Müll-Lawine holt Landrat einDelitzsch/Dresden. „Ich freue mich bedächtig“, sagt Dietmar Mieth, Sprecher der Bürgerinitiative „Müllverbrennung Delitzsch? - Nein!“. Er verstehe nur nicht, „warum die Entscheidung gerade jetzt vor den Wahlen fällt“. Mit „Entscheidung“ meint er die Fortsetzung der im Februar als abgeschlossen verkündeten Untersuchungen gegen Delitzschs Landrat Michael Czupalla (CDU). Mieth war und ist einer der Hauptkritiker des einst für Delitzsch geplanten und seiner Meinung nach überdimensionierten Müll-Ofens. Die damit verbundene Müll-Affäre, in die Czupalla verwickelt ist, „muss nun endlich aufgeklärt werden“, sagt Mieth. Die Delitzscher Müll-Geschichte geht also weiter. Das für das Image des Landkreises traurige Schauspiel wechselt allerdings den Spielort - es findet jetzt hauptsächlich in Dresden statt. Die dort ansässige sächsische Antikorruptionseinheit INES (Integrierte Ermittlungseinheit) prüft nun die Vorwürfe gegenüber Czupalla. „Ich sehe dem gelassen entgegen“, sagt der Landrat. Schließlich habe sich bisher kein Vorwurf bestätigt. Bevor Dresden übernahm, war die Leipziger Staatsanwaltschaft Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit der geplanten und inzwischen zu den Akten gelegten Müllverbrennungsanlage nachgegangen. Im Mittelpunkt der Untersuchungen standen neben Czupalla, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Kreiswerke ist, der Kreiswerke-Chef Manfred Buder - auch gegen ihn läuft jetzt wieder ein Ermittlungsverfahren - und Klaus-Jürgen Haupt, Chef der Beratungsfirma IKW (mit 45 Prozent an den Kreiswerken beteiligt). Haupt arbeitete einst auch für Hellmut Trienekens, Zentralfigur des Kölner Müllskandals. Beide gründeten 1990 IKW. INES wird nun Fragen klären müssen wie: Standen den 330.000 Euro Jahreshonorar, die Haupts Firma IKW von den Kreiswerken bekam, adäquate Beratungsleistungen entgegen? Oder: Ist es problematisch, dass Czupallas Lebensgefährtin und Haupts Frau ein gemeinsames Konto haben? Und: Warum gaben die Kreiswerke den Bau-Auftrag für eine Müllsortieranlage nicht dem billigsten Anbieter, sondern Babcock Borsig? Haupt soll bei letzterer Firma ebenfalls aktiv und die IKW an der Entscheidungsfindung beteiligt gewesen sein. SPD und PDS reagierten mit Zustimmung auf die Wiederaufnahme der Untersuchungen gegen den CDU-Mann Czupalla. „Jetzt kommt hoffentlich mehr Licht ins Dunkel“, wünscht sich der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, Thomas Jurk.Seine Fraktion reagiere mit einem Aufatmen. Bereits im vergangenen Jahr habe sie mehrfach auf die dunklen Geschäfte mit dem Müll hingewiesen. Jurk forderte ein „Lagebild Korruptionskriminalität Sachsen“. „Wir brauchen endlich eine umfassende Bestandsaufnahme.“ PDS-Landesvorsitzende Cornelia Ernst mahnte eine „lückenlose und zügige Aufklärung“ an. Korruption schade den Menschen, den Kommunen und Sachsen. „Wir haben tausend Stunden Arbeit in das Thema Müllverbrennungsanlage gesteckt. Es war nicht umsonst. Die Ermittlungen gehen zum Glück weiter“, ist Dietmar Mieth von der Bürgerinitiative erleichtert. Doch die Müllverbrennungsanlage sei nur das eine, das derzeit in Delitzsch entstehende Biomassekraftwerk das andere. „Es geschieht in der Sache wieder das gleiche.“ Nun probierten die Erbauer des seiner Meinung nach umweltschädigenden Biomassekraftwerks, die Technischen Werke, ihn mundtot zu machen. Peter Krutsch und Sven Heitkamp |