Stürzt TWD-Chef über wachsenden Einfluss von Eon?

Delitzsch. Im Fall Mörtl überschlagen sich die Ereignisse: Nach dem überraschenden Rausschmiss des Chefs der Technischen Werke Delitzsch (TWD) wird bereits heute der Delitzscher Stadtrat in der brisanten Angelegenheit zusammentreten.
Noch am Freitagabend, kurz nachdem die TWD-Gesellschafter Lutz Mörtl abberufen hatten, wurden die ersten Parlamentarier telefonisch zu der für heute, 17 Uhr, anberaumten geschlossenen Sitzung eingeladen. Ebenfalls heute soll auf einer Betriebsversammlung die TWD-Belegschaft über die Veränderungen an der Spitze des Unternehmens informiert werden. Wie berichtet, leiten nun Stadtwerke-Chefin Yvonne Bargatzky-Bender und Mario Lauer, Geschäftsführer der Teag Netkom GmbH, den Delitzscher Stromversorger.

Derweil wird heftig über die Hintergründe des Rauswurfs spekuliert. In Delitzscher Parlamentskreisen bekommt man - freilich nur hinter vorgehaltener Hand - immer öfter zu hören: „Er hat zuletzt mehr für Eon als für uns gearbeitet.“ Es geht um das Biomassekraftwerk in Delitzsch-Südwest.
Da sind die TWD mit 44,5 Prozent zwar Mehrheitsgesellschafter. Doch über direkte und indirekte Beteiligungen kommt der Energieriese Eon, auf mehr als 50 Prozent. Schon vor Monaten gewährte die Stadt - Beobachter sagen aus Furcht vor einem zu starken Einfluss von Eon auf die Energiegeschäfte in Delitzsch - den TWD eine Liquiditätshilfe in Höhe von einer Million Euro.
Warum sich das Unternehmen damals die Finanzspritze bei der Stadt holte, erklärte Mörtl im August im Interview mit der Kreiszeitung jedoch so: „Die Stadt, die ja indirekt unser Hauptgesellschafter ist, hat das Geld im Haushalt in der Rücklage für die folgenden Jahre berücksichtigt, hätte es sonst zur Bank gebracht und dafür Zinsen bekommen. Von uns bekommt sie einen besseren Satz. Der liegt aber immer noch unter dem Zins, den uns die günstigste Bank für einen Kredit angeboten hatte. Das ist also für die Stadt ein gutes Geschäft und für uns auch.“

Neben Pannen beim Aufbau des Biomassekraftwerkes werden dem TWD-Chef auch die gescheiterte Fusion von Technische Werke und Kreiswerke angelastet.
Mörtls Geschäftsführervertrag bei den TWD läuft regulär noch bis 2009. Er war erst im Juli 2003 von den Gesellschaftern - Stadtwerke Delitzsch und Thüringer Energie AG - vorfristig verlängert worden - wegen Mörtls „hohen Engagements und Sachverstandes zum Wohle der Gesellschaft und der Entwicklung in der Region“.

Klaus Staeubert

Leipziger Volkszeitung vom Montag, 26. September 2005


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