Kölner Spendenskandal bringt SPD in Bedrängnis
Empörung über Millionen-Deal bei Müllverbrennungsanlage
Von ANDREAS REHNOLT, Köln
"Wir werden gründlich in den eigenen Reihen aufräumen, damit diese Krebsgeschwüre ein für alle Mal aus unserer Partei verschwinden." Harald Schartau, SPD-Landeschef in Nordrhein-Westfalen, machte gestern keinen Hehl aus seinem Abscheu über den Spendenskandal seiner Partei um den Bau der Müllverbrennungsanlage in Köln. Er kündigte an, mit "aller Konsequenz" gegen die Schuldigen in der Domstadt vorzugehen und versprach - wohl nicht zuletzt im Hinblick auf die anstehende Bundestagswahl im Herbst - eine rückhaltlose Aufklärung.
Doch damit wird Schartau wohl kaum größeren Schaden von seiner Partei abwenden können. Im Westdeutschen Rundfunk erklärte gestern der Grünen-Politiker Christian Ströbele als Obmann von Bündnis 90/Die Grünen im Parteispenden-Untersuchungsausschuss des Bundestages, der Kölner Fall gehöre "hundertprozent vor den Ausschuss". Der Millionen-Deal mit Scheinrechnungen sei "ein eindeutiger Verstoß gegen das Parteiengesetz und stinke danach, dass Politik gekauft wurde".
Derweil zitterten die Genossen in Köln dem gestrigen Abend entgegen. Im Bürgerzentrum Chorweiler sollte sich auf dem Unterbezirksparteitag der SPD wohl alles um den Millionen-Deal mit Scheinrechnungen drehen. "Das eigentlich vorgesehene Thema Bildung ist von der Tagesordnung genommen worden. Stattdessen wird die aktuelle Situation der Partei thematisiert", sagte eine Mitarbeiterin des Unterbezirks. "Der Müll-Spendenskandai stinkt zum Himmel. Ich bin enttäuscht von unseren Mandatsträgern im Stadtrat und werde mein Parteibuch nach 15 Jahren zurückgeben", meinte gestern ein altgedienter Sozialdemokrat vor dem Dom.
In einem Leserbrief an den "Kölner Stadt-Anzeiger" schrieb ein entrüsteter Bürger: "Wir nähern uns in Windeseile sizilianischen Zuständen".
Zwei prominente Opfer hat der Spenden-Skandal bereits. Der Chef der SPD im Kölner Stadtrat und Landtagsabgeordnete, Norbert Rüther, trat von allen Ämtern zurück und erklärte den Austritt aus der Partei. Inzwischen hat auch Manfred Biciste, der frühere Schatzmeister der Kölner Genossen, nach 23 Jahren sein Ratsmandat niedergelegt. Er räumte "ungesetzliches Fehlverhalten" im Zusammenhang mit mindestens 511.000 Mark illegaler Parteispenden ein. Die Summe wird nach Einschätzung Schartaus im Verlauf der Aufklärungsarbeiten noch weiter steigen.
LVZ, 07.03.2002