MÄRKISCHER KREIS. Landrat Aloys Steppuhn musste eine für gestern 17 Uhr anberaumte Pressekonferenz kurzfristig absagen und auf heute vertagen. Seine Rechtsanwälte konnten den Termin nicht einhalten, wollen aber heute dabei sein.
Der Bericht über die Berlin-Reise sowie weitere Geschenke des Trienekens-Vertrauten Dr. Klaus-Jürgen Haupt an Steppuhn schlug im Kreishaus hohe Wellen. Mit versteinerten Mienen und teilweise mit Fassungslosigkeit hörten gestern die Teilnehmer der Dezernenten- und Amtsleiterkonferenz ein Stück der Verteidigungsstrategie ihres Chefs. Schließlich habe man in der Bundeshauptstadt den Geburtstag seines Freundes Klaus-Jürgen Haupt nachfeiern wollen, aber kein Zimmer mehr bekommen. Das Luxushotel Grand Hyatt habe letztlich Frau Haupt besorgt. Bei der Bochumer Staatsanwaltschaft ist unter anderem aktenkundig, dass Aloys Steppuhn gemeinsam mit seiner Frau im Mai 1999 im Grand Hyatt wohnte und die Rechnung über 882,50 Mark von der Firma IKW seines Freundes bezahlt wurde, der später im Verfahren um die Teilprivatisierung der Abfallentsorgungsgesellschaft Märkischer Kreis (AMK) immer wieder auftauchte. Haupt stand auf der Gehaltsliste des Müllmultis Hellmut Trienekens, der sich mit seinem Tochterunternehmen Edelhoff um die Anteile bewarb. Aus kartellrechtlichen Gründen musste sich Edelhoff aber letztlich zurückziehen. Führende Mitarbeiter in der Verwaltung machten gestern deutlich, dass der Landrat politisch nicht mehr zu halten sei. Eine Vertrauensbasis sei nicht mehr gegeben.
"Ich hätte auch mal gerne eine Einladung in ein Fünf-Sterne-Hotel. Die würde ich aber sofort wegwerfen", erklärte gestern ein Verwaltungschef. Wenn alles nur scheibchenweise an die Öffentlichkeit dringe, dann leide das Vertrauen darunter.
Steppuhns Vorgänger im Amt, Klaus Tweer (SPD), war nicht empfänglich für derartige, kostenlose Offerten. "Ich habe auch mal eine Reise angeboten bekommen, doch die habe ich ausgeschlagen."
Die CDU-Kreistagsfraktion kann die Aufregung hingegen nicht verstehen. Das sei alles bekannt und liege der Staatsanwaltschaft seit Beginn der Ermittlungen vor - aber eben nicht der Öffentlichkeit und den Wählern. Die CDU-Kreistagsfraktion hatte sich am Sonntag zu einer Krisensitzung getroffen. Danach erreichte die Redaktion eine E-Mail, gezeichnet vom Fraktionsvorsitzenden Thomas Gemke und von Fraktionsgeschäftsführer Uwe Scholz. In der heißt es: "Die Behauptung, es habe im Dezember 1999 eine Siegesfeier mit den Herren Gemke, Scholz, Steppuhn und Haupt in Schwerte stattgefunden, ist unwahr. Es hat weder ein Treffen in Schwerte noch überhaupt eine Siegesfeier irgendwo gegeben."
Manfred Rahmede, CDU-Kreistagsabgeordneter, legte gestern Wert auf die Feststellung, dass er in diesem Jahr keinen Tennissatz mit dem Bochumer Behördenchef, dem Leitenden Oberstaatsanwalt Bernd Rüdiger Schulte, gespielt habe. "Es gibt keine Kontakte und es gibt kein Netzwerk."
be
Lüdenscheider Nachrichten, 30.09.2003