Delitzsch. Nach wie vor sind die Verbrennungspläne für Müll und Biomasse in der Kreisstadt umstritten. Die Gesamtsituation veranlasste Manfred Stieler (Diplom-Ingenieur für Kraftwerkstechnik im Ruhestand), sich intensiver mit diesen Vorhaben zu beschäftigen. Dabei stieß er auf Fragen, die ihn bewogen, gegen die Genehmigung des Biokraftwerkes auf dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik Widerspruch einzulegen (wir berichteten).
Doch auch das Abfallkonzept des Kreises beschäftigt den agilen Rentner. Deshalb regt er in einem Schreiben an Delitzschs Stadträte zum Umdenken an. Die Entscheidung, den Müll aus dem Landkreis Delitzsch in einer mechanisch-biologischen Anlage (MBA) am Standort Cröbern behandeln zu lassen, trägt Stieler durchaus mit. "Aber welche Begründung gibt es für eine räumliche Trennung zwischen Anfall der heizwertreichen Fraktion in der MBA und deren Verbrennung in einer Müllverbrennungsanlage, die in Delitzsch errichtet werden soll?", fragt er. Dies wirke sich doch nur negativ auf den Gesamtbehandlungspreis des Mülls aus. Für ihn wäre am Standort Cröbern eine Gesamtanlage mit mechanisch-biologischer Behandlung und Verbrennung der anfallenden heizwertreichen Fraktion die bessere Lösung, die auch zu einem akzeptablen Preis für den Bürger führe.
Erst jüngst war zu lesen (LVZ berichtete überregional), dass in Sachsen-Anhalt bei Weißenfels der Baustart für ein Müllheizkraftwerk mit einer Jahreskapazität von 300.000 Tonnen erfolgte. Wenig später teilte das Regierungspräsidium mit, dass der geplante Bau einer Müllverbrennungsanlage in Lippendorf südlich von Leipzig vorerst vom Tisch sei, weil der Investor (ein Tocherunternehmen des Eon-Konzerns) zurzeit keine Chance sehe, das Vorhaben zu realisieren. Begründet wird dieser Entschluss unter anderem auch damit, dass die dafür notwendigen Abfallmengen nicht aufzutreiben sind.
LVZ, 29.04.2003
Seit Jahren wird im Kreis über Möglichkeiten einer sinnvollen und für den Bürger bezahlbaren Müllentsorgung diskutiert. In Sack und Tüten, sprich vertraglich geregelt, ist jedoch noch nichts. Immerhin scheint die Zusammenarbeit mit dem Zweckverband Abfallwirtschaft Westsachsen ein Fortschritt gegenüber der erst favorisierten Variante, den gesamten Müll in Delitzsch verbrennen zu wollen. Konsequent und damit ökonomisch und ökologisch am sinnvollsten wäre sicher eine Gesamtbehandlung des Delitzscher Mülls an einem Standort. Noch hält der Kreis aber an seinem Kleinstaatereidenken fest und beharrt auf einer eigenen Müllverbrennungsanlage. Ob dies zweckmäßig ist, darf hinter fragt werden. Zumindest gibt es zu denken, wenn ein privater Investor wie der Eon-Konzern von Lippendorf Abstand nimmt, weil der Markt die erforderlichen Müllmengen nicht bietet.
LVZ, 29.04.2003