Stefan Ruwoldt und Matthias Hasberg
Korruption ist in Sachsen nach Ansicht von Behörden und Justiz kaum ein Thema. Für die Einrichtung spezieller Staatsanwaltschaften sieht das Justizministerium derzeit keinen Anlass und nur die wenigsten Städte im Freistaat haben bisher Korruptionsbeauftragte eingesetzt. Nach Ansicht der Bielefelder Korruptionsexpertin Britta Bannenberg verharmlost Sachsen jedoch das Thema, Thüringen und Sachsen-Anhalt gingen viel offensiver damit um.
Nach Angaben des Dresdner Justizministeriums schwankt die Zahl der verurteilten Korruptionsstraftäter. So seien im vergangenen Jahr 19 Korruptionsfälle zur Verurteilung gekommen, im Jahr zuvor 13 und im Jahr 2000 hingegen 32. Im ersten Halbjahr dieses Jahres seien 18 Fälle von Korruptionsverdacht an Staatsanwaltschaften übergeben worden.
Mit jährlich lediglich zwei bis drei verurteilten Angestellten oder Beamten des öffentlichen Dienstes wegen Bestechlichkeit in den zurückliegenden drei Jahren sei insbesondere die Straffälligkeit von Amtsträgern in Sachsen sehr gering, erklärte Ministeriumssprecher Leon Ross. Während es in anderen Bereichen Möglichkeiten zur Verfahrensbeendung gebe, sei dies bei Korruptionsfällen ausgeschlossen.
Die Bielefelder Rechtswissenschaftlerin Bannenberg kritisiert vor allem, dass sich Sachsen weigere, eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft speziell mit der Korruptionsermittlung zu beauftragen. Spektakuläre Fälle wie die Aufdeckung des Kölner Müllskandals zeigten, dass solche Delikte nur mit geschultem und spezialisiertem Personal aufzudecken seien. Umgekehrt stelle sich oft sehr schnell heraus, dass überall, wo diese Spezialisierung nicht vorhanden ist, Indizien nicht erkannt und Verfahren innerhalb weniger Wochen eingestellt werden, sagte Bannenberg.
Zudem kritisierte sie die mangelnde Auskunftsfreudigkeit der sächsischen Behörden. So sei Sachsen nicht bereit, die Höhe von Schäden durch Korruption anzugeben oder zu schätzen, Sachsen-Anhalt aber durchaus in der Lage, Zahlen zu nennen, sagte die Juristin. In Sachsen-Anhalt sind nach Angaben der Behörden nur wenige Korruptionsfälle bekannt. Die Dunkelziffer allerdings sei "exorbitant hoch", sagte der auf Korruption spezialisierte Oberstaatsanwalt Volker Bittmann in Halle.
(ddp)
Sächsische Zeitung (Politik ), 01.11.2003