MÄRKISCHER KREIS/BOCHUM Die Strafjustiz wird sich mit der Teilprivatisierung der Müllverbrennungsanlage Iserlohn nicht mehr beschäftigen. Gestern informierten die Staatsanwälte Bernd Bienioßek und Jürgen Pieper sowie Hauptkommissar Ekkehard Kenkmann die Medien, dass das Ermittlungsverfahren gegen Landrat Aloys Steppuhn, Kreisdirektor Michael Rolland und den ehemaligen Kreiskämmerer Robert Schüwer eingestellt worden ist.
Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstraftaten in Bochum hatte nach vorherigen Recherchen der Task Force Antikorruption wegen Vorgängen rund um den Verkauf von Anteilen der Abfallentsorgungsgesellschaft Märkischer Kreis (AMK) unter anderem Durchsuchungsbefehle für Privatwohnungen und Büros im Kreishaus erwirkt. Nach ausführlichen Untersuchungen - Bienioßek: „Wir waren bestrebt, unter jedem Stein zu schauen und das Unterste zuoberst zu kehren“ - habe sich der Anfangsverdacht aus den Ermittlungen der Task Force aber nicht bestätigt. „Soweit ursprünglich der Verdacht bestand, Amtsträger des Kreises seien bestochen worden oder hätten sich durch ihre Vergabeentscheidung einer Untreue strafbar gemacht, konnten derartige Verhaltensweisen nicht festgestellt werden“, heißt es in der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft.
Soweit über den ehemaligen Abfalldezernenten des Märkischen Kreises Dr. Klaus-Jürgen Haupt, der mittlerweile das Beratungsinstitut IKW leitet und Intimus des rheinischen Müllmultis Hellmut Trienekens war, Geschenke oder Spenden an Steppuhn oder die Kreis-CDU gingen, fanden die Ermittler keine Hinweise auf strafbare Handlungen. „Die durchgeführten Ermittlungen haben keinerlei Hinweise darauf erbracht, dass einem der beteiligten Amtsträger über die bereits in der Öffentlichkeit diskutierten Wahlkampfspenden, Einladungen beziehungsweise Weihnachts- oder Geburtstagspräsente hinaus weitere Zuwendungen geflossen wären.“ Mit den Wahlkampfspenden seien keine Vereinbarungen zu rechtswidrigem Verhalten verbunden gewesen: „Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass zwischen diesen Zuwendungen und der späteren Vergabeentscheidung ein Zusammenhang bestanden hat.“ Bienioßek fügte hinzu, dass zum Beispiel Haupts Spenden an Steppuhn für dessen Wahlkampfflyer zur Kommunalwahl 1999 und die Einladung ins Berliner Grand Hyatt Hotel für einen Bestechungsvorwurf gar nicht relevant sein könnten: „Zum Zeitpunkt dieser Spenden und dieser Einladung war Herr Steppuhn noch nicht Landrat.“
Der Abschluss des Ermittlungsverfahrens war von der Bochumer Staatsanwaltschaft schon für den vergangenen September angekündigt worden. Behördensprecher Bienioßek zeigte sich erbost darüber, dass Akten in die Öffentlichkeit gelangten. Verärgert war der Staatsanwalt auch über „Unterstellungen“ an die Adresse seiner Behörde, weil es Verbindungen zwischen der Kreis-CDU und der Behördenleitung geben solle.
Landrat Steppuhn erfuhr im Urlaub von der Erklärung der Staatsanwaltschaft und reagierte „froh und erleichtert“: „Die letzten Monate waren für mich und meine Familie nicht gerade erfreulich. Im Ergebnis habe ich allerdings nichts Anderes erwartet. Ich habe von Anfang an öffentlich erklärt, dass ich mir nichts habe zu Schulden kommen lassen und der Vergabekommission vertraut habe. Ich bin betroffen und menschlich enttäuscht über die Kampagne von Frau Machelett und Herrn Held. Dies war meines Erachtens eine politisch motivierte öffentliche Vorverurteilung. Sie haben Grundrechte unseres Rechtsstaates mit Füßen getreten und die politische Kultur im Märkischen Kreis beschädigt. Die Bürgerinnen und Bürger im Märkischen Kreis können sich auf mich verlassen.“ Ähnlich äußerten sich Kreisdirektor Rolland und Robert Schüwer, mittlerweile Geschäftsführer der Märkischen Kliniken. Rolland, der die Vergabekommission zum AMK-Anteileverkauf geleitet hatte, empfand „Genugtuung, dass die Arbeit der Kommission als sauber und einwandfrei bestätigt wurde.“
Lüdenscheider Nachrichten, 17.02.2004
Artikel erschien auch in der Meinerzhagener Zeitung und im Süderländer Volksfreund