OBM entschuldigt sich: "Das war kein Schachzug"

Ausschuss soll Verkauf der MVA-Grundstücke überprüfen

Delitzsch. Mit dem Verkauf der 35.000 Quadratmeter Bauland im Gewerbegebiet Südwest an den künftigen Betreiber einer Müllverbrennungsanlage (MVA) wird sich jetzt ein parlamentarischer Ausschuss der Stadt Delitzsch beschäftigen. Auf einer Sondersitzung des Stadtrates beschlossen die Abgeordneten am Freitag einstimmig die Einberufung eines sogenannten Akteneinsichtsausschusses. Zuvor hatte Oberbürgermeister Heinz Bieniek (CDU) das Parlament für die Irritationen der letzten Wochen um Verzeihung gebeten.

Die von 15 Abgeordneten von SPD, PDS und Freien Wählern geforderte Sondersitzung hatte Bieniek entgegen des Antrages für den 14. Februar als nichtöffentliche Sitzung einberufen, weil dabei nach seinem Wunsch auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zweckverbandes, der das Industrie- und Gewerbegebiet Delitzsch-Südwest vermarktet, erörtert werden sollten. Nachdem die Mehrheit der Abgeordneten aber auf einer öffentlichen Beratung beharrte, vertagte der OBM die Sitzung unter Verweis auf die gesetzlichen Ladungsfristen auf den l. März.
Noch am selben Tag beglaubigte ein Notar den Optionsvertrag zum Verkauf der MVA-Grundstücke zwischen der Kreiswerke Delitzsch GmbH und dem Zweckverband, dem Delitzsch und Neukyhna angehören. Bieniek: "Das war kein Schachzug und keine Missachtung des Parlamentes. Sollte der Eindruck aber entstanden sein, will ich mich dafür entschuldigen." Der OBM erklärte vor den Abgeordneten weiter, dass er selbst noch bis zum 29. Januar davon ausgegangen war, dass in der Zweckverbandsversammlung am 17. Dezember vorigen Jahres kein Beschluss über die Grundstücksveräußerung erfolgt war. Erst mit der rechtlichen Stellungnahme durch den Anwalt des Zweckverbandes, Prof. Dr. Frank Rottmann, wäre er sich der Konsequenz des Verbandsvotums bewusst geworden. Am 17. Dezember hatten die Delitzscher Verbandsräte im Gegensatz zu ihren Neu- kyhnaer Kollegen uneinheitlich abgestimmt, woraufhin auch nach Auffassung der Rechtsaufsichtsbehörden die Stimmen der Stadt Delitzsch ungültig wurden, ein Beschluss für den Grundstücksverkauf gefasst war. Die Verbandsversammlung vertagte sich jedoch laut Sitzungsprotokoll.
"Das Abstimmungsergebnis war eindeutig", meinte Rottmann am Freitag im Stadtrat. Damit wäre die Sache erledigt gewesen, "alles andere sind nachträgliche rechtliche Überlegungen." SPD, PDS und Freie Wähler warfen ihm nun vor, die Verbandsräte nicht sofort in der Versammlung über die Folgen der Abstimmung im Delitzscher Stimmblock informiert zu haben. "Wir haben die Frist (dreiwöchige Widerspruchsfrist, d.Red.) verstreichen lassen, nur weil wir davon ausgegangen waren, dass der Beschluss gar nicht zu Stande kam", hielt Rene Brunzel (SPD) dem Anwalt vor. Rottmann wehrte sich und wies darauf hin, dass es nicht seine Aufgabe als Anwalt des Verbandes wäre, die Delitzscher Verbandsräte auf die Rechtsfolgen ihrer Abstimmungen hinzuweisen. "Nachdem, was ich von Ihnen gehört habe, fühle ich mich komplett verarscht", giftete Siegrid Hautog (PDS) den Anwalt schließlich an. Immerhin sei Delitzsch Mitglied des Zweckverbandes. Sie verlangte die Rücknahme des mit "eklatanten Geburtsfehlern" behafteten Beschlusses. Der Akteneinsichtsausschuss wird das Verfahren nunmehr auf formelle Fehler überprüfen. So hatte PDS-Stadtrat und Verbandsrat Albert Kunze beispielsweise mit der Einladung zur Verbandsversammlung im Dezember gar keine Beschlussvorlagen erhalten. Außerdem gibt es eine Protokollnotiz zur Verbandsversammlung vom 9. November 1999, der ersten nach den vorangegangenen Kommunalwahlen, wonach die Versammlung sich darauf verständigt hatte, "bei nicht zu klärenden Meinungsverschiedenheiten zu einem Sachverhalt ... die Parlamente in die Entscheidungsfindung einzubeziehen". Dem Ausschuss sollen zwei Mitglieder jeder Fraktion angehören. Seine Tätigkeit wird mit einem Bericht im Stadtrat enden.

K. S.

LVZ, 04.03.2002