Wirbel um Biokraftwerk in Delitzsch

Delitzsch. "Müllstadt Delitzsch" - dieses Gespenst kursiert am Lober. Eine Müllverbrennungsanlage und zwei Biokraftwerke vor Augen nähren diese Furcht, wie jüngste Leserzuschriften bestätigen (wir berichteten).

Erstmals sieht sich das Landratsamt nun auch mit einem offiziellen Widerspruch gegen die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Biokraftwerkes auf dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik konfrontiert. Der Delitzscher Bürger Manfred Stieler hat ihn eingelegt.

Der Diplomingenieur für Kraftwerktechnik, heute im Ruhestand, hat aus Interesse heraus die Antragsunterlagen und den Genehmigungsbescheid eingesehen. Dabei sind ihm, wie er sagt,

"im Antrag relevante Ungereimtheiten aufgefallen, die bei der Entscheidung zur Genehmigung offensichtlich nicht berücksichtigt worden sind."
Nach seiner Auffassung sind die Antragsunterlagen nicht vollständig und ungenügend aussagefähig. Er bezieht sich dabei auf technische Belange und Verfahrensfragen. Unter anderem bemängelt der Kraftwerksingenieur die genehmigten Leistungsparameter. Die vom Betreiber selbst auferlegte Beschränkung der Feuerungswärmeleistung auf weniger als 50 Megawatt ist für Manfred Stieler unglaubwürdig, weil damit die beantragte elektrische Leistung von 20 Megawatt nicht erreicht würde. Zudem sei im TÜV-Antrag von einer künftigen Erweiterung der Feuerungsleistung auf über 50 Megawatt die Rede. In der Summe seiner Argumente kommt der Widerspruchsführende zu dem Schluss, dass die Genehmigung zu unrecht erteilt worden sei.

"Ob dem wirklich so ist, das werden wir prüfen", bestätigte gestern Dezernent Ulrich Fiedler den Eingang des Widerspruches im Landratsamt Delitzsch. Das sächsische Umweltministerium teilt Stielers Befürchtung, dass die Behörden möglicherweise bewusst getäuscht worden seien, nicht. In einem Schreiben an Manfred Stieler spricht das Ministerium von "gängiger Genehmigungspraxis". Allerdings räumte es ein, dass die gewählte Formulierung im Genehmigungsbescheid bezüglich der Leistungsparameter missverständlich sei und drängt auf eine Klarstellung.

Von Thomas Steingen

LVZ, 09.04.2003