch die §§ 28 und 53 SächsGemO sind analog anwendbar. Gemäß § 98 Abs. 1 SächsGemO kann der LK nur durch den Landrat oder einem Bediensteten des LK in dem Entscheidungsgremium des privaten Unternehmens vertreten werden. Der Kreistag hat eine Beschlussfassung über alle wichtigen Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung für die Gesellschaft zu treffen, es gilt hierfür die gleiche Abgrenzung wie in § 28 Abs. 1 SächsGemO und § 53 Abs. 2 SächsGemO (wichtige Geschäfte, Geschäfte laufender Verwaltung). 1.3. Fragen: 1.3.1. Ist dem Kreistag bekannt gemacht worden, dass außerordentliche Gesellschafterversammlungen der Kreiswerke Delitzsch in Berlin abgehalten wurden? 1.3.2. Ist dem Kreistag bekannt gemacht worden, dass diese Gesellschafterversammlungen unter Verzicht auf Frist und Form durchgeführt worden sind? 1.3.3. Ist dem Kreistag bekannt gemacht worden, dass für die ENEBA häufig Herr Dr. Klaus-Jürgen Haupt als vollmachtloser Vertreter aufgetreten ist und seine Erklärungen und Beschlussfassungen im Nachhinein durch den Landrat genehmigt worden sind? 1.3.4. Sind der Landrat bzw. die Rechtsdezernentin der Auffassung, dass die praktizierten Verfahrensweisen mit den Vorschriften der Landkreisordnung, der Gemeindeordnung, des GmbHG und dem Gesellschaftsvertrags in Übereinstimmung stehen? 1.3.5. Sind die nachfolgenden Beschlussfassungen der Gesellschafterversammlung der ENEBA in dem Kreistag zuvor erörtert worden bzw. hat es hierzu jeweils eine Beschlussfassung gegeben:
1.4. Anmerkung Die Beschlüsse, die auf außerordentlichen GV durch Herrn Dr. Haupt allein getroffen wurden, dürften sämtlich sowohl gegen Vorschriften der Landkreisordnung als auch unter Verstoß gegen § 48 ff GmbHG zustanden gekommen sein. Nicht ausreichend ist eine nachträgliche Genehmigung durch den Landrat, da die Genehmigung sich jeweils auf die gefassten Beschlüsse, nicht jedoch auf die (Art und Weise der) Durchführung der GVers bezieht. Sofern der Kreistag nicht vor den Beschlussfassungen unterrichtet worden ist und dazu eine Entscheidung treffen oder zumindest eine Position abgeben konnte, ist von einer Rechtswidrigkeit der Beschlußfassungen auszugehen. Sollte dem Landkreis durch solche Beschlüsse ein Schaden entstanden sein, wäre ein Amtshaftungsanspruch gegeben, der sich gegen den Landrat richtet, weil dieser die Beschlußfassung unter permanenten Verstoß gegen Vorschriften der LKrO und der SächsGemO mitgewirkt hat (nachträgliche Genehmigung). Im Übrigen hätte die GVers grundsätzlich durch Herrn Dr. Buder als Geschäftsführer der ENEBA einberufen werden müssen, was offensichtlich auch nicht geschehen ist. 2. Aufsichtsrat bei der ENEBA2.1. Vorbemerkung Gem. § 10 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages dürfen Aufsichtsratsmitglieder nur für einen Zeitraum von 4 - 5 Jahren bestellt werden. Wörtlich heißt es: "Aufsichtsratsmitglieder dürfen nicht für eine längere Zeit als bis zur Beendigung der Gesellschafterversammlung bestellt werden, die über die Entlastung für das 4. Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt. Das Geschäftsjahr, in dem die Amtszeit beginnt, wird nicht mit gerechnet. Eine Sonderregelung für einzelne AR-Mitglieder etwa den Landrat gibt es nicht, was auch nicht erforderlich ist, da dieser ja schon den Landkreis in der GVers. vertritt. Seit dem 29.5.1992 sind - offenbar durchgängig - Mitglieder im Aufsichtsrat: Seit dem 8.12.1994 sind - offenbar durchgängig - Mitglieder im Aufsichtsrat: Gegenwärtig verfügt der Aufsichtsrat über 10 Mitglieder, 5 entsendet der LK Delitzsch, (LK), 4 die IKW und einer wird gemeinsam von beiden Gesellschaftern bestimmt. Derzeitige Mitglieder im Aufsichtsrat sind: Michael Czupalla, Dr.Uwe Arnold hätten gem. § 10 II Gesellschaftsvertrag spätestens Mitte 1997, Frau Rita Henke, Herr Bernd Hickmann und Herr Hartmut Hildebrandt spätestens Mitte 1999 aus dem Aufsichtsrat der ENEBA ausscheiden müssen (Mitte des Jahres erfolgt Beschlußfassung über den Jahresbericht des Vorjahres). Ständig anwesend bei den Aufsichtsratssitzungen der ENEBA sind offenbar: 2.2. Fragenkatalog: Aufgrund der wohl unzulässigen Zusammensetzung des Aufsichtsrates der ENEBA machen sich leider die nachfolgenden Fragen unumgänglich: 2.2.1. Welche Familienangehörige von welchen Aufsichtsratsmitgliedern stehen bei der KWD oder einer anderen Konzerntochter der ENEBA in einem Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnis oder unterhalten engere, auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehungen? 2.2.2. Ist es zutreffend, dass der Sohn von Herrn Dezernent Ulrich Fiedler nach Entlassung aus einem privaten Unternehmen bei den KWD zunächst befristet eingestellt und später gegen den Willen des Betriebsrates weiter beschäftigt wurde? 2.2.3. Ist es zutreffend, dass das Opel - Autohaus der AR-Mitglied Hartmut Hildebrandt, der die Interessen der IKW im AR vertritt, die KWD mit Dienstwagen ausrüstet? 2.2.4. Ist es zutreffend, dass der Sohn von Frau Angelika Stoye, die wohl stets bei den Gesellschafterversammlungen der ENEBA zugegen, bei den KWD beschäftigt ist? 2.2.5. Ist es zutreffend, dass Herr Bernd Hickmann, Ergotherapeut mit eigener Praxis in Delitzsch, die Handballabteilung von Concordia Delitzsch (entgeltlich) betreut? 2.2.6. Ist es zutreffend dass der (geschiedene) Ehemann von Frau AR Rita Henke, CDU (MDL) bei der Gesellschaft für Kreisentwicklung & Wohnungsbau im Landkreis Delitzsch mbH beschäftigt ist oder längere Zeit war, und wenn ja in welcher Funktion und seit wann? 2.2.7. Ist es zutreffend, dass Herr AR Krippner, CDU-Kreistags-Abgeordneter, für seine Computervertriebsfirma ProSoft, Delitzsch, regelmäßig Aufträge von den KWD bzw. von dem Landkreis zur Ausstattung weiterer LK-Unternehmen mit Computer-Hard- und Software erhalten hat und erhält? 2.2.8. Soweit die Fragen 2.2.1. bis 2.2.7 mit ja zu beantworten sind, sind sie der Auffassung, dass die genannten AR-Mitglieder ihrer Aufsichtsfunktion gerecht werden können.? Für ein umfassende Beantwortung der Fragen sind wir Ihnen sehr verbunden. Mit freundlichen Grüßen Lothar Hermes Zum Fragenkatalog Teil I |