Kreiskulisse

Öffentlich?
Keine Frage!

Kreisgebiet. Öffentlich oder nichtöffentlich, das ist viel zu oft die Frage. Für die Presse kann es nicht öffentlich genug sein, für Ämter und Behörden nicht nichtöffentlich genug. Gewaltige Unterschiede gibt es von Dorf zu Dorf, von Amtsstube zu Amtsstube, von Bürgermeister bis Landrat.

Der Konflikt ist programmiert. Die sächsische Gemeindeordnung mit ihren Gummi-Paragrafen beantwortet die Frage nicht eindeutig, was nach außen dringen darf und was nicht. Dementsprechend verkrampft wird mit Geheimnissen, die eigentlich gar keine sind, umgegangen. Nun liegt es im natürlichen Interesse der Presse, Nachrichten zu befördern, an die Leser und damit die Öffentlichkeit zu transportieren. Die hat ein Recht darauf zu erfahren, was in den Gemeindeämtern, Rathäusern und anderen Behörden, in Ausschüssen und Verbänden so passiert. Nicht zuletzt und vor allem, was die Beamten und Mitarbeiter dieser Einrichtungen angeht, deren Gehälter mit Steuergeldern finanziert werden.

Die Geheimniskrämerei lässt zudem viel zu große Spielräume für Spekulationen und Gerüchte. Nur wer konsequent offensiv, offen und ehrlich mit Nachrichten umgeht, ist wirklich glaubwürdig. Die gläsernste Einrichtung im Kreis ist zweifellos das Landratsamt, aber auch dort gibt es noch viel Milchglas. Gute Journalisten sind unter anderem ehrgeizig und vor allem neugierig. Das persönliche Glück keines Schreiberlings hängt jedoch davon ab, ob eine Gemeinde einen Investor ansiedelt oder nicht, ob sich Städte und ihre Tochtergesellschaften die Euros hin und her transferieren, um das Finanzamt auszutricksen, oder ob sich Bürgermeister und ihre Untergebenen streiten wie die Kesselflicker. Im öffentlichen Interesse stehen diese und andere Geschichten sehr wohl. Nicht zuletzt, weil sie eine Zeitung interessant machen. Eine Verpflichtung, die sich auch die Kreiszeitungsmacher auf ihre Fahnen geschrieben haben.

Darum sei an dieser Stelle allen Mitstreitern gedankt, die dazu beitragen. Vor allem denen, die nicht dafür bezahlt werden. Namen werden wir nie nennen. Das Zeugnisverweigerungsrecht von Journalisten ist im Gegensatz zur Gemeindeordnung sehr eindeutig definiert. Hier ist es für uns vor allem eine Frage der Ehre, Aussagen mit dem Segen Justitias zu verweigern. Und weil wir nie genug interessante Artikel in unserer Zeitung haben können, möchten wir alle Leser ermutigen, sich vertrauensvoll an ihre Kreiszeitung zu wenden, wenn sie glauben, eine spannende Geschichte zu haben. Und natürlich alle Gemeinderäte, Stadt- und Kreisräte, Mitarbeiter in Verwaltungen und Ämtern: Nutzen Sie die Gelegenheit, machen Sie Ihren Herzen Luft. Vor allem aber: Machen Sie öffentlich, was in die Öffentlichkeit gehört. Zu vielen Dienstherren, Chefs und anderen Befehlshabern sind dazu inzwischen die Ehrlichkeit, Sensibilität und das Verantwortungsbewusstsein verlorengegangen. Leider.

Frank Pfütze

LVZ, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, 13.03.06


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