Durchsuchung in der EGW

Verdacht auf Untreue zum EGW-Nachteil/Schadensvermutung: mehrere 100.000 Euro

Schwerstedts Bürgermeister erfuhr es erst hinterher. Die VG Berlstedt kurz zuvor: Ein Mitarbeiter wurde als Zeuge gebraucht. Auch Schwerstedts Bewohner dürften kaum etwas mitbekommen haben: Denn Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft Mühlhausen rückten Donnerstag unauffällig an, um die EGW zu durchsuchen.

Von Marie-Luise SCHULZ und Michael HOCK - SCHWERSTEDT.

Ins Rollen kam die Sache schon vor einem Jahr. Denn da hatte der Kreis Weimarer Land eine Strafanzeige eingereicht. Deshalb wurde Donnerstag in der EGW Schwerstedt eine Durchsuchung angeordnet, erklärte auf TA-Anfrage Dirk Germeroth von der Mühlhausener Staatsanwaltschaft. Im Ergebnis wurden sechs Kartons mit Unterlagen für weitere Ermittlungen abtransportiert.

Die Strafanzeige richtet sich jedoch nicht gegen die EGW an sich, mit der der Kreis seit Jahren im Rechtsstreit liegt (TA berichtete), sondern gegen den Notgeschäftsführer und Erfurter Rechtsanwalt Carsten Bloß sowie gegen Rechtsanwalt Dr. Uwe Arnold, Chef des Institutes für Kommunalwirtschaft (IKW), das 50 Prozent der EGW-Anteile hält. Der Vorwurf lautet: Untreue zum Nachteil der EGW durch unzulässige Zahlungen für Beratungsleistungen an das IKW. Teilweise seien diese gar nicht erbracht worden. Zudem hätten sie nicht gezahlt werden dürfen, weil das IKW Gesellschafter ist. Zur gleichen Zeit wie in der EGW wurden auch Kanzlei und Wohnung von Bloß in Erfurt sowie Arnolds Wohnung und IKW-Geschäftsräume in Potsdam durchsucht und Schriftstücke gesichert, ebenso Konto-Unterlagen einer Berliner Bank. Bisher wird von einem entstandenen Schaden von mehreren 100.000 Euro ausgegangen, sagte Staatsanwalt Germeroth.

Der Name von Mike Mohring, EGW-Aufsichtsratsvorsitzender und CDU-Landtagsabgeordneter, taucht in der Straf-Anzeige nicht auf, so Germeroth auf TA-Frage. Ob dies auch bereits im April 2004 bei Einreichung der Anzeige so war, und ob sie später zurück gezogen wurde, wollte Landrat Hans-Helmut Münchberg auf mehrfache TA-Nachfrage weder bestätigen noch dementieren. Auch nicht, dass ihm wegen Mohrings politischer Immunität nahegelegt wurde, diesen Teil der Anzeige zurückzuziehen.

Der Betroffene dagegen: Im Sommer vor den Wahlen erfuhr ich von der Anzeige gegen mich, so Mohring. Gestern hat mich der Landrat angerufen: Er könne nichts dafür, dass mein Name fiel und es gebe keine Anzeige mehr.

Für den Landrat kam die Aktion am Donnerstag nicht überraschend: Mir war bekannt, wann der Zugriff der Staatsanwaltschaft erfolgt. Da die Justiz aber schon länger gegen das IKW ermittelt, sei die Anzeige nur ein Teil des Puzzles. Dazu gehört seiner Meinung nach auch eine Geschenkeliste von Weihnachten 1999, die die Kölner Polizei bei der IKW beschlagnahmte. Auf dieser sollen nach unbestätigten Angaben Namen wie Mike Mohring, Volker Jungklaus (früherer Beigeordneter) und Ex-Landrat Jurgen Pees stehen. Alles Leute, die sich für die IKW-Interessen eingesetzt haben, so Münchberg.

Für Mohring Schnee von gestern. Ich habe auch vom Landrat Bücher für mehr als 9,90 Mark zum Geburtstag bekommen. Selbst die Durchsuchungen sieht er unaufgeregt: Wenn jetzt die Staatsanwaltschaft ermittelt, werde es ja irgendwann ein Ergebnis geben.

THÜRINGER ALLGEMEINE, Lokales Weimar, 23.04.2005


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