Kreiswerke entlassen 19 Mitarbeiter

Mengenrückgang und Unterauslastung zwingen Delitzscher Unternehmen zum Handeln

Delitzsch (pfü). Die Kreiswerke Delitzsch (KWD) stecken in einer wirtschaftlich angespannten Situation. Gestern morgen informierte Geschäftsführer Heinz Böhmer die Belegschaft am Standort in Delitzsch und kündigte den Abbau von 19 Arbeitsplätzen an. Zudem scheiden sechs weitere Mitarbeiter aus dem Unternehmen aus.

Neben den Personalmaßnahmen planen wir auch Betriebskosteneinsparungen, die wir nicht auf den Rücken der Mitarbeiter austragen wollen. Wir müssen sparen und optimieren, wo es möglich ist“, so der Geschäftsführer.

Böhmer sprach gestern Morgen in Delitzsch zu den Mitarbeitern und erläuterte die Marktsituation. Vor allem der Mengenrückgang an heizwertreicher Fraktion aus der Mechanisch-Biologischen Abfallbehandlungsanlage (MBA) in Cröbern, von 115000 Tonnen vertraglich vereinbarter Jahresmenge auf zirka 50000 Tonnen, verursacht seit Ende 2008 eine deutliche Unterauslastung der Aufbereitungsanlage zur Herstellung von Brennstoffen sowie der logistischen Kapazitäten, heißt es in der Pressemitteilung der Kreiswerke.

Darum verhandelte die Geschäftsführung mit dem Betriebsrat und erstellte einen Sozialplan. Der Aufsichtsrat bestätigte das unternehmerische Konzept, das verbunden ist mit dem Sozialplan und dem Interessensausgleich zum Abbau von 19 Arbeitsplätzen am Montag Nachmittag. Weitere sechs Mitarbeiter scheiden aus altersbedingten Gründen aus oder weil ihre zeitlich befristeten Verträge nicht verlängert wurden. Ende Dezember beschäftigten die KWD 157 Mitarbeiter.

Es ist längst ein offenes Geheimnis, dass die KWD (60 Prozent) und Mitgesellschafter (40 Prozent) Klaus Kögel, Chef der Wiesbadener Firma RMG (Rohstoffmanagement), zu oft unterschiedliche Auffassungen vertreten. Kögel soll sich bei der Abstimmung zum Sozialplan enthalten haben.

Leipziger Volkszeitung, Ausgabe Delitzsch-Eilenburg, Seite 1, 04.02.2009


Kreiswerke

Czupalla will außergerichtliche Lösung

Delitzsch. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Kreiswerke Delitzsch (KWD), Landrat Michael Czupalla (CDU), hat die Aufsichtsratssitzung am Montag recht zuversichtlich verlassen. „Die Situation ist schwierig, nicht mehr und nicht weniger. Es finden auch Gespräche auf der politischen Ebene statt, die zur Lösung mit der WEV beitragen sollen. Wir bemühen uns um eine Einigung im Vorfeld. Ansonsten gehe ich davon aus, dass das Schiedsgericht wie im vergangenen Jahr eine Entscheidung treffen wird, die auf den vertraglichen Bindungen basiert. Ich erinnere, dass schon zwei Mal in der Vergangenheit zu unseren Gunsten entschieden wurde“, so der Aufsichtsrats-Chef.

Der Vertrag mit der Westsächsischen Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (WEV) sagt 90 Euro aus, die die KWD für die Abnahme der heizwertreichen Fraktionen bekommen sollen. Diese einst vereinbarte Summe sei mittlerweile fast doppelt so hoch wie der heutige Marktpreis. Die WEV zahlt 62 Euro an die KWD, deren Kalkulationen damit aus den Fugen geraten. Czupalla fordert zudem seit Monaten ein gemeinsames Abfallwirtschaftskonzept für den gesamten Regierungsbezirk Leipzig. Davon verspricht er sich, dass beide Landkreise (Leipzig und Nordsachsen) und die Stadt Leipzig gemeinsam konzeptionell ausgerichtet werden. Erste Gespräche dazu fanden mit dem Präsidenten der Landesdirektion Leipzig, Walter Christian Steinbach (CDU), mit Leipzigs OBM Burkhardt Jung (SPD) und dem Landrat von Leipzig, Gerhard Gey (CDU, statt. Czupalla drängt auf Tempo, will das Konzept bis Mitte des Jahres vorliegen haben.

Frank Pfütze

Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburg - LOKALES, Seite 15, 04.02.2009


STANDPUNKT


Von Frank Pfütze

Das Glas bleibt halbvoll

Dass die Kreiswerke Delitzsch (KWD) wackeln, ist nicht neu, dass sie insolvent sind, bleibt ein Gerücht. Die KWD durchleben und durchleiden marktwirtschaftliche Prozesse wie andere Unternehmen auch. Wenn sie sich nun von 25 Mitarbeitern trennen müssen, ist das zweifellos tragisch, besonders für die Betroffenen. Die Alternativen wären jedoch wesentlich dramatischer. Die Gründe, die zu diesem Handeln zwingen, erscheinen zumindest verständlich. Da gibt es mit der Westsächsischen Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (WEV) einen Vertragspartner, der seine eigene Preispolitik durchsetzt. Da gibt es mit Klaus Kögel, Chef der Wiesbadener Firma RMG (Rohstoffmanagement), einen Mitgesellschafter, der eigene Ziele verfolgt und schon lange am anderen Ende des Strickes zieht. Die Kreiswerke wiederum verdienen ihr Geld unter anderem damit, heizwertreiche Fraktionen anzunehmen und Carbo light abzugeben. Das ist jedoch kein An- und Verkaufsgeschäft. Denn für die Annahme der heizwertreichen Fraktionen gibt es Geld und für die Abgabe des Ersatzbrennstoffs muss gezahlt werden. Bei diesem Geschäft bliebe bei Einhaltung der Verträge genügend Überlebenspotenzial für die KWD unter dem Strich stehen. Wenn die WEV ihren Teil des Vertrages nur noch unter 50 Prozent erfüllt, fehlen den KWD über 50 Prozent der Einnahmen aus diesem Geschäft. Zudem gibt es anstatt der ursprünglich vereinbarten 90 Euro pro Tonne heizwertreicher Fraktionen nur noch 62 Euro von der WEV. Heißt: Es fehlt ein Drittel des Abnahmepreises. Die KWD sprechen von „schwierigen Verhandlungen“, eine faire Formulierung, weil schon jetzt absehbar ist, dass es vor das Gericht geht. Dort haben die KWD bisher meistens Recht bekommen. Momentan summiert sich das alles und trägt dazu bei, dass die KWD handeln müssen. Größter Ausgabeposten ist und bleibt das Personal und damit erste Angriffsfläche für Einsparungen. Die viel bemühte Kuh ist damit sicherlich noch nicht vom Eis, aber es geht weiter. 132 Mitarbeiter haben noch einen Arbeitsplatz im Unternehmen und die Arbeit wird nicht weniger.

@f.pfuetze@lvz.de

Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburg - LOKALES, Seite 15, 04.02.2009


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