Dietmar Mieth
Alter Dorfring 22
04509 Delitzsch OT Zschepen
Zschepen, den 22.07.2005
Staatsanwaltschaft Leipzig
Straße des 17. Juni 2
04107 Leipzig
Nachreichung zur Strafanzeige gegen die Geschäftsführung der BKD – Biokraftwerk Delitzsch GmbH vom 07.07.2004
Sehr geehrte Damen und Herren,
bereits mit Schreiben vom 07.07.2004 stellte ich bei Ihrer Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen die Geschäftsführung der o. g. Firma. Leider erhielt ich bis zum heutigen Tage von Ihnen keine Rückmeldung. Auch teilten Sie mir bisher kein Aktenzeichen für eine mögliche Vorgangsbearbeitung bezüglich der Ereignisse beim Brand der Altholzhalde auf dem Gelände der Fa. Biokraftwerk Delitzsch GmbH in der Nacht vom 3. zum 4. Juni 2004 mit.
Hervorgerufen durch die Anzeige vom 13.06.2004, welche ich an die kriminalpolizeiliche Außenstelle Delitzsch richtete, nahm Kriminaloberkommissar Herr Alt (Polizeirevier Torgau) persönlichen Kontakt mit mir auf.
Meinerseits erfolgte Ende letzten Jahres eine telefonische Anfrage, in der er mir offenbarte, dass die repräsentative Rückstellprobe des am Brand beteiligten Altholzes keine verwertbaren Ergebnisse liefern konnte, da die „Probenmenge zu klein“ wäre. Somit sei es für das beauftragte Labor unmöglich verwertbare Aussagen zu machen.
Am 10.06.2005 erteilte das zuständige Regierungspräsidium Leipzig der Firma BKD die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Erweiterung ihres Biomassekraftwerkes.
Im Vorfeld erfolgte hierzu am 20.01.2005 ein Erörterungstermin. Auch war der Brand des Altholzlagers Anfang Juni 2004 Thema dieser Anhörung.
Herr Lerche, tätig im Ordnungsamt, Sachgebiet Brandschutz im Landratsamt Delitzsch, machte in dieser Veranstaltung widersprüchliche Angaben zu den uns bekannten Presseartikeln. Zur eigenständigen Beurteilung füge ich Ihnen die hierfür maßgeblichen Seiten des Wortprotokolls bei.
Die Darstellung des kaufmännischen Geschäftsführers des BKD, Herrn Dirk Umbach, in der LVZ-Kreiszeitung vom 5./6. Juni 2004 sehe ich als Versuch an, die Bevölkerung bewusst irre zu führen. Mit der Aussage „Durch den Brand entstanden keine gesundheitsgefährdenden Emissionen“ widerspricht er den logischen Sachverhalten und negiert die Aussagen und Festlegungen des zwingend einzuhaltenden Brandschutzkonzeptes seiner eigenen Firma. Hierin ist ausdrücklich unter 5.6.3 Im Brandfall frei werdende Stoffe, die konkrete Aussage nachzulesen: „Die im Brandfall frei werdenden Stoffe sind für Mensch und Umwelt schädlich.“
Besondere Brisanz gewinnt die Aussage des Herrn Umbach, wenn sich die Annahme der Einlagerung von unzulässig hoch kontaminierten Althölzern bzw. Althölzern, die besondere Beschichtungen aufwiesen, bestätigen sollte. Die Äußerungen des Herrn Lerche innerhalb des Erörterungstermins lassen tatsächlich Zweifel an einer gesetzeskonformen Materialzusammensetzung im Altholzlager aufkommen. Er sagte hierzu: „Wie gesagt, das mag ja sein, dass zu dem Zeitpunkt , als das Brandereignis war, will ich ja nicht abstreiten, dass dort möglicherweise Stoffe gelegen haben, die mit Plaste beschichtet waren, wie auch immer.“ (Wortprotokoll zum Erörterungstermin, Seite 92)
Umso wichtiger wären also repräsentative Probennahmen in Verbindung mit der Gewinnung ausreichender Mengen an Rückstellproben des am Brand ursächlich beteiligten Altholzes. Da dies offensichtlich versäumt worden ist, liegt die Vermutung nahe, dass vorsätzlich und zielgerichtet eine Nichtauswertbarkeit der „Alibiproben“ durch gezieltes Entnehmen von zu geringen oder anderweitig ungeeigneten Proben billigend in Kauf genommen worden ist. Dies bedeutet, dass die Vermutung nicht von der Hand gewiesen werden kann, nach der bereits beim Probennahmeregime gezielte Manipulationen praktiziert bzw. bewusst notwendige Probennahmen in ausreichender Menge insbesondere zur Gasanalytik (Rauch- und Luftproben) versäumt worden sind mit der fatalen Folge, dass bei den nachfolgenden analytischen Laboruntersuchungen Beschränkungen auftreten mussten.
Bei wahrheitsgemäßer Beantwortung der Fragen durch die beteiligten Zeugen muss sich ergeben, dass im Zusammenhang mit den erforderlichen Beweissicherungsmaßnahmen während des Brandereignisses bzw. nach dem Brand zahlreiche Versäumnisse konstatiert werden müssten. Durch diese Versäumnisse und durch mögliche Vertuschungen muss zwangsläufig die Ursachenforschung erschwert sein.
Bei korrekter Beprobung ist insbesondere bei der Ermittlung von Brandursachen durch Sachverständige ansonsten eine praktisch 100%-ige Sicherheit der Ermittlungsergebnisse die Regel. Damit stellt sich die Frage: Wieso sind im Falle des Brandes auf dem Gelände des BKD im Juni des letzten Jahres bis zum heutigen Tag noch immer zahlreiche Fragen ungeklärt?
Anfänglich werfen sich folgende Fragen auf:
- Welchen Einfluss hatte die zuständige Kontrollinstitution auf die Strategie der
Altholzablagerung des Werkes?
Das Antwortschreiben des Sächsischen Staatsministeriums des Innern auf die Kleine Anfrage der Frau Abgeordneten Andrea Roth, PDS-Fraktion, beinhaltet, dass es „zum Brand im oberen Bereich eines Lagerabschnittes des Freilagers“ gekommen sei. Doch Mitglieder unserer Bürgerinitiative konnten bei Besichtigungen des von Außen gut einsehbaren Lagerbereiches im Zeitraum zwischen der Betriebsaufnahme des Werkes bis zum Schadensereignis keine separaten Lagerabschnitte erkennen.
Ist die Altholzablagerung genehmigungskonform erfolgt oder gab es gravierende Verstöße? Laut beiliegender Betriebsgenehmigung wäre doch der Betreiber verpflichtet gewesen „die angelieferten Brennstoffe im Block, mit einer maximalen Größe von 20 x 20 m und einem Blockabstand untereinander von größer als 8 m zu lagern“ (s. Anlage 5, Betriebsgenehmigung vom 06.11.2002, Abschnitt 7.3).
Auch fördert die Antwort des Sächsischen Staatsministeriums des Innern auf Frage 5 grundlegende Fehler der Altholzablagerung zu Tage. Es heißt hierin: „Die Höhe der Halden wurde neu vermessen und an das im Brandschutzgutachten vorgegebene Maß angepasst. “ Unweigerlich kommt man somit zu der Erkenntnis, dass nicht bescheidkonform abgelagert wurde.
- Die Analyse und die Festlegung des Entsorgungsweges für das angefallene Löschwasser geschahen unter Regie des ehemaligen Staatlichen Umweltfachamtes Leipzig.
Der Kontaminationsgrad des Löschwassers war wohl auch der Grund dafür, dass nur ein „zugelassener Entsorgungsbetrieb“ (Wortprotokoll vom 20.01.2005, Seite 94) die Verbringung erledigen durfte. Wie ist dann aber der Abschnitt 5.6.2 – Wassergefährdende Stoffe/Löschwasserrückhaltung - im Brandschutzkonzept des BKD vom 24.02.2003 zu werten, in dem es heißt: „Gemäß der erteilten Genehmigung nach BImSchG dürfen die verwendeten Brennstoffe (Holz) nicht mit wassergefährdenden Stoffen belastet sein. Eine Löschwasserrückhaltung ist nach der erteilten Genehmigung nicht erforderlich“.
- Widersprüchlichkeit besteht im Alarmierungszeitpunkt der Feuerwehr. Während der zuständige Mitarbeiter im Landratsamt, Herr Lerche, im Erörterungstermin sagte: „Ich habe hier den Einsatzbericht der Leitstelle vorliegen. Also die Feuerwehr wurde 22.51 Uhr alarmiert und war 5 Minuten später vor Ort.“ (Wortprotokoll, Seite 102). Die LVZ vom 5./6. Juni 2004 hingegen berichtete: „Um 22.17 Uhr schrillt am Donnerstag bei der Delitzscher Feuerwehr die Alarmglocke.“
In der Antwort des Sächsischen Staatsministerium des Innern (s. Anlage 4) auf die Kleine Anfrage der Frau Abgeordneten Andrea Roth heißt es: „Nach Alarmierung der Feuerwehr um 22:15 Uhr waren bereits 5 Fahrzeuge bis 22:20 Uhr vor Ort.“
Für die Wahrheitsfindung wäre mit Sicherheit auch die folgende Aussage des Herrn Lerche im Erörterungstermin von allgemeinem Interesse: „… also die Brandmeldung ist hier eingegangen, jedenfalls nach Ausdruck des Druckers, als Müllbrand und gemeldet von einer Dame am Anger in Gertitz.“ (s. Anlage 1, Wortprotokoll, Seite 102). Wie konnte es sein, dass die Alarmierung erst durch Anwohner erfolgen musste, wenn doch lt. Aussage des Herrn Umbach angeblich „24 Stunden am Tag Leute … auf dem Brennstofflagerplatz“ anwesend sind? (Anlage 1, Wortprotokoll, Seite 94). Zudem konnte die besagte „Dame am Anger“ zwangsläufig den Brand nur optisch wahrgenommen haben, da sich der Gertitzer Anger in der dem Wind zugewandten Seite zum Brandort befand.
Ein völlig anderes Schadensszenario des Brandes ist in dem Gutachten, welches sich der Thematik „Rauchausbreitung und Gefährdung bei einem Lagerbrand im Biokraftwerk Delitzsch“ annimmt, dargestellt (Gutachten vom 17.03.2005 auszugsweise, Anlage 6).
Als repräsentativ kann das vom RP Leipzig auf Grund der Bedenken zur Erweiterung des BKD innerhalb des Anhörungsverfahrens geforderte Gutachten keinesfalls angesehen werden. Bereits die Grundannahmen bezüglich des zeitlichen Ablaufes sind durch die vorgenannten Aussagen als falsch zu werten. Den chemischen Eigenschaften der am Brand beteiligten Stoffe kommt eine zentrale Bedeutung für die Berechnung und damit für die Aussagekraft des Gutachtens zu. Die Berechnungsergebnisse sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als unbrauchbar zu bewerten, da die Altholzhalde zum Zeitpunkt des Brandereignisses starke Verunreinigungen durch Kunststofffolien aufwies.
Bei Bedarf kann ich Ihnen betroffene Bürger als Zeugen der Brandnacht benennen, die nicht etwa den Geruch von verbrennendem Holz, sondern von verbrannten Kunststoffen wahrnahmen und in unerträglicher Weise über sich ergehen lassen mussten.
Es wäre eine Befragung von beteiligten Feuerwehrleuten zur wirklichen Aufklärung der Vorgänge von Interesse.
Mit freundlichen Grüßen
Dietmar Mieth
Anlagen:
- Wortprotokoll zum Erörterungstermin am 20. Januar 2005 (auszugsweise)
- Brandschutzkonzept BKD vom 24.02.2003 (auszugsweise)
- Artikel aus LVZ-Kreiszeitung vom 5./6. Juni 2004
- Antworten des Sächsischen Staatsministerium des Innern auf die Kleine
Anfrage der Frau Abgeordneten Andrea Roth, PDS-Landtagsfraktion
- Betriebsgenehmigung BKD vom 06.11.2002 (auszugsweise)
- Untersuchung zur Rauchausbreitung und Gefährdung bei einem Lagerbrand im Biokraftwerk Delitzsch (auszugsweise)
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