Ortstermin wegen Kakerlaken-Plage

Delitzsch. (red). Der Umweltfachbereich im Regierungspräsidium (RP) Leipzig befasst sich mit den aus dem ehemaligen Delitzscher Ziehwerk ausschwärmenden Kakerlaken. Heute gibt es deshalb in Delitzsch einen Ortstermin. Dabei geht es auch um die Frage, ob die auf dem Werksgelände zwischengelagerten Abfälle genehmigungskonform sind, erklärte ein Sprecher des RP. In einer alten Produktionshalle des Ziehwerkes lagern die Kreiswerke Delitzsch (KWD) 4000 bis 4500 Tonnen aufbereitete Abfälle, so genannte heizwertreiche Fraktionen, die für die Weiterverarbeitung als Ersatzbrennstoff für die Zementindustrie vorgesehen sind.

Leipziger Volkszeitung, 10.07.2006, Titelseite


Kakerlaken-Plage am Delitzscher Ziehwerk

RP schaltet sich ein, Ermittler geben Rätsel auf

Von DOMINIC WELTERS
Wenig einladend zeigen sich Fassaden im ehemaligen Delitzscher Ziehwerk.

Foto: Manfred Lüttich

Delitzsch. Für die seit knapp einem Monat andauernde Kakerlaken-Plage im Delitzscher Ortsteil Döbernitz interessieren sich jetzt nicht nur Schädlingsbekämpfer aus Eilenburg und Magdeburg, sondern auch Mitarbeiter des Regierungspräsidiums in Leipzig (RP). Wie RP-Sprecher Stefan Barton mitteilte, ist der Umweltfachbereich der Mittelbehörde auf die aus dem ehemaligen Delitzscher Ziehwerk ausschwärmenden Insekten durch Kreiszeitungsberichte aufmerksam geworden. Am heutigen Montag werde es einen Ortstermin geben, „bei dem es um die Frage geht, ob die auf dem Werksgelände zwischengelagerten Abfälle genehmigungskonform sind“, erläuterte Barton.

In einer alten Produktionshalle der Industriebrache lagern die Kreiswerke Delitzsch (KWD) bekanntlich 4000 bis 4500 Tonnen aufbereitete Abfälle, so genannte heizwertreiche Fraktionen, die für die Weiterverarbeitung als Ersatzbrennstoff in der Zementindustrie vorgesehen sind. Die Ballen gelten als Ausgangspunkt für die Kakerlaken-Invasion in benachbarte Gärten, Häuser und Wohnungen. Wegen des Schädlingsbefalls in ihrer Laube in der RTS-Straße hatte unter anderem die Döbernitzerin Gabriele Lippert bei der Staatsanwaltschaft Leipzig Strafanzeige gegen KWD-Geschäftsführer Heinz Böhmer wegen des Verstoßes gegen das Abfallgesetz gestellt. Zu den Mitunterzeichnern der Anzeige gehört auch Lipperts Verwandter Dietmar Mieth vom Bürgerverein Sauberes Delitzscher Land und der Fachberater der Initiative, der Diplomchemiker Sieghart Weck. Mieth erhielt dieser Tage eine schriftliche Eingangsbestätigung samt Aktenzeichen. Doch der Zschepener Landwirt rieb sich nach aufmerksamem Studium des Schreibens zunächst ein wenig die Augen und dann verwundert die Stirn. „Als Tatvorwurf führt der unterzeichnende Justizangestellte den Begriff ,Versat. geg. AbfallG’ auf. Ich frage mich ernsthaft, was das wohl bedeuten mag“, sagte er.

Genau eine Woche vor dem Brief zur Kakerlaken-Pest war Mieth bereits ein anderes Schreiben der Staatsanwaltschaft ins Haus geflattert: die Eingangsbestätigung einer weiteren Anzeige gegen KWD-Chef Böhmer. Tatvorwurf hier laut Strafverfolgungsbehörde: „Unerlaubter Umgang mit gefährl. Abfällen“. Letztgenanntes Schriftstück gibt dem Bürgervereinsmann noch mehr Rätsel auf. Erstens ist es an Frau Dietmar Mieth adressiert, was in der Hektik des täglichen Geschäfts schon mal passieren kann. Doch das von einem anderen Justizangestellten angegebene Eingangsdatum 16. Juni 2006 macht die Verwirrung für Mieth komplett. „Die Anzeige, die hier nur gemeint sein kann, datiert nicht vom 16. Juni 2006, sondern vom 12. Dezember 2005 und bezieht sich auf die Gefährdung der Umwelt und der Gesundheit der Bevölkerung durch fehlerhaft ausgeführte Ablagerungen asbesthaltiger Abfälle/Baustoffe auf der Deponie Spröda.“ Wie berichtet, ist die ehemalige Müllkippe, die gerade saniert wird, dem Bürgerverein schon länger ein Dorn im Auge.

Doch noch mehr regt sich Mieth momentan über die Leipziger Staatsanwaltschaft auf. „An beiden Schreiben lässt sich für uns unschwer erkennen, dass die Ermittlungen dieser Behörde nicht zielführend sein können.“ Von den Rätsel aufgebenden Staatsbediensteten war in den vergangenen Tagen niemand ans Telefon zu bekommen.

LVZ, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, 10.07.06, Seite 6


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