Angst vor dem Betonbrecher

Anwohner sammeln über 300 Unterschriften gegen Ansiedlung einer Entsorgungsfirma in Radefeld

Von Michael Falgowski

Radefeld. In wenigen Tagen kamen in Radefeld 300 Unterschriften zusammen, mit denen sich besorgte Bürger gegen die Ansiedlung einer Entsorgungsfirma im Gewerbegebiet des Schkeuditzer Ortsteils wenden. Sie fürchten Dreck und Lärm einer geplanten Betonbrecheranlage samt der Schutthalden und ängstigen sich vor Umweltgiften.

Die Glesiener Firma Stork Umwelt GmbH Leipzig hat nicht nur die Absicht, eine Mauer zu errichten, sie hat es bereits getan: Rund 20 Meter lang, über drei Meter hoch, aus großen Quadern gefügt, ist sie Teil des neuen, zukünftigen Betriebsgeländes der Entsorger-Firma im Radefelder Gewerbegebiet. Die Mauer bildet nun auch die sichtbaren Steine des Anstoßes, denn eine Baugenehmigung für das Ansiedlungsprojekt des Entsorgungslogistikers gibt es noch nicht. „Im Landratsamt war keine Baugenehmigung für die Mauer und die diversen Aufschüttungen auf dem Gelände bekannt“, teilte Bürgermeister Jörg Enke Anfang der Woche mit. Er habe den Kreis aufgefordert, einen Baustopp durchzusetzen.

Jens Bölke, der Geschäftsführer der Entsorgungsfirma in Glesien, versteht die Aufregung nicht. „Wir haben lediglich unser gekauftes Grundstück eingefriedet. Die Mauer neben dem Tor ist lediglich ein Teil davon. Hier wird später das Firmenschild angebracht“, erläutert der 44-Jährige. Und die Aufschüttungen? „Wir haben auf unserem Grundstück nur den Mutterboden zur Seite geschoben, damit sich der Untergrund verdichten kann“. Doch weiter geschehe hier vorerst nichts an Bautätigkeit. Noch warte man ja – länger als erhofft – eben auf die Genehmigung, die derzeit von acht Behörden und Institutionen geprüft werde. Alle erforderlichen Gutachten und Angaben zu Lärm- und Umweltverträglichkeit hätten dem Antrag natürlich beigelegen. Sein Unternehmen habe „gar nichts zu verbergen“, versichert Bölke. Im Glesiener Gewerbegebiet arbeitet Stork mit derzeit sieben Mitarbeitern auf dem gemieteten Areal, in Radefeld wolle man 15 Arbeitsplätze auf dem über 25000 Meter großen, bereits gekauften Betriebsgelände schaffen. 1,7 Millionen Euro wollen die Entsorger investieren.

Doch inzwischen fragen sich immer mehr Anwohner, was da für eine Gewerbe in Radefeld einzieht. „Wie kann eine solche Ansiedlung neben einem Wohngebiet genehmigt werden?“, wunderte sich im Schkeuditzer Stadtrat am Donnerstagabend stellvertretend für andere der Radefelder Walter List, bevor Edith Dietze die Unterschriftensammlung an den Bürgermeister überreichte. „An wen die privaten Eigentümer ihre Gewerbeflächen verkaufen oder vermieten, darauf hat die Kommune keinerlei Einfluss“, machte der Verwaltungschef klar.

Stork sammelt und verarbeitet teilweise Materialien aus Abbrüchen, Minerlien oder Holz, sammelt aber auch Farben und Schadstoffe. Als „Komplettlöser für den Sanierungsbereich und spezialisiert auf Sonderabfallentsorgung, Industriereinigung, Dioxin- und Asbestentsorgung und Bodenaufbereitung“ bezeichnet sich das Magdeburger Unternehmen auf seiner Internetseite. Begriffe, wie sie durchaus geeignet sind, Ängste zu wecken. „Aber wirklich unberechtigte“, wie der Agrotechniker Bölke versichert. Dioxinhaltiges Material etwa werde Radefeld nie sehen. Es sei, fährt er fort, doch ein ganz normales Genehmigungsverfahren: Sollte es notwendig sein, werde es auch entsprechende Auflagen geben. Er rechne aber eigentlich nicht mit Problemen auf dem als reine „Industriefläche“ ausgewiesenen Areal.

Die grauen Steine, aus denen die Mauer errichtet wurde, bestehen übrigens nicht aus Beton. Es ist ein aus Material aus Schlacke- und Gesteinsresten. Stork hat die „Lego-Steine“ in Magdeburg selber hergestellt.

Leipziger Volkszeitung, Delitzsch, LOKALES, Seite 18, 06./07.09.2008


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