Delitzsch/Dresden/Köln. Die Kölner Müllverbrennungsaffäre zieht möglicherweise auch in Sachsen immer weitere Kreise. Der Kreistag des Landkreises Delitzsch wird sich in den nächsten Tagen mit den Fragen um einen Gesellschafter des regionalen Müllentsorgers Kreiswerke Delitzsch GmbH befassen. Der Landrat des Kreises, Michael Czupalla (CDU), räumte gestern gegenüber dem "Sachsenspiegel" im MDR die Annahme von Sachspenden für den Wahlkampf ein.
Ein Gesellschafter der Kreiswerke Delitzsch GmbH steht im Verdacht der Korruption. Auf Klaus Jürgen Haupt, den Geschäftsführer des Instituts für Kommunalwirtschaft (IKW), waren die Ermittler des nordrhein-westfälischen Innenministeriums bei ihren Untersuchungen zur Kölner Müllverbrennungsaffäre gestoßen. Er war Berater der Schlüsselfigur des Korruptionsskandals, Hellmut Trienekens. Mit ihm hatte Haupt 1990 das kommunale Beratungsunternehmen IKW gegründet. Das ist mit 25 Prozent an den Kreiswerken in Delitzsch beteiligt.
Haupt soll bei der Teilprivatisierung des Müllheizkraftwerkes in Iserlohn (Märkischer Kreis) Einfluss auf das öffentliche Vergabeverfahren genommen und 674.000 Euro von Trienekens erhalten haben. Ende 2001 hatte der Märkische Kreis, bei dem Haupt bis 1986 angestellt war, 49 Prozent seiner Anteile an der Betreibergesellschaft der Müllverbrennungsanlage Iserlohn an ein Tochterunternehmen der Trienekens AG veräußert. Die Kölner Ermittler fanden zudem heraus, dass der Berater zwei Jahre zuvor den Wahlkampf des CDU-Landrats mitfinanzierte. Die Rede ist von 18.000 bis 25.000 Mark.
Auch in Ostvorpommern, wo die IKW zu 50 Prozent an der Ver- und Entsorgungsgesellschaft VEO beteiligt ist, soll Haupt vor zwei Jahren den Wahlkampf des damaligen CDU-Landrats unterstützt haben. Laut Ostseezeitung flossen 20.000 Mark in die Parteikasse.
Im Delitzscher Landratsamt sieht man die Dinge um den Mitgesellschafter bei den Kreiswerken noch gelassen. Die Vorgänge um Haupt seien bekannt, räumte Rechtsdezernentin Angelika Stoye ein. Allerdings kenne sie nicht den Wortlaut des Untersuchungsberichts des nordrhein-westfälischen Innenministeriums, auf den sich die Vorwürfe stützen. Auf die Kreiswerke wirkten sich die Untersuchungen nicht aus, da Haupts Beteiligung an dem Unternehmen nicht Gegenstand des Verfahrens sei. Stoye: "Wir müssen jetzt abwarten, bis das Verfahren abgeschlossen ist." Der Landkreis ist mit 25 Prozent an den Kreiswerken beteiligt, die Eneba-Holding mit 50 Prozent. An der Eneba Delitzsch GmbH wiederum soll der Landkreis 60 Prozent direkte Anteile halten, der Landrat Aufsichtsrat sein.
Haupt war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Nach Aussagen seines Berliner Büros kommt er erst im September aus dem Urlaub zurück.
Die sächsische PDS wittert rund um das Vergabeverfahren um die geplante Müllverbrennungsanlage im Kreis Delitzsch nun einen Fall von Korruption. Deshalb wird der Kreistag eine Sondersitzung abhalten. Das gab Landrat Michael Czupalla inzwischen bekannt. Der genaue Termin werde Ende der Woche stehen. "Ich habe auch eine Mitteilung an den Aufsichtsrat geschickt und ihn aufgefordert, zu der Sache Stellung zu nehmen", so Czupalla.
Gegenüber dem "MDR-Sachsenspiegel" räumte Czupalla gestern ein, es habe eine Wahlkampfhilfe gegeben. Dabei habe es sich nicht um finanzielle Zuwendungen, sondern um Sachleistungen in Form von Plakaten gehandelt.
Das sächsische Innenmministerium will zunächst das Handeln des Kreistages und des Regierungspräsidiums Leipzig als Rechtsaufsicht abwarten, sagte ein Sprecher auf DNN-Anfrage.
Ab 2005 soll der gesamte Hausmüll aus dem Landkreis Delitzsch in einer mechanisch-biologischen Anlage (MBA) in Cröbern behandelt werden. Vor einiger Zeit hatte der Zweckverband Abfallwirtschaft Westsachsen (ZAW) informiert, eine solche Müllaufbereitungsanlage mit einer Jahresleistung von 300.000 Tonnen an der Deponie in Cröbern errichten zu lassen. Der Landkreis Delitzsch und der Zweckverband Abfallwirtschaft Westsachsen vereinbarten bereits Ende des vergangenen Jahres in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag, dass der Müll aus Delitzsch künftig in Cröbern behandelt werden soll. Im Gegenzug sichert der Vertrag dem Kreis, im konkreten Fall der Kreiswerke Delitzsch GmbH, die so genannte thermische Fraktion zu. Dieses Material verrottet nicht in der MBA und darf deshalb nicht wie der Rest auf einer Deponie abgelagert, sondern muß bindend in einer thermischen Anlage verbrannt werden.
kru/K.St./Eig.Ber. der DNN
Dresdner Neueste Nachrichten, 27.08.2003
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