Gerangel um Gebühren und Zwischenlager

Krise in der Abfallwirtschaft noch nicht abgewendet

Hoch her geht es derzeit bei den Firmen, die für den Zweckverband Abfallwirtschaft Westsachsen (ZAW) die Müllentsorgung der Region sichern. Zwar wurde soeben – wie berichtet – der Verrechnungssatz für die Müllbearbeitung pro Tonne von 124 auf 159 Euro erhöht und damit der Grundstein für eine Müllgebührenerhöhung in Leipzig, dem Leipziger Land und dem Muldental gelegt. Aber viele Fragen blieben offen.

So legte der Geschäftsführer der ZAW-Tochterfirma Westsächsische Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (WEV), Günter Lohmann, Zahlen für eine Entschuldung seines Betriebes vor, der für den ZAW die Deponien und auch die Müllaufbereitungsanlage betreibt. Insgesamt 2,9 Millionen Euro sollen in diesem, 2,5 Millionen Euro im nächsten Jahr zusätzlich erwirtschaftet werden. Verbandsrat Horst Radon (CDU, Leipziger Land), früher in der Abfallbranche tätig, war das nicht genug. „30 Prozent zu hoch sind ihre Kosten pro Beschäftigtem gegenüber vergleichbaren Betrieben“, kritisierte Radon. Er forderte, die Einstufung der Mitarbeiter zu überprüfen. Verbandschefin Petra Köpping (SPD, Leipziger Land): „Das ist erst der Anfang der Konsolidierung. Die WEV wird beauftragt, uns weiter zu berichten.“ Fragen rankten sich bei der Verbandssitzung vor allem um die vergangene Woche mit den Kreiswerken Delitzsch (KWD) abgeschlossene Zusatzvereinbarung. Wie berichtet, muss Delitzsch die so genannte heizwertreiche Fraktion der Müllanlage entsorgen, hat sich nach Diskussionen um die strittige Qualität aber erst nach einer Erhöhung des Entgeltes von 65 auf 90 Euro dazu überreden lassen. Im Mai seien aber nur 42 Tonnen pro Tag abgeholt, im Juni 60,7 Tonnen abtransportiert worden, so Lohmann. Um den Vertrag einzuhalten, müssten täglich nun 568 Tonnen abgefahren werden, was ein logistisches Problem darstelle. Die WEV benötige zudem eine finanzielle Absicherung, dass die Reste auch tatsächlich verwertet werden und nicht an die WEV zurückfallen.

KWD-Geschäftsführer Heinz Böhmer versicherte, die Verarbeitung langsam zu steigern. „20 000 Tonnen werden wir in 2006 abnehmen, das sind 125 Tonnen pro Tag.“ Im Zementwerk in Bernburg sei eigens eine Anlage umgerüstet worden, um die heizwertreichen Reste zu verwerten. „Wir werden aber zwei bis drei Jahre angewiesen sein auf ein neues Zwischenlager in Spröda“, so Böhmer. Die dafür noch fehlenden Unterlagen würden nun verschickt. Wie berichtet, wird ein Großteil der Delitzscher Ware in Cröbern zwischengelagert. Ende Juli ist die Fläche jedoch voll. „Wenn es bis dahin keine Lösung gibt, müssen wir unsere Anlage abstellen“, warnte Köpping.

Im Regierungspräsidium (RP) kam von der Eile gestern nichts an. RP-Sprecher Stefan Barton: „In Delitzsch sind zwei Zwischenlager beantragt. Zu beiden fehlen uns Unterlagen, so dass wir die Anträge nicht als solche bearbeiten können.“ Das RP werde zudem die Kalkulation des Verbandes überprüfen. Barton: „Wir haben Zweifel, ob die Rechnung schlüssig ist. Es sind zum Beispiel Positionen wie die Schwergutverarbeitung mit rund 1,5 Millionen Euro drin, die nicht auf die Gebührenzahler umgelegt werden können.“ Schwergut fällt überwiegend bei Gewerbeabfällen an.

Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung hat unterdessen seine Wahl in den Vorstand des ZAW zurückstellen lassen. Erst sollten die Verhandlungen mit dem RP beendet sein, ließ er mitteilen.

Jörg ter Vehn

LVZ, Hauptteil, 28.06.06, Seite 17


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