Kreiswerke Delitzsch nehmen Zwischenlager für heizwertreiche Fraktion in Spröda in Betrieb

Täglich kommen 400 weiße Ballen

Für ein Jahr gestapelt und abgedeckt / Langzeitlager im Genehmigungsverfahren

Von DITMAR WOHLGEMUTH

Delitzsch/Spröda. Benno Gayda betätigt die Hebel im Bagger mit viel Feingefühl. Sanft pressen sich die Backen des Greifers um den weißen Ballen. Ebenso sanft setzt Gayda den 500 Kilogramm schweren Quader in die Reihe. Bis zu 400 dieser Ballen werden jetzt täglich auf der ehemaligen Deponie des Landkreises in Spröda angeliefert und zu einem stabilen Bauwerk gestapelt. Die Kreiswerke Delitzsch (KWD) errichten hier ein Zwischenlager für die heizwertreiche Fraktion, die aus der mechanisch-biologischen Abfallbeseitigungsanlage Cröbern kommt und später in der KWD-Anlage in Delitzsch-Südwest zu Ersatzbrennstoffen verarbeitet werden.

Auflagen erfüllt

Die immissionsrechtliche Genehmigung für das Zwischenlager erteilte das Regierungspräsidium Leipzig vor wenigen Tagen (wir berichteten). Die Auflagen, die den Brandschutz und die Zufahrten betrafen, wurden erfüllt. Bislang lagerten die aufbereiteten Abfälle in Cröbern, doch hier ist die Kapazität ausgelastet. Ohnehin galt der Standort neben der riesigen Deponie solange nur als Zwischenlösung, bis die KWD ein eigenes Lager errichten. Auf 17.000 Quadratmetern befestigter Fläche auf einem Teil des bereits geschlossenen Sprödaer Deponiekörpers, das sind etwa zwei Fußballfelder, dürfen jetzt 48.000 Tonnen gleich 96 000 Ballen gelagert werden. „Bis zu 200 Tonnen werden wir täglich für das Zwischenlager aus Cröbern abholen“, teilt die Sprecherin der Kreiswerke, Anke Dusi, mit.

Gut eine Stunde ist Volker Böttger mit seinem Sattelauflieger mit Schubboden von Cröbern nach Spröda unterwegs. Dass er die neue Autobahn benutzen kann, verkürzt vielleicht die Fahrzeit, billiger wird es nicht, denn die KWD-Lkw müssen Maut bezahlen. „Auswirkungen auf die Müllgebühren befürchten wir trotzdem nicht“, äußerte sich jüngst KWD-Geschäftsführer Heinz Böhmer.

Die überdimensionalen Zuckerwürfel fallen wie von Geisterhand bewegt von Böttgers Lkw und dem Bagger direkt vor die Greifer. Bei einigen reißt die weiße Plastikfolie, die das Eindringen von Wasser und Ungeziefer in die Abfälle verhindern soll. „Die Risse werden wieder wasserdicht verklebt, so dass der Inhalt auch nach einem Jahr dieselbe Qualität aufweist“, erklärt KWD-Bereichsleiter Ulf Bechstein. Wo das nicht möglich ist, werden die Ballen direkt in die Carbo-Light-Anlage transportiert und sofort verarbeitet. Auf der Rücktour nach Cröbern wird in Spröda anfallender Hausmüll in den Süden von Leipzig transportiert.

Wir verstecken nichts

Wir verstecken nichts“, beugt Dusi möglichen Spekulationen vor und weist auf die Erdwälle hin, die von einem weiteren Bagger geschoben werden und den Bau aus weißen Ballen halten sollen. Ein angelegtes Flächenraster bietet auch später noch die Chance zu ermitteln, wann welcher Ballen angeliefert und gelagert wurde. Zusätzliche Arbeitsplätze entstehen durch das Zwischenlager nicht, denn „das vorhandene Deponiepersonal erfüllt nun nur eine andere Aufgabe“, hieß es. Eine Option auf eine Verlängerung des Genehmigungszeitraumes des Zwischenlagers gebe es nach Kenntnis von Bechstein nicht. Bis zum 27. November 2007 müssten die letzten Ballen von dieser Stelle verschwunden sein. Da sich die Situation auf dem Markt, der derzeit mit heizwertreichen Abfällen überschwemmt wird und der Bedarf an Ersatzbrennstoffen nicht deutlich steigt, kaum in den nächsten Monaten ändern wird, brauchen die KWD das Zwischenlager dringend. „Bis zum November kommenden Jahres soll das Langzeitlager, für das das Genehmigungsverfahren im Regierungspräsidium Leipzig im Moment läuft, fertig sein“, blickt Bechstein voraus. Dann werden ebenfalls auf dem Deponiegelände möglicherweise bis 200 000 Tonnen der Abfälle lagern können. Eine Halle werde aber auch dann nicht gebaut. Die Ballen liegen, wie übrigens auch jetzt schon, unter freiem Himmel und werden durch zusätzliche Planen geschützt.

LVZ, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, Seite 5, 16.08.2006



STANDPUNKT


Auf gutem Weg

Von DITMAR WOHLGEMUTH

Man mag zum Wirken der Kreiswerke Delitzsch (KWD) stehen wie man will. Im Bezug auf alternative Energiequellen haben sie das Signal jedenfalls rechtzeitig auf freie Fahrt gesetzt. Die Produktion des Ersatzbrennstoffes Carbo-Light erweiterte das Geschäftsfeld, sichert Arbeitsplätze, aber vor allem bringt sie Geld ins Unternehmen. Dass jetzt dermaßen viel heizwertreiche Fraktionen anfallen, aus der Carbo-Light wird, war so kaum voraussehbar. Es könnte mehr Carbo-Light produziert werden, doch der Absatz, der Bedarf ist zur Zeit nicht da. Ehe der wertvolle Kohleersatz irgendwo gelagert wird (das würde auch zum Preisverfall führen), lässt sich mit der heizwertreichen Fraktion praktikabler verfahren. Zwischenlagern heißt die Lösung. Dass die Öffentlichkeit auf solche Lösungen sensibel reagiert, ist logisch angesichts der Kakalakenplage beim KWD-Lager im Delitzscher Ex-Ziehwerk. Vorbehalte lassen sich aber mit Transparenz ausräumen. Die Kreiswerke sind beim Zwischenlager Spröda jedenfalls auf einem guten Weg dorthin.

LVZ, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, Seite 5, 16.08.2006


Hintergrund

Ersatzbrennstoffe (EBS) ersetzen in Zementwerken und herkömmlichen Kraftwerken bereits heute teilweise Kohle, Erdgas und Heizöl. Zuzeit herrscht noch ein Überangebot an Hausmüllmengen, aber die Behandlungskapazitäten reichen nicht aus. Bis 2022 gehen die Abfallmengen leicht zurück. Mechanisch-biologische Behandlungsanlagen liefern die heizwertreiche Fraktionen, aus denen EBS werden. Deutschlandweit könnten 6,7 Millionen Tonnen EBS hergestellt werden, die Industrie kann derzeit aber nur zwei Millionen Tonnen abnehmen. Prognosen gehen davon aus, dass Angebot und Nachfrage sich erst 2012 ausgleichen. Bis dahin wird es vielerorts große Zwischenlager an Müll und EBS geben.

LVZ, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, Seite 5, 16.08.2006


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