Landrat nun auch unter Vorwurf der Untreue

Delitzsch. "In Sachsen haben wir ein richtiges Korruptionsproblem und in Delitzsch ist es besonders schlimm", sagt Lothar Hermes, der Rechtsanwalt der Bürgerinitiative "Müllverbrennung Delitzsch". Mit seinen Korruptionsvorwürfen gegen die Kreiswerke Delitzsch GmbH (KWD) und ihren Aufsichtsratsvorsitzenden, Landrat Michael Czupalla, lieferte der Dresdner Fachanwalt für Verwaltungsrecht, der auch für die Bundesvereinigung öffentliches Recht recherchiert, am Wochenende einen lokalen Bezug für das Seminar der Koalition gegen Korruption (Transparency International, Deutsches Chapter) im Delitzscher Hotel "Zum Weißen Ross".

Allein die Konstruktion der Kreiswerke-Gesellschaft mit dem Landkreis als kommunalem und dem Privatunternehmen IKW Berlin als Gesellschafter sowie der Struktur mit Tochtergesellschaften und als Holding mache nur einen Sinn, "wenn man etwas verschleiern will", so Hermes auf Anfrage aus dem Seminar-Auditorium.

Dass dies in Delitzsch geschehe, steht für den Anwalt laut seinen Nachforschungen und Erkenntnissen aus Ermittlungsakten von Polizei und Staatsanwaltschaften gegen den IKW-Gesellschafter Haupt außer Frage. Schon die Tatsache, dass die Hausmüllentsorgung, die eigentliche Pflichtaufgabe des Kreises, nur einen kleinen Teil der KWD-Geschäfte ausmache, sei anrüchig. "Richtiges Geld" verdienten die KWD mit anderen Geschäften. So bestünde der dringende Verdacht, dass in den 90er Jahren auf den Deponien in Spröda und Lissa 60 Prozent des gewerblichen Abfalls von Sachsen abgelagert worden sei.

Schlimmer als die vermutete Korruption sei für Hermes aber der Schaden, der dem Kreis durch diese Geschäftsgebaren entstünde. Am Wochenende habe er deshalb unter anderem gegen Landrat Czupalla und den Kreiswerke-Geschäftsführer Manfred Buder bei der Staatsanwaltschaft in Leipzig Strafanzeige wegen Untreue gestellt, verkündete Hermes. Czupalla verglich er mit einem "Kleinkriminellen", der nur das zugeben würde, "was ihm nachgewiesen wird".

"Hätte er nur ein bisschen politischen Anstand, hätte er längst ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst beantragt. Der Olympia-Beauftrage Jung ist zurückgetreten, um Schaden von Leipzig abzuwenden. Czupalla wird aber niemals freiwillig zurücktreten", so der Vorwurf des Anwaltes der Delitzscher Bürgerinitiative gegen den Landrat.

Thomas Steingen

LVZ, 10.11.2003