RWE bittet Trienekens zur KasseRückzahlungsforderungen in Millionenhöhe / Müllaffäre zieht immer weitere KreiseKöln. Rückforderungen in Millionenhöhe will die Essener RWE-Umwelt AG gegen den ehemaligen Eigentümer der von ihr übernommenen Trienekens AG, Hellmut Trienekens, geltend machen. Gleichzeitig scheinen die Geschäftsführer stadtnaher Gesellschaften nicht bereit, Korruption künftig zu erschweren. Strafrechtlich war gegen den Hauptakteur des Kölner Müllskandals bisher wenig zu machen: Hellmut Trienekens musste sich nicht vor Gericht verantworten. Allerdings wird sich der ehemalige Müllbaron demnächst wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe verantworten müssen. Unabhängig von strafrechtlichen Folgen könnte das Geschäftsgebaren des Müllunternehmers allerdings unerwartete und vor allem kostspielige Folgen haben. RWE-Umwelt hat nach Durchsicht der Trienekens-Geschäftsunterlagen das im Kaufvertrag vereinbarte Schiedsgericht angerufen, um Trienekens zur Rückzahlung von Honoraren in Millionenhöhe zu verpflichten. RWE vermutet, dass eine Reihe von Honorarverträgen keine realen und vor allem legalen Leistungen der Begünstigten gegenüberstanden – es könnte sich um Wohlverhaltens- und eventuell Bestechungszahlungen an Politiker, Konkurrenten und Verwaltungsmitarbeiter gehandelt haben. Nach Insiderangaben existiert eine umfangreiche Liste mit in die Müllschiebereien verwickelten Personen. Teilweise sollen millionenschwere Einzelverträge betroffen sein. Nun wird Trienekens selbst dann nicht zum armen Mann, wenn er mehrere Millionen des auf etwa 400 Millionen Euro geschätzten Kaufpreises für sein Imperium zurückzahlen müsste. Aber im Gegensatz zum sonst üblichen Weg durch die Gerichtsinstanzen würde RWE mit einem Urteil des Schiedsgerichtes in absehbarer Zeit ein Mittel in der Hand haben, um Trienekens sofort zur Zahlung zu zwingen. So jedenfalls ist im Kaufvertrag vereinbart. Öffentliche Brisanz gewinnt das Vorgehen von RWE dadurch, dass die Liste der Wohltaten-Empfänger postwendend auch an die Staatsanwaltschaft weitergereicht wurde. Neben einer Reihe von bekannten Personen sollen auch Namen genannt sein, die bisher in der Müllaffäre keine Rolle spielten oder denen man keine direkte Beteiligung nachweisen konnte. Schon in der letzten Woche hatte die Müllaffäre weitere Kreise gezogen: So mussten die Geschäftsführer zweier stadtnaher Gesellschaften eingestehen, dass sie für nicht näher definierte „Beratertätigkeiten“ sechsstellige Eurobeträge kassiert hatten. Sogar die Ehefrau eines der Betroffenen wurde mit über 100.000 Euro Abfindung beglückt – angeblich, weil ihr Mann Geschäftsführer geworden war und sie deshalb nicht weiter in dem gleichen Unternehmen arbeiten konnte. In diesem Zusammenhang hat die Öffentlichkeit mit Unverständnis zur Kenntnis genommen, dass die Geschäftsführer der stadtnahen Gesellschaften offenbar in ihrer großen Mehrheit nicht willens sind, einen Beschluss des Kölner Stadtrates umzusetzen: Der Rat, als Vertreter der Bürger immerhin Eigentümer der Gesellschaften, hatte die Geschäftsführer der stadtnahen GmbHs aufgefordert, sich zu Amtsträgern zu erklären und damit auch einer schärferen Bestrafung für den Fall der Korruption und Vetternwirtschaft auszusetzen. Dazu war aber bis auf einen keiner der betroffenen Geschäftsführer bereit. Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) informierte deswegen die Ratsmitglieder, dass die gewünschte Erklärung „nur über eine Änderung aller Gesellschaftsverträge erzwingbar“ sei. Dies will die Stadt nun anstreben. Jochen Bülow Neues Deutschland vom 29.04.2004 |