Leipzig (ap). Die Akten der Justiz zu den Vorgängen um die Kreiswerke Delitzsch GmbH (KWD), die für die Müllentsorgung im sächsischen Landkreis Delitzsch zuständig sind, lesen sich wie ein spannender Wirtschaftskrimi. Die oppositionellen Landtagsfraktionen von PDS und SPD sind empört, und die Staatsanwaltschaft Leipzig prüft einen Anfangsverdacht wegen Bestechung und Untreue. Dabei geht um mögliche Verbindungen zu den Müllaffären in Nordrhein-Westfalen. Auch im Landkreis Delitzsch soll eine Müllverbrennungsanlage gebaut werden.
Anlass für so viel Wirbel sind die Verbindungen des Berliner IKW Beratungsinstituts für Kommunalwirtschaft GmbH und dessen Gesellschafter Klaus-Jürgen Haupt zu den Kreiswerken von Delitzsch. Zugleich geht es aber auch um ein gemeinsames Geschäftskonto von Haupts Ehefrau und der Lebensgefährtin des Delitzscher Landrates Michael Czupalla (CDU) bei der Sachsen-LB. Haupt, gegen den die Staatsanwaltschaft Bochum in der Müllaffäre des Märkischen Kreises (Nordrhein-Westfalen) wegen des Verdachts der Beihilfe zur Untreue und Bestechung ermittelt, ist seit Anfang der 90er Jahre auch bei den Kreiswerken Delitzsch über die IKW als Gesellschafter eingebunden.
Die IKW hält 25 Prozent an den Kreiswerken, der Landkreis Delitzsch gleichfalls 25 Prozent. Die übrigen 50 Prozent hat die ENEBA GmbH inne, eine Entsorgungs- und Baugesellschaft, an der wiederum die IKW mit 40 Prozent und der Landkreis Delitzsch mit 60 Prozent beteiligt sind.
Dem Vorsitzenden der PDS-Landtagsfraktion, Peter Porsch, fällt dazu nur ein einziges Wort ein: "Filz", und die umweltpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Simone Raatz, spricht gar von "mafiösen Strukturen". Die geschäftlichen Verflechtungen um die Kreiswerke Delitzsch, wo Czupalla Aufsichtsratsvorsitzender ist, werden noch deutlicher, wenn man weiß, dass die IKW wiederum Beraterverträge sowohl mit der ENEBA als auch mit den Kreiswerken Delitzsch abgeschlossen hat.
Nach Angaben informierter Kreise soll die IKW für beide Verträge rund 300.000 Euro pro Jahr bekommen. Spannend wird es auch, wenn man sich anschaut, was die Staatsanwaltschaft Bochum bei der Sachsen-LB herausgefunden hat. Nach den der Justiz vorgelegten Unterlagen liefen über das Konto der IKW auch Einzahlungen von Helmut Trienekens, gegen den Ermittlungen der Kölner Staatsanwaltsaft wegen Verdachts der Bestechlichkeit und Beihilfe zur Steuerhinterziehung in der nordrhein-westfälischen Müllaffäre laufen, und von der Schweizer Firma Ecoling, die in Köln unter dem Verdacht von Schmiergeldzahlungen steht. Über das Konto sind aber auch Einzahlungen aus dem Ausland gelaufen.
Zudem ist auch ein Konto von Haupt bei der Sachsen-LB selbst ins Visier geraten. Dort gibt es den Unterlagen zufolge zum Beispiel aus dem Jahre 2000 ohne nähere Angaben einen Kontoausgleich von 191493,75 Mark und aus dem Jahre 1999 eine Spende an die "CDU KV Mark", also möglicherweise den Kreisverband der Partei im Märkischen Kreis, in Höhe von 18586,78 Mark. Für die Staatsanwaltschaft Bochum sind das Auffälligkeiten, denen nachgegangen wird.
Schließlich runzelt man bei der PDS-Landtagsfraktion die Stirn darüber, dass die Lebensgefährtin von Czupalla gemeinsam mit der Frau von Haupt ein Konto bei der Sachsen-LB eingerichtet hat. Für die Lebensgefährtin von Czupalla - er ist neben seiner Funktion als Landrat von Delitzsch auch Präsident des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbandes (OSGV) - ist das eine "ganz private Sache". Der Sprecher der Sachsen-LB, Frank Steinmeyer, wollte zum konkreten Fall mit Hinweis auf das Bankgeheimnis keine Stellungnahme abgeben. Frank Ellmers (ap)