Geringe Auslastung programmiert

Zu „Delitzsch wartet auf Ergebnisse aus Cröbern", Kreiszeitung vom 29. März:

Das derzeitige Ruhen der Ausscheibung für eine Müllverbrennungsanlage in Delitzsch könnte auch ein positives Zeichen des Neudenkens sein, auf Grund der Urteile des Europäischen Gerichtshofes vom 13. März 2003 zur Abfallwirtschaft. Danach ist es möglich, Abfälle innerhalb der EU energetisch in Industrieanlagen, beispeilsweise Zementwerken, zu verwerten, um dadurch andere Energieträger einzusparen. Für Müllverbrennungsanlagen entschied der Gerichtshof dagegen, dass es sich hier um eine Beseitigung handelt und um keine Verwertung. Der Grund dafür, derartige Anlagen werden nur für den kommunalen Abfall benötigt. Die Energieerzeugung ist hier nicht der Hauptzweck der Verbrennung.

Durch die kostengünstigeren Bedingungen, Abfälle in Industrieanlagen zu verwerten statt in Müllverbrennungsanlagen zu beseitigen, stellt sich die ökonomische Situation für den Bau einer Verbrennungsanlage sicher völlig neu. Hinzu kommt, dass ab 2020 die Siedlungsabfälle völlig verwertet werden sollen.

Die Zweckvereinbarung vom 11. Dezember 2002 zwischen dem Landkreis Delitzsch und dem Zweckverband Abfallwirtschaft Westsachsen ist durch diese Gerichtsurteile hinfällig, da darin von einer thermischen Verwertungsanlage ausgegangen wird. Die ab März geltende Altholzverordnung könnte eine weitere negative Auswirkung auf die Anlage haben. Durch die heizwertreichen Fraktionen aus der Deponie Cröbern wäre schon derzeit keine 100-prozentige Auslastung gegeben, es würde sich nur die in Sachsen bereits vorhandene Überkapazität weiter erhöhen.

Nach einem zentralen Forschungsbericht soll sich der andienungspflichtige Abfall in den kommenden Jahren um weitere vier Prozent verringern. Ausgehend von der Abfallmenge 2001 würde der Auslastungsgrad bereits im Jahr 2012 unter 65 Prozent liegen. Das heißt, ein Festhalten am Bau einer Müllverbrennungsanlage in Delitzsch ist eine Fehlplanung.

Roland Hadrych, Hohenossig

LVZ, 08.04.2003


Original Leserzuschrift an die LVZ:

Zwingen die Urteile des Europäischen Gerichtshofes zur Abfallwirtschaft zum Neudenken

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 13.02.2003 aus meiner Sicht zwei wichtige Urteile zur Abfallwirtschaft gefällt. Danach ist es möglich, Abfälle innerhalb der EU-Länder energetisch in Industrieanlagen - beispielsweise Zementwerke - zu verwerten, um dadurch andere Energieträger einzusparen. Für Müllverbrennungsanlagen entschied der Gerichtshof dagegen, dass es sich hier um eine Beseitigung handelt und um keine Verwertung. Der Grund dafür, derartige Anlagen werden nur für den kommunalen Abfall benötigt. "Die Energieerzeugung ist hier nicht der Hauptzweck der Verbrennung."

Durch die kostengünstigeren Bedingungen, Abfälle in Industrieanlagen zu verwerten, statt in Müllverbrennungsanlagen zu beseitigen, dürfte sich die Frage nach der geplanten Verbrennungsanlage in Delitzsch und den Biomassekraftwerken völlig neu stellen.
Hinzu kommt, dass die am 11.12.2002 getroffene Zweckvereinbarung zwischen dem Landkreis Delitzsch und dem Zweckverband Abfallwirtschaft Westsachsen (ZAW) durch diese Gerichtsurteile hinfällig ist, da darin von einer thermischen Verwertungsanlage ausgegangen wird. Neu zu überdenken ist dadurch wohl auch der gegenwärtige und zukünftige Auslastungsgrad der geplanten Anlage. Nur durch die heizwertreiche Fraktion aus der Deponie Cröbern wäre schon derzeit keine 100%-ige Auslastung gegeben. Es würde sich nur die in Sachsen bereits vorhandene Überkapazität weiter erhöhen.

Nach einem Forschungsbericht soll sich der andienungspflichtige Abfall in den kommenden Jahren um weitere 4% verringern. Ausgehend von der Abfallmenge 2001 würde der Auslastungsgrad im Jahr 2012 unter 65% liegen. Das heißt, ein Festhalten am Bau einer Müllverbrennungsanlage in Delitzsch wäre eine Fehlplanung. Die Kreisräte sollten durch die veränderte Situation diese Thematik schnellstmöglich zur Sprache bringen.

Roland Hadrych, Hohenossig

16.03.2003