Viele Bedenken nach wie vor nicht ausgeräumt
Dauerthema Müllverbrennung
Delitzsch.
Antworten auf zwölf Fragen zum umstrittenen Bau einer Müllverbrennungsanlage inDelitzsch, die wir vor wenigen Tagen auf einer Sonderseite veröffentlichten, konnten und sollten alle Zweifel nicht ausräumen, lediglich Schwerpunkte der bisherigen öffentlichen Diskussionen zusammenfassen. Etliche Leser haben sich zu dem Thema erneut zu Wort gemeldet. Immer wiederkehrende Bedenken: Wird die Auslastung der Anlage gewährleistet? Sind die unterstellten Müllmengen wirklich sicher? Wird der Bürger finanziell in die Pflicht genommen, wenn die Verbrennung nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden kann? Wir können aus der Fülle der Zuschriften hier nur einige Kernpunkte auswählen.
"Die so genannten sicheren Abfallmengen aus Privathaushalten basieren auf aktuellen Werten", stellte Ulf Jäckel fest und verwies laut Angaben des statistischen Landesamtes auf einen deutlichen Bevölkerungsrückgang in Sachsen in den nächsten 15 Jahren, womit auch weniger Müll verursacht werde. Privatrechtlich aquirierte Mengen unterlägen einem Preiskampf, den die Delitzscher Müllverbrennungsanlage (MVA) angesichts weiterer geplanter Anlagen in der Region künftig "nicht unbedingt gewinnen muss". Und was passsiert, wenn der private MVA-Betreiber pleite geht?, fragte Jäckel, "würden dann die Kreiswerke und der Landkreis und damit die Gebührenzahler in die Pflicht genommen?"
Auch für den Delitzscher Stadtrat Prof. Dr. Schönherr (SPD) wurde offenbar, dass nur sehr verschwommene Vorstellungen über das wirtschaftlich notwendige Müllaufkommen von 80.000 t pro Jahr (für die Müllverbrennungsanlage, d. Red.) bestehen. Sollte es hierzu keine besseren Argumente geben als die, die zu lesen waren, ist für die Entwicklung der Müllgebühren nichts Gutes zu erwarten." Auch sei nichts darüber zu erfahren gewesen, wie lange die Begrenzung der Müllgebühren nach oben gilt. "Das Risiko der Minderauslastung sollen der Betreiber und die Kreiswerke tragen. Welcher Betreiber sich darauf einlässt, würde mich sehr interessieren und mit welchem Geld wollen die Kreiswerke eigentlich regelmäßige Verluste tragen?"
Ulrich Fiedler, Umweltdezernent der Kreisverwaltung, erinnerte an Sicherheitsklauseln, die der Kreistag mit deutlicher Mehrheit Ende November vergangenen Jahres beschloss, als dem Müllhauptentsorger in der Region, den Kreiswerken, der Auftrag erteilt wurde, die Betreibung der Müllverbrennung im Gewerbegebiet Delitzsch-Südwest auszuschreiben: "Es wurde vereinbart, dass nur die tatsächliche Menge Müll, zu deren Entsorgung der Kreis gesetzlich verpflichtet ist, in die Kalkulation eingeht. Damit sind die Kosten der jetzigen Deponierung und künftigen Verbrennung neben all den anderen Kriterien wie Sperrmüll oder Schadstoffentsorgung, DSD-Zuschuss zu Papierund Pappe-Entsorgung, Transport oder Verwaltung nur ein Teil des Gesamtpaketes der Grundgebühr." Bestandteil der Ausschreibung ist zusätzlich eine Begrenzung des Entgeltes auf maximal 105 Euro/t Müll zzgl. Mehrwertsteuer, die in die Anlage aus diesem Aufkommen gelangt. Für Mengen, die darüber hinaus für die Wirtschaftlichkeit der Anlage erforderlich sind, trage der Betreiber selbst die Verantwortung. "Ob sich die Kreiswerke an dieser Gesellschaft beteiligen, ist noch nicht klar." Fiedler sah bei möglicher Firmenpleite laut GmbH-Recht deshalb keine Konsequenzen für den Gebührenzahler, weil die Gebühren vom Kreis gemacht werden und damit auch parlamentarischer Kontrolle unterliegen.
"Hoffen wir, dass wir nicht in einigen Jahren auch auf Müllimporte angewiesen sind", sprach Ralf Dammhahn einen weiteren wunden Punkt an und wünschte sich bei künftigen Entscheidungen mehr Fingerspitzengefühl als beim Grundstücksverkauf für die Müllverbrennung in Delitzsch-Südwest. Über die Ergebnisse der Ausschreibung soll in einer nächsten Runde des "Abfalltisches" im Landratsamt informiert werden. Mit dem Kreistagsbeschluss seien weitere Treffen wie in der Größenordnung, als dieser Beschluss vorbereitet wurde, jedoch nicht mehr erforderlich, sagte Fiedler, der schließlich zu Befürchtungen bezüglich des Images der Stadt als "Abfallverbrennungsort" meinte: Auch das Image von Wien oder Köln hätte unter dem Bau von Müllverbrennungsanlagen nicht gelitten. "Vieles wird auch herbei geredet".
K. R.
LVZ-Online, 28.03.2002